Lachs und Meerforellen Sozietät

Verein zum Schutz bedrohter Salmonidenbestände

Die LMS tritt als Organisator oder Schirmherr von fachbezogenen Symposien oder Kongressen auf.
Ferner bemüht sie sich, in diesem Rahmen darüber zu informieren, welche Fortschritte die Wandersalmoniden-Forschung weltweit zu verzeichnen hat. Interessierte Mitglieder besuchen darüber hinaus auf eigene Kosten die entsprechenden Tagungen von Partnerorganisationen. In einem Bericht wird das wichtigste dieser Anlässe zusammengefasst um einen transparenten Informationsfluss zu gewährleisten.

AFGN 2002

Die Frühjahrsfachtagung der AFGN (Arbeitsgemeinschaft für Fischarten- und Gewässerschutz in Norddeutschland) am Samstag, den 16. März 2002 im Parkhotel zu Ahrensburg nördlich von Hamburg, lockte diesmal gut 100 Teilnehmer nach Schleswig-Holstein. Der etwas "exklusive" Tagungsort wurde gewählt, weil dort am gleichen Abend das Salmon Dinner der Lachs- und Meerforellen Sozietät (LMS) zugunsten des North Atlantic Salmon Fund (NASF) stattfinden sollte. Der Leader der NASF, Orri Vigfusson aus Island, hatte sein Kommen für beide Veranstaltungen zugesagt.
Begrüßung
Ede Brumund Rüther, der Sprecher der AFGN, hegte die Hoffnung, daß alle einen Platz finden mögen. Es hatten sich 70 Personen angemeldet, bekanntlich ist aber die Dunkelziffer sehr hoch, so daß etliche Interessierte zusätzlich kurzfristig immer noch anreisen. Besonders erfreut zeigte er sich über das Erscheinen von Orri Vigfusson, der über jüngste internationale Entwicklungen beim Lachsmanagement referieren wollte. Der interessante Vortrag von Dr. Detlev Ingendahl über Untersuchungen an Laichhabitaten von Wandersalmoniden mußte aufgrund kurzfristiger Erkrankung des Referenten ausfallen. Die AFGN bietet mittlerweile auch einen e-Mail-Service Internet. Unter dem Namen AFGN-Forum soll freier Meinungsaustausch erfolgen , unter AFGN-Online die Mitteilungen. Einem besorgten Teilnehmer war zu Ohren gekommen, daß der Lachs in Niedersachsen, ähnlich wie in NRW, auf Betreiben des NLÖ total geschützt werden sollte. Dem war nicht so. Nach den langjährigen Vorleistungen der Fischerei sollte der Acker nicht von anderen bestellt werden. Michael Kämmereit, Fischereioberrat bei den Fischereidezernaten der NLÖ stellte fest: Wo Lachs und Meerforelle besetzt werden, darf auch geangelt werden! Dies ist, so Brumund-Rüther, Schutz durch Nutzung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten. Peter Olbrich, Vorsitzender der verbandsungebundenen LMS (Lachs und Meerforellen Sozietät) sowie Referent für Fischerei und Gewässerschutz bei der AFGN war mit der Organisation der Tagung betraut. Er verteilte Flyer über einen Wettbewerb der TU Hamburg. Studenten sollten in verkleinertem Maßstab eine funktionstüchtige Fischtreppe bauen. Die besten Modelle sollten prämiert werden. Mit "Rettet unsere Flüsse" ist ein neues, sehr empfehlenswertes Buch von Uhrmeister über Wasserkraftnutzung erschienen. Für Interessenten lag eine Bestelliste aus. Er verteilte ein kleines "Goody". Jeder Teilnehmer hatte die Chance, einen ganzen Lachs (ausgenommener Farmlachs) nach der Veranstaltung mit nach Hause zu nehmen. Dazu sollte das Gewicht des Fisches genau geschätzt werden. Für das "Salmon Dinner" am Abend im Parkhotel Ahrensburg hatten sich 42 Personen angemeldet. Herr Heun von Kempf-Fischpräparationen stellte in der Halle einige sehr gelungene Präparate von großen Wandersalmoniden (Lachs, Meerforelle und Hybrid La/Mf) aus. Herr Löbbert zeigte einige Exponate aus seiner Fisch/Fischerei-Galerie. Es folgte von Ede der Hinweis auf das internationale Lachssymposium vom 15. bis 18. Juli in Edinburgh (Schottland) mit der Bemerkung: Wir hier in Norddeutschland leben in der Diaspora, was das Lachsmanagement betrifft.
"Lachsvater" Hartwig Hahn begrüßte als Vertreter des LFSV Schleswig-Holstein die zahlreich erschienenen Fisch- und Gewässerschützer offiziell und wünschte der 32. Fachtagung einen guten Verlauf mit interessanten Vorträgen und guten Gesprächen.
Zwischenberichte
Im schon obligatorischen Kurzbericht ging Ede Brumund-Rüther nochmals auf die Herbsttagung in Potsdam ein. Es war eine sehr gelungen Veranstaltung (siehe Bericht in der AFZ-fischwaid Heft 1, Januar/Februar 2002) die aufgrund der weiten Entfernung nicht so stark besucht war. Auf der VDSF - JHV bemühte sich Klaus Wege vom Landesverband Hamburg um die Rückkehr der Mecklenburger und Vorpommerner in die AFGN. Es bestehen gute Chancen. Es ist zu einem weserweiten Treff der Wandersalmonideneinbürgerer im Herbst 2001 in Gronau an der Leine gekommen, wo Ede mit der Koordinierung befaßt war. Diese gut besuchte Veranstaltung war ein Riesenerfolg. Gerd Oldensgart von FOS-LAKS aus Dänemark nahm teil und bescheinigte den Bächen und Flüssen wie Leinezuflüssen und Oker Traumnoten. Man wäre in Dänemark froh, solche Fließgewässer für die Rückkehrer zu haben. Ein Wermutstropfen seien allerdings die vielen Wehre und fehlenden bzw. schlecht funktionierenden Fischtreppen. Es liegt eine Anzeige von Seiten der Wasserkraftlobby zur Wasserkraftnutzung in Niedersachsen vor, der nach Rücksprache mit dem LSFV Niedersachsen mit einem Schreiben und Resolution geantwortet werden soll. Der niedersächsische Landtag ist für den Ausbau der Wasserkraft, ohne sich aber wohl bewußt zu sein, welche ökologischen Schäden an Fließgewässern und deren (Fisch-) Fauna dadurch entstehen. "Strom aus Wasserkraft ist kein grüner Strom, sondern blutroter Strom." Mit einer Kleinwasserkraftanlage wird vielfach noch nicht einmal die Leistung eines Mopeds oder Pkws erreicht. Die AFGN ist eine Arbeitsgemeinschaft von aktiven Angelfischern aus sieben Bundesländern, Vertreter von 150000 aktiven - bundesweit mit dem VDSF und seinen 650000 organisierten - Anglern, die ihre politische Kraft viel stärker ins Gewicht legen müßten. Es zeigte sich ein sehr schneller Erfolg bei der Wiedereinbürgerung des Lachses in das Huntesystem (Linker Weserzufluß unterhalb Bremens): Ein 6kg-Lachs wurde gefangen. Das Hase-Projekt (größter Emsnebenfluß bei Meppen einmündend) ist angelaufen, wozu Herr B. Landwehr erläuternde Worte gab. Eine Fachtagung in der Alfred-Töpfer-Akademie führte zu dem Statement, das im Naturschutz ein Umdenkungsprozeß in Richtung auf nachhaltige Nutzung von Fischen (hier Lachsen und Meerforellen) stattgefunden hat. Das Resümee wurde gezogen, daß man sich zum weiteren Erfahrungsaustausch näher kennenlernen müsse. Es tagte eine Expertenrunde zum Thema "Durchgängigkeit der Ems" in Lingen. Die Wehre Listrup und Hanekenfähr (mit der ältesten Lachsbrutanlage) gelten als schwer überwindlich. Trotzdem kommen immer mehr Meerforellenlaicher oben im Raume Rheine an der Grenze zu NRW an.
Orri Vigfusson von der NASF aus Island gab auf Bitte von Ede Brumund-Rüther eine kurze Einschätzung der internationalen Aspekte des Lachsschutzes. Vigfusson bedankte sich für die Einladung zur AFGN-Tagung und das am Abend stattfindende SALMON-DINNER. Es müssen Lösungen gefunden werden im gesamten komplexen Lebensbereich des atlantischen Lachses. Dies gelte besonders für die Freßgründe um Island, Grönland und den Färöer Inseln. Hier herrscht die für das Wachstum der Lachse optimale Oberflächen-Wassertemperatur von 4 - 8° C vor. Die Netzfischereirechte müssen weiter aufgekauft werden, um sie ruhen zu lassen. Fangquoten werden von der NASCO festgesetzt. Es besteht aber kein Einfluß auf die Fischerei in der 12-Meilen-Zone rund um Schottland, Nordirland und Irland, wo intensive mixed-stock-fishery (MSF) betrieben wird. Das Fischereiministerium (Bundesministerium für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz) in Bonn unter Frau Künast unterstützt die Bestrebungen des NASF, Einfluß auf Irland und Großbritannien auszuüben, um die MSF einzuschränken. Der Lachs darf nicht nur durch die Sichtweise der NASCO betrachtet werden. Ziel und Zweck der NASF ist, auch für die Zukunft nachhaltig zu nutzende Lachsbestände zu erhalten und/oder neu zu schaffen. 23 Netzstationen in Nordirland wurden aufgekauft, 12 Netzlizenzen auf den Färöer Inseln. Im Nordosten Englands sind von ehemals 72 Lizenzen nur noch 16 übriggeblieben. Momentan sind von der NASF ca. 3 bis 4 Mio. Engl. Pfund im Topf; für den SW Englands stehen nochmals 2 Mio. Pfund zur Verfügung. Die Verhandlungen stocken. Vor Ende Juni 2002 wird es keine Fischerei geben. Große Probleme gibt es in Irland mit 200 bis 300 Netzfischern. Günter Brüning hatte sich an der letzten Gesprächen im Mai 2001 beteiligt, wo eigentlich eine Einigung in greifbarer Nähe stand: Dann senkte aber die irische Regierung die Fangquoten auf Lachse nicht um 45 %, sondern lediglich um 7 %. Es müssen noch eine Menge Druck und Maßnahmen passieren. Fischer und auch Wissenschaftler können einfach nicht sagen, auf welchen Lachsstamm gerade gefischt wird. Die NASF braucht weitere Unterstützung, auch von offiziellen Regierungsseiten. Es besteht aber die begründete Hoffnung, daß die Mixed-Stock-Fishery in 2 - 3 Jahren endlich vom Tisch ist. Es gibt faire Angebote für die Fischer.
Vortrag Wandersalmonidenhege und Gewässerverbesserung im Bereich der Trave
Die beiden Dipl.-Ingenieure Nolte und Kirstein stellten zu Beginn ihr Büro Dänekamp & Partner vor, bei dem insgesamt 40 Mitarbeiter beschäftigt sind. Näher eingegangen wurde auf den Bereich Wasserwirtschaft, der durch die neue EU-WRRL (Wasserrahmen-Richlinie der Europäischen Union) für weiteren Auftrieb auf dem Auftragssektor führte und als besonders positiv hervorgehoben wurde. Der Vortrag selbst beschäftigte sich mehr mit der Bau- als mit der Fischereiseite. Als besonders wichtig wurden ökologische und hydromechanische bzw. hydrologische Aspekte und Konzepte zu Fließgewässerberechnungen angesehen, in die hauptsächlich Wasserspiegelberechnungen (Abflußspektrum, Querprofile etc.) sowie Überschwemmungsgrenzen und -gebiete eingearbeitet werden mußten. Aus den Untersuchungen und Berechnungen ließen sich beispielsweise verschiedene Varianten zum Sohlgleitenbau ableiten. Drei Referenzprojekte wurden vorgestellt: 1. Trave-Mühlenwehr in Bad Oldeslohe Bei der Planung zeigte es sich, daß die Riegelbauweise die günstigste und effektivste Methode war. Die besonderen Abflußverhältnisse der Trave wurden berücksichtigt. Bei Niedrigwasser beträgt der Abfluß lediglich 1,5 m3, während bei Hochwasser 44 m3 den Fluß hinabströmen. Erforderlich war die Sicherung des Wehrstandes und eine Abstützung der Steinriegelabstürze im Untergrund. Dies alles wurde rechnerisch ermittelt. Die Trave hat im Bereich des Oldesloher-Mühlenwehres ein sehr heterogenes Strömungsfeld mit Anrampungen sowie einer Spundwand. Zusätzlich mußte die Mühleninsel entfernt (abgetragen) werden. Man entschloß sich zu einer trockenen Bauweise. Der Mitreferent dieses Vortrages, Holger Hahn, war seinerzeit Bauleiter der mit dem Ausbau und Umbau beauftragten, ausführenden Firma. Als Ergebnis dieses Projektes bleibt festzuhalten: Die Riegelbauweise mit ausgeprägter Beckenstruktur, einem Niedrigwasserdurchlaß sowie Schaffung von überströmten Felsriegeln eignete sich am besten. Das Bauwerk an der Trave ist 35m breit, hat 10 Riegel, ein Nachbett mit tiefem Kolk und ausgedehnte Flächen mit Kies als Laichsubstrat für alle strömungsliebenden Fische wie z.B. Wandersalmoniden. Das Bau bzw. Umbauvolumen betrug ca. 1,5 Mio. DM oder 767 Mio. Euro. Geprüft und für gut befunden wurde der Umbau des Trave-Mühlenwehres von der TU Hamburg, Prof. Sasche.
2. Mühlenanlage der Pinnau in Pinneberg An der Pinnau wurde die Wiederdurchgängigkeit hergestellt ebenfalls mit einer Fischaufstiegsanlage an der Wulfsmühle in Riegelbauweise. Die neugeschaffene Fischtreppe hat eine Länge von 40 m, ist 6 m breit und überwindet eine Höhendifferenz von ca. 2,5 m. In Untersuchungen wurde festgestellt, daß der Aufstieg auch für Kleinlebewesen (Makrozoobenthos) möglich ist.
3. Rückbau eines Kaskadensohlabsturzes der Stör in Neumünster Mit einigen Dias wurde der Rückbau dokumentiert, der in vergleichbarer Weise zu den beiden oben erläuterten Beispielen stand.
Als Fazit ließ sich festhalten:
• Berechnungen waren in jedem Falle gut machbar und unerläßlich für die folgenden Baumaßnahmen.
• Umfassende Planungen führten zur Ausführung von naturnahen Bauwerken, wobei die Dynamisierung des Fließgewässers aber eingeschränkt ist.
• Zwangs- und Problempunkte bleiben immer Siedlungen und Sandfänge, die die enorme Sandfracht in vielen niedersächsischen Bächen, die nicht von Geestflächen herunterströmen, zeigen.
• Die Riegelbauweise bot sich in allen Fällen anhand der vorher durchgeführten Berechnungen als Favorit an.
Der hinzugekommene Gewässerwart des AV Bad Oldesloe und Bauingenieur, Volker Hahn, der nicht mit dem Lachsvater Hartwig Hahn verwandt oder verschwägert ist, gab weitere Erläuterungen und Interna zur Situation an der Trave.1) Das Mühlenwehr in Bad Oldeslohe war seit jeher ein Überwindungshindernis vor allem für die Langsamschwimmer unter den Fischen wie Hasel, Aland, Rotauge und Zander sowie für Makrozoo-Invertebraten. Die Bewirtschaftung der unteren Trave erfolgt durch einen Berufsfischer, der den Anglern und Wandersalmonidenwiedereinbürgerern zunehmend Probleme bereitet, wie noch gesagt werden muß. Der Angelverein hat seit den 60er Jahren ungefähr 600 Mitglieder und wurde früher mit Besatzfischen zur Hege der Trave von dem Fischzüchter Albrecht Hahn beliefert, heute von Hartwig Hahn. Der gute Meerforellenbestand der Trave wird heute ausschließlich von Besatz mit eigenen Aufsteigern gestützt. Seit 1976 liegen verläßliche Besatzzahlen vor. Seinerzeit wurden pro Jahr 60000 Brütlinge besetzt. Ab 1987 konnten die Zahlen auf 250000 bis 300000 Brütlingen pro Jahr gesteigert werden und in den letzten Jahren wird, wie schon erwähnt, auf eigenes Material zurückgegriffen. Seit 1990 ist das Angeln auf Meerforellen gestattet, in den letzten Jahren auch auf Absteiger (Sommerfische). Die Vereinsmitglieder fangen pro Jahr ca. 150 bis 300 Fische, was eine "Erfolgsquote" (Abschöpfung) von ungefähr 1 0/00 des Besatzes ausmacht. Es wird also eine sehr extensive, nachhaltige Fischerei betrieben. Es erfolgte auch der Besatz mit Lachseiern aus polnischer Herkunft (Ostseelachs): 27000 Brütlinge und 1000 Smolts. 3) Die Obertrave war bis zum Umbau des Mühlenwehres der Stadt früher nicht frei zugänglich. Ein enormes Problem bei der Wiedereinbürgerung und nachhaltiges Befischung stellt der Berufsfischer dar, der seit 12 bis 15 Jahren mit dem Elektrofischfanggerät die Untertrave einschließlich des Mühlenkolkes sehr intensiv und effektiv befischt, zu den Aufstiegszeiten der Wandersalmoniden mehrmals die Woche.2) Bis 1987 war der Ostseeschnäpel nicht existent. Er wird aber seit 3 Jahren in hervorragenden Größen und Mengen gefangen und vom Fischer auch vermarktet ("Traveschnäpel"). Gleiches geschieht mit den Meerforellen, die eine Vermarktung als "Ostseelachs" erfahren. Die Lübecker Nachrichten hatten wiederholt berichtet, daß der Berufsfischer Herr Jacobsen, der ein altes Fischereirecht nutzt und der einzige noch verbliebene Flußfischer in Schleswig-Holstein ist, Fische wie Schnäpel, Lachse und Meerforellen wieder in die Trave einbürgert und nun auch davon lebt; und zwar nicht schlecht. Dies sei Hohn und Spott, so Hahn. Jacobsen erntet das, was die Angelfischer in mühevoller, jahrzehntelanger Mühsal und Arbeit in die Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden in die Trave investiert haben. Nach Hahn leben wir in einer Bananenrepublik, wo es möglich ist, mit Sondergenehmigungen einen im Aufbau begriffenen Fischbestand nachhaltig zu schädigen und nicht nachhaltig zu nutzen. Die derzeit gültige Binnenfischereiordnung des Landes Schleswig-Holstein ermöglicht eine nachhaltige Fischerei und nicht das, was der Berufsfischer betreibt, der zudem bei Verstößen auf (eilig erstellte) Sonderregelungen zurückgreifen kann. Den Abschluß seines emotionalen Vortrages, der tiefe Betroffenheit zeigte, galt nochmals den vorher vorgestellten Wehrumbauten. Wer ohne die Mithilfe von Fachbüros darangeht, eine Wehranlage in eine Sohlgleite (mit und ohne Fischtreppe) umzubauen, begeht einen schwerwiegenden Fehler. Ebenso werden Fehler begangen, wenn die Delegierung bei einem solchen Projekt nicht stimmt. Es werde sehr viel Geld ausgegeben, wenn die vorher notwendige Planung nicht stimmt. Ein weiteres Problem ist seiner Ansicht nach gegeben, wenn Planungsfehler nicht eingestanden werden.
Vortrag Morphologie natürlicher norddeutscher Heide- und Geestgewässer sowie Möglichkeiten der Wiederherstellung
Der der AFGN von früheren Vorträgen bekannte Dr. Ludwig Tent von der Edmund-Siemers-Stiftung referierte über Morphologie norddeutscher Fließgewässer sowie Möglichkeiten der Revitalisierung und Renaturierung. Zu Beginn gab er einen Literaturhinweis auf das von ihm aus dem dänischen mitübersetzte und bearbeitete, vorzügliche non-profit-Buch: "Lebendige Bäche und Flüsse" (2000; www.libri.de; ISBN 3-89811-546-1; 13 Euro) und eine Internetadresse zum gewässerbezogenen Umweltschutz: www.umwelt.schleswig-holstein.de/?11616 Er berichtete von der Teilnahme an der Fließgewässertagung mit Schwerpunkt Gewässerunterhaltung in Kiel und sagte mit Blick auf Ede, daß die Sandbachfraktion wieder zugeschlagen hat. Nach der EU-WRRL ist ein "guter Zustand" eines Gewässers zu erhalten oder wieder herzustellen. Für Niedersachsen und Schleswig-Holstein gelten hierfür die Leitbilder für Fließgewässer. Für das Leitbild Sandbach bedeutet das, das bis zu 50% Kies enthalten sein kann, um immer noch als Sandbach eingestuft zu werden. Als Negativbeispiele wurden angeführt: verbotener Ausbau, der als Unterhaltung verkauft wird und intensive Landwirtschaft mit ihren Dünger- und Pestizidgaben bis auf die Uferböschung von Gräben, Bächen und Flüssen. Positivbeispiele sind mäßige Unterhaltung und Restrukturieren einzelner Gewässerstrecken. Für die Umsetzung der EU-WRRL sind Umsetzen in geltendes Recht, Controlling, Monitoring und eine im Sinne der Richtlinie arbeitende Verwaltung erforderlich. Angler wissen, worum es geht; bei vielen Ingenieuren und Wasserbauern ist das System der Fließgewässer mit einem lebensbezogenen Gewässerschutz nicht hinreichend bekannt. Kleinere Fließgewässer mit ihren Laich- und Aufzuchtstrecken machen ca. 80% der gesamten Fließgewässerstrecken in Nds. und S.-H. aus. Betrachtet man einmal die Geographie und Geologie Norddeutschlands und Dänemarks, so befremdet es doch, das identische Landschaftsformen und Strukturen auf der einen Seite "Dänisches Seenhochland" und auf der anderen Seite "Norddeutsches Tiefland" heißen. Es gibt aber zum Glück noch die "Holsteinische Schweiz". Anhand von Dias wurden typische norddeutsche Fließgewässer mit ihrer Fauna und Flora gezeigt. Vor gar nicht langer Zeit war noch die Alster eine Fluß mit Steinen im und Gehölzen am Wasser, mit Pool (Kolk) und Riffle (Rauschen) Strecken. Mit der Aussage: Kolke und Rauschen schaffen sich; sie werden nicht gebaut, gab es einen kleinen Seitenhieb in Richtung Wasserbauer. Das Gewässer rückwärts fließen, ist oft gängige Meinung. Am Beispiel der Este wurden Gewässer-Entwicklungspläne erläutert. Der Gewässerzustand der Este ist zum Teil schlechter, als im Allgemeinen angenommen wird. Die EU-WRRL fordert einen "guten Zustand". Das bedeutet für die Este die Schaffung von belüfteten Kiesbänken, damit z. B. Wandersalmoniden ihren kompletten Zyklus über Ei, Brütling, Parr, Smolt und Rückkehrer durchleben können. Tent vermißte bei Anglern die vehemente Auseinandersetzung mit den Gewässerunterhaltern. Gerade diese sorgen immer dafür, das Totholz, welches essentiell für das Überleben Jungfischen ist und eine wichtige Unterschlupf- und Nahrungsquelle darstellt, aus dem Fließgewässer entfernt wird. Totholz lenkt das Wasser, fördert Mäander, schafft Kolke und anderenorts Sand- und Kiesbänke. Die harte Gewässerunterhaltung sorgt hingegen für die Austrocknung von Auenresten und ermöglicht vielfach erst die Tiefenerosion eines Flusses. Aufgabe und Ziel der Gewässerunterhaltung ist nach den Gesetztestexten und Richtlinien: das natürliche Erscheinungsbild und die ökologische Funktion der Gewässer und der Uferstreifen, einschließlich der Bedeutung für die Vernetzung von Lebensräumen zu entwickeln sowie den ordnungsgemäßen Zustand des Wasserabflusses zu erhalten. Beide Aufgaben stehen gleichrangig nebeneinander. Unterhalter sehen allerdings immer noch viel zu oft über das hier erstgenannte Ziel hinweg und kümmern sich nur um das zweite. Hier schießen sie dann noch häufig über das Ziel hinaus. Bächen sollten sich selbst entwickeln, wieder turbulent sein dürfen. Notwendige Entwicklung kann unterstützt werden durch Einengung der vielfach überbreiten Bäche. Wasserpflanzen schaffen einen mäandrierenden Stromstrich und engen den Bach ein. Eine gezielte und sachgerecht durchgeführte Stromstrichmahd ersetzt vielerorts oder auch komplett den Bagger. So kann sich ein Sandkanal in ein Paradies umwandeln. Zum Schluß des Vortrages einige Stichpunkte von Dr. Tent unter der Prämisse: "Bäche basteln - leicht gemacht":
• Probieren, denn Leben ist lebendig.
• Bachränder einengen durch Geröll, die Bachmitte kann ruhig einmal versanden.
• In Hamburg gibt es das ehrgeizige, unterstützenswerte Projekt "Forelle 2010", an dem sich Angelvereine mit der Übernahme von Bachpatenschaften beteiligen können
• Ackerflächen an Bachufern sind in Grünflächen zu überführen, auf denen eine extensive Beweidung mit Kühen, dieser "charismatischen Megafauna", stattfinden sollte.
• Fließgewässer wollen sich winden. Die Erosion hat das noch vor sich, was der Gewässerschutz und die Gewässerchemie schon hinter sich haben"
Diesem Abschluß des Referates war nichts hinzu zu fügen.
Vortrag "Wasser-Otter-Mensch ev." (WOM), eine Kooperation im Fließgewässerschutz
Der neugegründete Verein "Wasser-Otter-Mensch ev." (WOM), eine Kooperation im Fließgewässerschutz, wurde von Jörg Gauger vorgestellt, der auch Hinweise zur praktischen Ausgestaltung der Wasserrahmenrichtlinie der EU (WRRL-EU) gab. Gauger, der auch im Vorstand des Kreisangelfischerverbandes Ostholstein e. V. ist und dort das Referat Natur und Umwelt leitet, versteht sich weniger als Biologe denn als Manager der ihm anvertrauten Gewässer. Wichtige Punkte und Schlagworte vorneweg: Man muß miteinander reden. Wir brauchen Partner. Ein Landwirt interessiert sich vorrangig dafür, wieviel Euro er für eine Flächenstillegung bekommt. Schutzmaßnahmen an Gewässern können nur aus und vor allem mit der Region gemacht werden. Ob die EU-WRRL ein Fluch oder Segen ist, kann noch nicht gesagt werden. Auf jeden Fall wird durch ihr der Weg gezeigt, wo es in Zukunft langgeht. Mit einigen Gleichgesinnten wurde Ende 1999 der Verein WOM gegründet, aus der Erkenntnis heraus, daß mit dem ehemaligen Fischfeind Otter mehr Begeisterung in großen Teilen der Bevölkerung zu wecken ist als mit den nicht sichtbaren Fischen Lachs und Meerforelle (Bambi-Effekt). Der Verein repräsentiert in Ostholstein 80000 Bürger und hat viele Partner und Mitglieder. Hauptsponsor ist die SG Wasser und Leben e. V., ein Verein der Wasser- und Gasinstallateure. Dadurch stehen WOM 125000 Euro über einen Zeitraum von 10 Jahren zur Verfügung. WOM stellt sich als Gemeinschaftsinitiative von INTERREG und TEN dar. TEN (Transnational Ecological Network) strebt die Vernetzung von Feuchtgebieten an, betreibt grenzüberschreitende Projekte und greift dabei auf GIS (geographische Informationssysteme) -Daten zurück. Man hat die Vision, daß sich Otter und wandernde Fischarten wieder ausbreiten und dabei Korridore schaffen. WOM ist für die Wiederbesiedlung dieser fast ausgestorbenen Tierarten und bindet landschaftsnutzende und landschaftsschützende Verbände und Interessengemeinschaften ein. So wird die Schutz- und Nutzungsfähigkeit der Gewässer untersucht. Dabei wird die IUCN-Methode angewandt, die grob vereinfachend nach der Fragestellung arbeitet: Wo ist er/es und warum ist er/es wo nicht? Als Hauptverbreitungsgebiete für den Fischotter gelten die Mecklenburg-Vorpommersche und die Südjütländische Seenplatte. Untersuchungsgebiet in Ostholstein ist bspw. der Bungsberg. Die mit 168m die höchste Erhebung S.-H. ist das Quellgebiet für viele Flüsse, die nach allen Richtungen abfließen. Nachweise werden erbracht durch Begehung sämtlicher Fließgewässer. Ein wichtiger Bewertungspunkt bei der Untersuchung ist: Wenn keine Fische vorhanden sind, gibt es auch keine Otter. Gefährdungsgründe sind z. B. Störungen und Tod durch Straßenverkehr (Abhilfe durch Uferstreifen unter Brücken, weil Brücken nicht einfach unterschwommen werden) und Fischerei mit Reusen (Abhilfe durch Anbringen von "Otterkreuzen"). Die Kremper Au ist ein Leader-Teilprojekt in einer Leader-Region geworden. Die Schwentine in der Holsteinischen Schweiz ist Pilotgebiet für Untersuchungen nach der EU-WRRL. Die EU-WRRL hat, wie schon gesagt, als vorrangige Zielsetzung, den ökologischen Zustand für alle Oberflächengewässer zu ermitteln und einen "guten Zustand" bis 2015 herzustellen. Nach Gaugers Ansicht ist eine Fischotterfamilie für TEN- und Leader-Projekte, die an Fördertöpfe der EU gelangen, einfach besser geeignet als Lachse und Meerforellen, die keinen kuscheligen Bambi-Effekt haben. Fischotterschutz mit Revitalisierung und Renaturierung von Fließgewässern kommt aber selbstverständlich der Wiedereinbürgerung und dem Schutz der Wandersalmoniden voll zu gute. Wenn man etwas für Lachse und Meerforellen tun will, warum nicht über den "Umweg" Fischotter. WOM stellte sich somit dar als Verein für Ökosystemforschung und -nutzung.
Da das Stichwort Leader-Projekt gefallen war, wurden Bernhard Landwehr, Vorsitzender des SFV Oldenburg und Hans Hanses, Kreisfischereiberater des Landkreises Emsland gebeten, etwas zu den EU-Leader-plus-Programmen in ihren Regionen zu sagen. Die Besatzgemeinschaft Hase III betreut den Unterlauf des längsten Emsnebenflusses von Bersenbrück (Lachsaufstieg noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts) bis Meppen. Mit Unterstützung des EU-Programmes wird durch die neugeschaffene AG Natur - Verein zur Revitalisierung der Haseaue -, die Lachs- und Meerforellenwiedereinbürgerung, die bestens begründet ist, vorangetrieben. Sie versteht sich als Lenkungsarbeitsgruppe und erarbeitet Konzepte dieser begrenzten Region. Das NLWK Cloppenburg und die Hase-Wasser-Acht beteiligen sich an der Bestandsanalyse des Gewässers und der Umwandlung von Sohlabstürzen / Wehren in überwindbare Sohlgleiten. Die lokale AG, mit Nachweispflicht ihrer Arbeiten, hat bislang 40000 Euro Unterstützung (20000 Euro von der EU und 20000 Euro von den Kommunen) für das ehrgeizige Projekt erhalten. Besatz wird momentan bis Quakenbrück getätigt, bis die Planungen für den Bau einer funktionierenden Fischtreppe weiter fortgeschritten sind und die Aufstiegshilfe gebaut wird.
Volker Hahn dankte Jörg Gauger für seinen Vortrag und betonte, daß nicht nur der Besatz ein wichtiges Hegeinstrument für den Fischbestand ist. Wir wollen an intakten Gewässern auch ohne Fang unsere Passion leben. Sein Oldesloher Verein gibt von 200,- DM Jahresbeitrag 30,- DM zweckgebunden für den Ankauf von Gewässern, für Uferrandstreifen und für Renaturierungsmaßnahmen aus. Jörg Gauger betonte noch, daß man sich über Beiräte in den Kommunen bei Stellungnahmen zum Gewässerschutz nach § 29 BNatSchG einbringen kann.
Dr. Detlev Ingendahl von der Universität Kassel war kurzfristig erkrankt. So konnten seine Untersuchungen an Laichhabitaten von Wandersalmoniden - Schwebstoffe, Schadstoffe, Sand, Sauerstoffmangel im Sediment und ihre Auswirkungen auf die Laichentwicklung von Wandersalmoniden - nicht vorgestellt werden. Diese für die Arbeit der Angelfischer in der AFGN so wichtigen Untersuchungen werden auf einer der nächsten AFGN-Tagungen nachgeholt.
Günter Brüning, AFGN-Mitbegründer, Landwirtschaftsdirektor i.R. und langjähriger Vorsitzender des LFV Weser-Ems, berichtete in einem Dia-Vortrag an ausgewählten Beispielen über das Management von Pazifiklachsen in British Columbia (Kanada).
Als Einstimmung für seinen Diavortrag dienten einige unvergleichlich schöne Landschaftsaufnahmen von Vancouver-Island und dem Fraser River oberhalb der Millionenstadt Vancouver sowie allgemeine Fakten zur kanadischen Natur, speziell Britisch Kolumbiens. Unter dem Stichwort Fischerei und Fische wird die Frage aufgestellt, wie der Mensch damit umgeht. Es wird versucht, eine gesellschaftsökonomische Bewertung der Fischerei zu geben. Der Fraser River mit 5 verschiedenen Pazifiklachsen und der Steelheadforelle ergießt sich als "schmutziger Fluß", ähnlich wie die europäischen Flüsse und Ströme, in den Ozean. Trotzdem wird er von den Lachsen auf dem Weg zu den sauberen Laichgründen durchschwommen. In West-Kanada beginnt quasi am Rand großer Städte sofort "wilderness", die große Wildnis, vielfach als Küstenregenwald mit Niederschlägen von 2,5 bis 5 m im Jahr (zum Vergleich: Norddeutschland ca 0,75 m). Die in Europa und besonders in Deutschland immer noch vorherrschende Ansicht, man müsse Mensch und Natur voneinander trennen, um die Natur zu schützen, wird in Kanada genau umgekehrt gesehen. So folgte für Brüning recht unmittelbar in Stadtnähe die Begegnung mit Ursus arctos horribilis, dem Grizzly, sowie Bibern und Bisons. Eine Anekdote zum ebenfalls dort vorkommenden Berglöwen lautet: ´Ist der Puma gefährlich? Ach nein, die fressen am liebsten nur Kinder!´ Es folgten Details zum Coho-Festival auf Vancouver-Island, zur Inlet (Fjorde Westkanadas) Schleppfischerei und zu besonderen Lachsfangspezialisten, den Orcas (Schwert- oder fälschlich Killerwal). Hervorragend aufgemachte Hinweistafeln an Flüssen zu den Lebenszyklen (Salmon-cycle) der Lachse wecken den Umgang und das Verständnis mit der belebten und erlebbaren Natur. So fing Brüning am ersten Morgen sofort 2 Silberlachse, danach, für Deutschland mit seiner Natur- und Tierschutzgesetzgebung undenkbar, nur noch catch&release. Die unbändige Natur zeigte sich beim Erleben des Lachstodes. Ein Pazifiklachs stirbt nach dem Ablaichen. Der Kadaver wird wieder in den Naturhaushalt zurückgeführt, wie die Nahrungsspezialisierung darauf von Möwen, Bären, Seeadlern und weiteren Tieren zeigt. Ein besonderes Angelerlebnis sollte das Fischen auf den Königslachs im Red Rock Pool am ?? Nitinac ?? werden. Doch eine ´public notice´ besagte: "No Fishing!" Dieser Bereich des Flusses dient ausschließlich der Vermehrung und nicht dem Kochtopf. Ausnahme: Dort heimische Indianerstämme dürfen dort immer fischen. Der Kommentar von Brüning: Heiraten sie eine Indianerin, dann dürfen sie auch fischen! Beim Besuch der Hatchery (Brutanstalt) zeigte sich die Gigantomanie, mit der die Kanadier ihre Lachsbestände unterstützen. Der Aufstieg der Lachse zu den Spawning Grounds (Laichgründen) führt durch einen künstlich angelegten Laichkanal, der 2900 m lang und 6 m breit ist. Somit stehen fast 18000 m2 zusätzliche Laichfläche zur Verfügung, die überwacht werden kann und wo Freßfeinde ferngehalten werden können. Der Laichkanal, eine geniale Konstruktion, wird über einen Fischpaß mit stärkstem Lockstrom erreicht und von einer bewaffneten Fischerei-Polizei bewacht. Brüning stellte das SEP (Salmon Enhancement Program = Lachsbestand Verbesserungs- oder Steigerungsprogramm) vor, das sich das ehrgeizige Ziel gesetzt hat, die Anzahl der aufsteigenden Lachse zu verdoppeln. Auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gedacht, wurden so 650 Dauerarbeitsplätze geschaffen. Mit den Recreational Fisheries (Freizeitfischerei) wird ein Umsatz von 650 Mio. Kan. $ gemacht. Das SEP umfaßt 57 Projekte, die auch neben der ökologischen eine ökonomische Bewertung erfahren. Selbst Kleinkinder, in Deutschland undenkbar, dürfen angeln. Für Brüning waren die 14 Tage Britisch Kolumbien Erlebnis pur. Auf die Frage eines Teilnehmers, wie denn die zum Teil rigorose Abholzung der einmaligen Küstenregenwälder zu bewerten sind, antwortete Brüning, daß die Kanadier eher die Möglichkeiten als die Probleme und Schwierigkeiten sehen. Es gibt in großem Umfang Aufforstungen und Randstreifenprogramme an den Flüssen. Kanadier hätten ihm geantwortet: Ihr Deutschen braucht unser Holz und damit Papier.
Peter Olbrich gibt den Gewinner des Lachsschätzens bekannt. Es ist Hermann Lübbers vom ASV "Hasetal" Lehrte, der mit seinem Tip bis auf 9 g richtig lag. Der ausgenommene Farmlachs wog 4458 g. Guten Appetit!
Unter dem leicht provokanten Slogan "Im Westen viel Neues!" referierte der Geschäftsführer der Ruhrfischereigenossenschaft Stefan Jäger über ein neues Lachssaufzuchtprojekt in bisher in Deutschland unbekannten Dimensionen.
Der Fischereibiologe Stefan Jäger, der AFGN spätestens seit seinem Referat "Lachs 2000 - Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden in NRW" (heute: Wanderfischprogramm 2010) im Frühjahr 1998 in Hanekenfähr Lingen/Ems bekannt, warb für den neuen Verein: "Der atlantische Lachs - Vereinigung zur Förderung des Lachses, seiner Lebensräume, seiner ökologischen und sozioökonomischen Bedeutung e. V." Der ellenlange Name wurde aus rechtlichen Gründen gewählt, um die Thematik der Wiedereinbürgerung auch in der EU besser bekannt und auch vermarktbar machen. Es sollen schließlich potente Sponsoren gefunden werden, die die vielfältigen Aufgaben finanziell unterstützen. Ein ansprechendes Logo mit dem Schriftzug "DER ATLANTISCHE LACHS" sowie die Internetadresse www.lachsverein.de , unter der weitere Informationen gegeben werden, sorgen für das Bekanntwerden des im Dezember 2001 gegründeten Vereins. Nähere Informationen sind auch in der AFZ-fischwaid; Heft 2; März/April 2002; Seite 16 zu finden. Die Gründungsmitglieder bilden einen illustren Kreis aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verbänden, Politik sowie Praktikern und weiteren Lachsexperten. Als Fördermitglied konnte der kürzlich verstorbene, renommierte und über die Grenzen Deutschlands bekannte, Ichthyologe Prof. Anton Lelek vom Forschungsinstitut Senckenberg gewonnen werden. Der Verein baut auf vorherige Arbeit auf, will das Rad der Wiedereinbürgerung also nicht neu erfinden und sieht sich als positiver Imageträger. Es sollen Leute (z. B. aus Behörden, Verwaltungen, Politik) und Sponsoren erreicht werden, die wenig oder gar keine Kenntnis über den Lachs, seine Lebensweise und seine Lebensräume haben. Bereits vorhandene Kontakte werden genutzt und ausgebaut. Der Verein sieht sich nicht als Konkurrenz zur AFGN, zur LMS, zum Nds. Verein zur Förderung von Lachs und Meerforelle und weiteren mit der Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden befaßten Organisationen. Er will sich vielmehr als Addition und Ergänzung zu schon bestehenden Verbänden verstehen und zum Transfer von Know How beitragen, das in eine breitere Öffentlichkeit hineingebracht werden soll. Neue Medien werden genutzt. Beim (Öko-) Sponsoring wird offen bilanziert: Was ist erreicht, was ist erfolgreich abgeschlossen worden? Mit finanzieller Unterstützung der Stadtwerke Hagen und dem Energieerzeuger Mark E Hagen (vormals Elektromark) wird der Aufbau einer großen Fischzuchtanlage in der Trinkwassertalsperre Hagen-Haspe begonnen, um mittelfristig Millionen junger Lachse zu produzieren. Die Haspe-Talsperre soll der Mittelpunkt für europaweite Kooperationen zur Unterstützung der Rückkehr und weiteren Verbreitung des Atlantischen Lachses werden. Als Geschäftsführer ist Jäger der Ansprechpartner des neuen Vereins. Er betont, wenn nur die Interessen der Anglerverbände und staatlicher Institutionen berücksichtigt werden, kommt man nicht unbedingt weiter. Der Verein soll als Angebot dienen für alle, die den Lachs in Deutschland wieder heimisch machen wollen. Es fällt der Satz: Lieber Papst in einer Sekte, als Priester in einer Religionsgemeinschaft. Brumund-Rüther nannte den neuen Verein eine gute Schnittstelle für mehr Durchschlagskraft bei der Erreichung eines gemeinsamen Zieles, nämlich der dauerhaften Wiedereinbürgerung und Schaffung sich selbst reproduzierender Wandersalmonidenbestände sowie der Verbesserung der Wasserqualität und der gesamten Fließgewässerstruktur
Die 33. Fachtagung der AFGN ist am 28. September 2002 im Leinegebiet (Gronau). Bislang festgelegte Beiträge sind Wasserkraft und Laichsubstrate (Dr. Ingendahl).
Die heutigen Referentenbeiträge sind abrufbar unter LMS-online und werden in der AFZ-fischwaid erscheinen. Zum Ende der Tagung wird, einer alten Tradition der AFGN gemäß, gefragt, wie die Bestandsentwicklung verläuft und welche Fänge gemacht wurden. Untere Elbenebenflüsse wie Oste und Schwinge zeigen einen starken Meerforellenrückgang. Am Unterwesernebenfluß Delme ist die Situation zufriedenstellend. Über die Lage an der Wümme berichtet Jens Engelken aus Lauenbrück: 2000 wurden 115 Fische gefangen, 2001 nur noch 77. Bei Bachforellen war das Ergebnis umgekehrt. An der Este war nach einem sehr guten Vorjahr diesmal das Ergebnis zufriedenstellend. Der Rückgang zeige aber keine Alarmzeichen, sondern liege innerhalb der normalen Schwankungsbreite. An der Luhe setzt sich der ´96 begonnene Rückgang weiter fort. Es konnten nur noch 84 Rückkehrer nachgewiesen werden. Wo bleiben die Fische, wurde gefragt. Es bestehe wohl ein immer größerer Trend zur Naturvermehrung. Der starke Kormoranbefall tue ein übriges. Last but noch least ist die übergroße Seehundpopulation der Nordsee nicht unschuldig am Rückgang. Das nächste große Seehundsterben ist vorprogrammiert, denn die Bestände haben schon bei weitem die Zahlen überschritten, die es vor dem Seehundsterben gab.
Rainer Feistmann 04/2002
Nachträgliche Ergänzungen von V.Hahn mit Bitte um entsprechende Kenntnisnahme,da diese Punkte offensichtlich nicht klar dargestellt wurden.
1) Hartwig Hahn ist nun auch in der Trave "Lachsvater" -Wir haben gerade letzte Woche den zweiten Jahrgang Daugava-Lachse (Brütlinge) ausgesetzt.Den Meerforellenbesatz betreibt der OAV nach wie vor mit grosser Unterstützung durch Albrecht Hahn von der Aufzuchstation des Teichwirteverbandes in Altmühlendorf!
2) Der Berufsfischer fischt nicht im Mühlenkolk,sondern nur im Bereich seines Fischereirechtes,das kurz vor dem ersten Querverbau(Stau) der Trave (bei Bad Oldesloe )zur Ostsee endet.
3) Gefischt wird in der Trave schon immer auch auf Meerforellen-Ende der 80er Jahre führte der OAV in seinen Gewässern eine Winterschonzeit auch in den Nichtsalmonidengewässern für die Wandersalmoniden ein.Heute gelten natürlich die Regelungen der BIFO! Mit Beginn der 90er Jahre kann man hier von einem nennenswerten Meerforellenbestand sprechen.

AFGN 2001

31.Tagung der AFGN am 13.10.2001 in Potsdam
Trotz oder wegen des schönen Herbstwetters und wahrscheinlich wegen der für viele Dauerteilnehmer doch erheblichen Anfahrtswege war die Tagung mit ca 35-40 Teilnehmern deutlich dünner besucht als sonst. Es mag auch sein, dass Termine in den Herbstferien mehrerer norddeutscher Bundesländer ohnehin problematisch sind.
Begrüßung
Der Präsident des neu zur AFGN gestoßenen VDSF -Landesverbands Berlin-Brandenburg, Dr. Thomas Günther, begrüßte die Teilnehmer/innen herzlich. Er betonte vor allem, dass die Wanderfische und die Gewässer nicht Leidtragende von Streitigkeiten unter den Anglerverbänden sein dürfen. Sein LV sei nach wie vor bereit zur Zusammenarbeit mit dem DAV. Um dies zu unterstreichen, werde er "kriegerische" Töne beenden und biete nochmals dem DAV Mitarbeit in der AFGON (AFG Oder-Neiße) an. Da mehrere DAV-Mitglieder, darunter U. Thiel, bereits seit längerem regelmäßig an AFGN- Veranstaltungen teilnehmen und anwesend waren, wird dem DAV diese Offerte nicht verborgen bleiben können.
Kurzberichte
Nach der Begrüßung durch den Präsidenten des LV Brandenburg erstatte der AFGN-Sprecher Ede Brumund -Rüther Bericht über Aktivitäten seit der Frühjahrstagung 2001.
• Unter seiner Beratung hat sich für die Oder unter polnischer Beteiligung die AFGON (Arbeitsgemeinschaft Fischarten- und Gewässerschutz im Oder-Neiße Gebiet) gebildet, welche sich u.a. mit der Wiederansiedlung der Wandersalmoniden in Oder-Einzugsgebiet befaßt. Hier ist eine besonders günstige Konstellation für Wanderfische gegeben, da die Oder auf den unteren 350km kein einziges Wanderhindernis aufweist. Erste praktische Maßnahme sollte der Besatz mit Lachs im Granow-Buderoser Mühlenfließ sein. Das Projekt geriet jedoch stark in die Turbulenzen der großen Verbandspolitik zwischen VDSF und DAV, so daß der Lachse, die für diese Verzögerungen und Querelen kein Verständnis zeigten, schließlich in einer Öffentlichkeits- Aktion im Bereich der Neiße-Mündung in die Oder ausgesetzt wurden.. E-B.R. mahnte mit deutlichen Worten die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit an: "Lachse tragen kein Verbandsabzeichen". Nun gelte es alle Beteiligten für die gemeinsame Sache auch ins Boot zu bekommen.
• In Hinblick auf den internationalen Lachsschutz hat G. Brüning die hiesigen Interessen bei Anbahnungsgesprächen des NASF in Irland vertreten. Hier ist das Ziel, die irischeTreibnetzfischerei auf der Hochsee endlich unter Kontrolle zu bekommen und Konzepte umzusetzen, die den erheblichen und vollkommen unspezifischen Aderlaß mittelfristig unterbinden. Ein Entgegenkommen der Fischer selbst ist zu verzeichnen, aber es gibt noch erhebliche Trägheiten in der irischen Fischereiverwaltung und -Politik zu überwinden.
• Die Kosten dieser ersten internationalen Lobby-Aktivität für den Lachs aus unseren Reihen haben sich G.Brüning und die LMS geteilt. E.B.-R. dankte sowohl G. Brüning als auch der LMS für den wichtigen und kostspieligen Einsatz für die gemeinsame Sache. Die Arbeit des NASF sei eminent wichtig für alle Lachsprojekte in Deutschland. Daher werde er auch weiterhin anstreben, in dieser Sache Unterstützung durch den Bundesverband (VDSF) zu erhalten. Er bat den VDSF- Öffentlichkeitsreferenten Wolfgang Düver, sich weiter dafür einzusetzen.
• Zwischenzeitlich gibt es von Danmarks Center for Vildlaks auch Resultate zur genetischen Untersuchung der Oste-Lachse. Es ist ganz deutlich, daß sich hier zwei getrennte Populationen etabliert haben. Ein Stamm, der auf den Namsen zurückgeht und der früh laicht (Ende Oktober bis Mitte November) und ein irischer Burrishoole Stamm, der erheblich später laicht (Dezember). Ob es möglicherweise doch Restbestände des originären Ostelachses geben könnte, der ungefähr zeitgleich mit den überraschend wiederentdeckten zwei dänischen Wildlachsstämmen in Vardeå und Ribeå von der Bildfläche verschwunden war, ist derzeit nicht prüfbar, solange es nicht mindestens 20 Genproben des verschollenen Stamms gibt, weil die Forscher einfach nicht wissen, wonach sie suchen müssen. Dass er sich, falls noch existent, nicht mit den importierten Stämmen mischt, solange es Laichpartner vom eigenen Stamm gibt, gilt nach dänischen Erfahrungen inzwischen als ziemlich wahrscheinlich.
Lachs in Polen
Dr. Ryszard Bartel vom polnischen Institut für Binnenfischerei berichtete über die historische und aktuelle Lachs-Lage in Polen.
Polens Lachsgeschichte gliedert sich in eine "gute alte Zeit" vor den 80er Jahren und den Aufbruch zu neuen Ufern in der Zeit danach.
Historisch gesehen hatten die großen Ströme Polens, wie die Visla (Vistula, Weichsel) typische Bestände mit Sommer- und Winterlachs. Die kleineren Küstenflüsse Pommerns hatten meist kleine Mischbestände von Meerforellen mit geringem Lachsanteil. Im Odersystem wanderten die Lachse in die obere Oder oder Warta (Warthe). Die Gwda wies 60% Lachs und 40% Meerforellen auf, der polnische Paradelachsfluß Drawa (Drage) eine 90/10 Verteilung. Nicht selten lieferte dieses relativ kleine Gewässer bis zu 1,2 t Lachs pro Saison, darunter Fische mit Gewichten über 20 kg. Schon Ende des 19 Jhdt. versuchte man hier und dort den Lachsbestand auch mit Besatz zu stützen, so z B. in der Oder. Der Verbau der Weichsel mit einer Großstaustufe, die nur eine unbefriedigend arbeitenden Fischtreppe aufwies, machte dem Weichsellachs in den 60er Jahren den Garaus, in den Oberläufen war bereits 1952 in der Skawa der letzte Lachs gesichtet worden. Auch die pommerschen Flüsse verloren in den 60ern ihren Lachsbestand genau wie die Oder. besonders tragisch traf es die Drawa, in der eine Schlammlawine aus den Schlämmen einer Stauhaltung die Kiesbetten über Jahre hin ruinierte. Nach 5 Jahren hatte der Schlamm über den Lachs gesiegt. Anfang der 80er war es dann vorbei mit dem polnischen Lachs, als auch die Drage und Persante-Population zusammenbrachen. Hauptursachen: Überfischung und Wasserverschmutzung.
In den politisch nicht einfachen 80er Jahren gelang dann die Wende. Nachdem man erste, weniger erfolgreiche Wiederansiedlungsversuche mit Newa-Lachs hinter sich gebracht hatte, platzte der Knoten durch die Umsetzung eines Konzepts, das auf Eiern aus dem Daugava-(Drina-)System in Lettland fußte. Aus denen konnte man eine Netzgehege-Stammfischhaltung in der Puck-Bucht bei Gdingen aufbauen. Damit gab es aber große Probleme und hohe Ausfälle. Wildlachse ertragen Gefangenschaft in Naturgewässern mit allen Auslösefaktoren des Wanderverhaltens offenbar schlecht. Inzwischen ist man zur international üblichen Laicherhaltung in geschlossenen Anlagen im Süßwasser übergegangen und fährt damit gut. Auch mit dem zunächst begonnen Besatz mit Brut hatte man wenig Erfolg. Unter lückenloser Datenerhebung und Erfolgskontrolle brauchte es jedoch nur wenige Jahre, um dieses strategische Problem zu erkennen und abzustellen. Bereits Mitte der 90er, bei nach wie vor gegen Null tendierenden Rückkehrezahlen, ging man dann dazu über, die Fische bis zum Smolt aufzuziehen und konnte damit die Effektivität der Maßnahmen derartig steigern, dass ruckartig die entscheidenden Zuwächse einsetzten. Heute kann man problemlos über 3 Mio. Eier vom Daugava-Stamm aus eigenen Rückkehrern aus Wieprza und Drweca erzeugen. Die Besatzmaßnahmen in der Slupia, Wiepzra, Widawa (Odersystem) und Drweca (Weichselsystem) erwiesen sich am schnellsten als produktiv. 1996 gab es wieder Naturverlaichung in der Drweca, 1997 in der Wiepzra. Die folgende Tabelle der Fangergebnisse der letzten Jahren zeichnet diese Entwicklung nach:

Fangerträge polnischer Ostseelachse in kg
Jahr
Mündungsbereich Weichsel
Drweca
Pommersche Küstenflüsse
total
1997
 
82
331
414
1998
2077
250
700
2967
1999
4219
81
660
4900
2000
9080
224
410
9714
Beeindruckend ist vor allem ein immens hohes Durchschnittsgewicht von über 8 kg. Eine Größe, die nur an ganz wenigen Orten der Welt annähernd erreicht wird. Natürliche Laichbetten gibt es seit 2000 auch wieder in Perseta (Persante) und in den Zuflüssen der Drage.
Das irrwitzig schnelle Wachstum der "neuen" polnischen Lachse wird von der folgenden Tabelle illustriert.

Wachstumskennziffern polnischer Ostseelachse
Seewinter in der Ostsee
Längenspektrum in cm
Längendurchschnitt in cm
Gewichtsspektrum in g
Gewichtsdurchschnitt in g
1
40-70
60
500-4900
2523
2
81-101
82
1100-11000
6250
3
91-132
102
7800-20000
11800
Wenn man bedenkt, daß der Löwenanteil der Fische bereits im 1. Jahr smoltifiziert und abwandert, erscheint dieser Zuwachs noch gigantischer.
Probleme gibt es zeitweise jedoch mit dem spurlosen Verschwinden von Post-Smolts, dessen Ursache noch nicht bekannt ist.
Die polnischen Erfolge sind beneidenswert und man fragt sich unwillkürlich, warum es in einigen Projekten bei uns schon seit Jahrzehnten "halb lebt und halb stirbt". Eine augenfällige Erklärung gaben einige Fotos der Gewässer, die Dr. Bartel zeigte. Die Flüsse sind z. T. in einem Strukturzustand, der jedem "ordnungsbewussten" Gewässerunterhalter bei uns die Trauer- und jedem Wiedereinbürgerer die Glückstränen in die Augen treiben würde - eben naturnah bzw. weitgehend natürlich. Nach den Erfolgen zu urteilen, stört es den Lachs offensichtlich gar nicht, ob auf 200m Flußlänge 5 dicke Fichten quer im Fluß liegen (und liegen bleiben). Ohne dies jetzt pauschal für unsere Flüsse zu empfehlen, gibt es doch zu denken.
Auf alle Fälle zeigt es, wieviel Aufwand die Natur einem abnehmen kann, wenn man mit seinen Maßnahmen nur tief genug (d.h. bei der Gewässerstruktur) ansetzt. Gleichwohl haben auch in Polen die erreichbaren Laichhabitate durch Bau von Wehren und - besonders bedauerlich - auch von Flusswasserkraftwerken erheblich abgenommen. Aber wenn die Kooperation des polnischen Anglerverbands und der staatlichen Institutionen weiter so klappen, wird man für Probleme sicher auch Lösungen finden. E.B.-R. bekundete im Namen der AFGN großen Respekt vor den Leistungen der polnischen Nachbarn. Es werde sofort klar, dass die Interessen der Angler und Fischer in Polen ohne Umschweife ernstgenommen und nach Kräften gefördert würden. Deutschland sei dafür wohl zu arm, meinte er ironisch, und ließ offen, in welcher Hinsicht. Aber sich im reichen Deutschland um Zuständigkeiten zu streiten, mit Kormoranschutz und Selbst-Überlassungs-Naturschutz, falschen Leitbildern im Gewässerschutz ringen zu müssen und derweil die Nachbarn bei den zentralen Aufgaben im Grenzbereich allein zu lassen, das sei ein (Originalton) "Scheißgefühl", mit dem die AFGN sich nicht abfinden werde. Die AFGON verdiene alle erdenkliche Unterstützung.
Eiszeitliche Geologie und Gewässerleitbild in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
G. Brüning nahm in seinem Vortrag eine Bewertung der geologischen Verhältnisse Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns vor. Ausgehend von den Vergletscherungen der Eiszeit konnte er aufzeigen, daß die Fließgewässer von heute weitgehend in den Grundabflüssen der Gletscherzeit verlaufen. Diese Abläufe sind in der Regel auf Schotter- und Geschiebegrund so daß ein kiesiges Sohlsubstrat die Regel ist. Dies steht im Gegensatz zu einem immer noch in den Köpfen von Verantwortlichen existenten Gewässerleitbild von schlammigen, langsamfließenden Cyprinidenflüssen in Norddeutschland. Es ist den Verantwortlichen Stellen intensivst deutlich zu machen, daß dieses Leitbild nicht als homogenes Entwicklungsziel für die norddeutschen Fließgewässer taugt. In der Diskussion wurde daher ein differnzierter Ansatz gefordert, damit nicht etwa noch existente unverfälschte Flußabschnitte durch ein falsches Leitbild zugrunde gerichtet werden. Es wurde beschlossen, das Thema zum Schwerpunkt der 32. Fachtagung zu machen.
Die Salmoniden in den neuen Bundesländern gestern und heute
Jürgen Plomann war es vorbehalten aus seiner langjährigen Tätigkeit an zentraler Stelle einen Rückblick auf die Salmonidenbestände in der DDR in der Zeit vor der Wende zu geben. Die Salmonidengewässer der Mittelgebirge litten zu DDR-Zeiten unter drei Belastungen:
• Raubbau durch die damalige Besatzungsmacht
• Abwasserbelastung
• Verbau mit Stauanlagen
Den Effekt der großen Stauanlagen erläuterte er am Fall der sächsischen Saale, die zur Hohenwarte-Talsperre und Bleiloch Talsperre aufgestaut wurde. Der Grundablaß aus der Bleiloch-Talsperre hat die Lebensverhältnisse in der Saale unterhalb grundlegend verändert. Die Durchschnitttemperatur sank naturgemäß erheblich ab. Die Fließstrecke unterhalb wurde zum reinen Bachforellen-Biotop. Die Äsche wuchs nur noch sehr langsam, ihre Reproduktion kam unter diesen Umständen vollständig zum Erliegen. Fischereilich boten einige der Stauseen jedoch auch ideale Lebensbedingungen für Bachforellen, die dort bis in respektable Gewichte abwuchsen, wie z.B. In der Klingenbergtalsperre an der Wilden Weißeritz.
Die Harzflüsse waren charakerisiert durch erstklassige Gewässerstruktur, aber Nahrungsarmut. Dies führte zu hohen Individuendichten bei unterdurchschnittlichem Abwuchs.
Mecklenburg Vorpommern hatte besonderes mit der Nebel ein sehr naturnah strukturiertes Salmonidengewässer auf zuweisen wie auch das seinerzeit einzige Meerforellen-Gewässer der alten DDR, die Warnow.
Fast alle von den Höhenzügen Brandenburgs abfließenden Gewässer hatten Salmoniden und meist erstklassige Laichhabitate. Die Spree hatte entgegen mancher heutigen Lehrmeinung vom reinen Cyprinidengewässer bis in den Spreewald einen natürlichen Äschenbestand.
Heutige Problembereiche für die Salmoniden stellen nach Ansicht von J. Plomann mehr der
• Kanuverkehr mit den bekannten Schädigungen der Uferbereiche und der flachen Kiesbänke
• Niederschlagsmangel in Brandenburg in Folge der globalen Erwärmung
• und die Förderung der Kleinkraftwerke
dar.
P. betonte die Wichtigkeit einer Zusammenarbeit mit der polnischen Seite in Sachen Oder und empfahl die Gründung eines Lachskuratoriums für Deutschland, welches auch die Potenz hätte, Durchgängigkeitsprobleme durch Aufkauf der Staurechte zu lösen.
Wandersalmoniden-Wiedereinbürgerung im Stepenitz-System
Stellvertretend für den leider verhinderten G. Markstein, Fischereireferent des Landes Brandenburg, berichtete Herr Zahn vom Institut für Binnenfischerei Potsdam -Sacrow über den Stand der Wiedereinbürgerung von Lachs und Meeerforelle im System der brandenburgischen Stepenitz. Ausdrücklich, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen, sei hier nochmals erwähnt, dass die Stepenitz ein Elbezufluss ist und nicht etwa ein Ostseezufluss. Das ist bei einer Region, in der die Wasserscheide zweier biologisch völlig getrennten Lebensräume verläuft, von höchster Bedeutung. Gefördert aus Mitteln der Landesfischereiabgabe sind nach dem in Sachsen erarbeiteten und dort bereits erfolgreich umgesetzten Konzept "Elbelachs 2000" 1997 in einer multidisziplinären Arbeitsgruppe "Lachse in Brandenburg" die ersten praktischen Aktivitäten durch das Institut für Binnenfischerei angelaufen.
Das Stepenitz-System mit 867 km² Einzugsgebiet, 86km Lauflänge und einem Mittelabfluß von 6 m³/s besitzt eine hohe Strukturvielfalt und einen dementsprechenden Schutzwert. Der Fischbestand ist von der Bachforelle dominiert, heute seltene Organismen wie Astacus astacus (Edelkrebs) und Unio crassus (Bachmuschel) sind noch vorhanden.
Die Arbeiten erstreckten sich auf:
• Ermittlung der historischen Daten Wandersalmoniden gehörten zur ursprünglichen Fauna des Gewässers
• Erfassung der Wanderhindernisse Der Hauptfluß besitzt 16 Querverbauungen von denen 5 voll und 1 bedingt passierbar sind Die Nebengewässer besitzen 20 Querverbauungen von denen 1 voll und 10 bedingt passierbar sind
• Habitat-Kartierung von Laich- und Aufwuchsgebieten Als Laichhabitat konnten ca. 2 ha ermittelt werden Als Jungfischhabitat konnten ca. 6 ha ermittelt werden
• Morphologische Eignungsprüfung Analyse von evtl. Negativfaktoren Im Sommer reicht die Wasserführung einiger Nebengewässer offensichtlich nicht aus.
Seit 1999 wurde auch besetzt entsprechen folgender Tabelle (zumeist Brütlinge):

Waandersamonidenbesatz in der brandenburgischen Stepenitz
Jahr
Anzahl
Art
Stamm
1999
50000
Lachs
Shannon/Burrishoole
20000
Meerforelle
Stör
2000
70000
Lachs
Lagån
30000
Meerforelle
Stör
2001
40000
Lachs
Lagån
7000
Lachs
Ätran
30000
Meerforelle
Stör
Umbauten der beiden untersten Querverbauungen sind nunmehr eingeleitet, Man hofft, bis zum Winter 2002 die Durchwanderbarkeit des Hauptflusses gewährleisten zu können. Auch gibt es Versandungsprobleme, besonders wo begradigte Teilstrecken oberhalb naturnaher Bereiche liegen. Die finanzielle, arbeitsmäßige und ideelle Beteiligung des DAV-LV Brandenburg ist entgegen mancher früherer Gerüchte vorbildlich und verdient ausdrückliche Würdigung.
Erste Kontrollbefischungen haben einen hohen Anteil an 1+-smolts ergeben, so daß die ersten Rückkehrer im Frühherbst 2002 mit Spannung erwartet werden.
In Hinblick auf die Rückkehrer ist ein genaues Monitoring und eine Erforschung der genetischen Differenzierung geplant. Sollte das Stepenitz-Projekt erfolgreich sein, ist ein weiterer Wiedereinbürgerungs-Versuch in Bereich der Schwarzen Elster und Pulsnitz angedacht.
Abschließende Diskussion
E.B.-R. betonte anschließend nochmals, dass das Granow-Buderoser Mühlenfließ zwar anders beschaffen ist, aber ebenfalls noch mehrere heute seltene Fließwasserarten enthält, beispielsweise Bachneunauge, authochthone Bachforelle, bereits wieder einige Meerforellen usw., die eine erhebliche Indikatorbedeutung haben. Außerdem hat es keinerlei Verbauungen von der Ostsee bis hin zu den geplanten Aussetzungsplätzen bzw. den potentiellen Laichplätzen der Lachse. Lediglich die Sandfracht aus einem menschengemachten Zufluss müsste gestoppt werden, einige strukturfördernde Maßnahmen seien wünschenswert. Aber Sandfracht sei "Standardsituation" in norddeutschen Flachlandgewässern, betonte der Sprecher. Es sei daher völlig unnötig, das laufende Lachsprojekt in der Stepenitz - das ja ebenfalls mit Rückendeckung der AFGN angefahren wurde, mit Besatz aus ihren Bezugsquellen versorgt wird und beratend von Hartwig Hahn mit betreut wird! - und das gewünschte im Granow-Buderoser Mühlenfließ als konkurrierend anzusehen. Man sei doch hoffentlich in Brandenburg nicht der Ansicht, dass die AFGN bzw. ihr Sprecher die Eignung des Fließes nicht beurteilen könne? Herr Zahn wollte und konnte sich als Stellvertreter ohne fischereipolitische Befugnisse keine Entscheidungskompetenz in dieser Frage anmaßen. Er machte jedoch kein Hehl aus seiner persönlichen Meinung, dass solide Datenerhebung und detailliertere Begründung einen erneuten Antrag möglicherweise begünstigen könnten.
Nachtrag: Genetische Aspekte und Besatzmarkt
Beim weiteren Besatz, nicht nur der Stepenitz, kann durchaus die bisherige Verfahrensweise beibehalten werden, nämlich beispielsweise der Bezug von Brut über Hartwig Hahn, die direkt von Rückkehren aus dem schwedischen Lagan gewonnen ist und für anhaltende Zufuhr von Genen von einer möglichst großen Zahl an wildlebenden Elternfischen sorgt. Laganlachs und Ätranlachs können sich zwar wegen fast gleicher Laichzeit und sehr engem Verwandtschaftsgrad vermischen, doch hat das im Nissan, wo man beide Stämme als Ersatz für den ausgestorbenen Nissanlachs eingesetzt hat, für keinerlei nachteilige Veränderungen gesorgt, soweit bekannt. Damit ist auch zumindest ein weiterer Anbieter im Markt für schwedische Lachse, nämlich die Nordhauser Mühle mit Brut, Jährlingen und Smolts vom Nissanlachs vom königlichen Besatzlieferanten in Schweden. Danmarks Center for Vildlaks schließlich kann im Prinzip alle Besatzgrößen von 5 Stämmen, darunter Ätran und Lagan liefern, vom Ei bis zum Smolt. Es besteht Hoffnung, dass auch Nachzucht vom dänischen Skjernalachs bald zur Verfügung steht. In der Eignung zur Wiederbesiedlung von deutschen Flachlandgewässern (Lowlandstreams) dürfte er konkurrenzlos sein.
Peter Olbrich LMS / Ede Brumund -R., AFGN Nov. 2001

AFGN 2000

Inhalt steht zur Zeit nicht zur Verfügung - wir bitten um Entschuldigung!

AFGN 1998/II

Herbsttagung der AFGN in Lingen am 10.10.1998
Die Arbeitsgemeinschaft für Fischarten- und Gewässerschutz in Norddeutschland, in der sich die meisten norddeutschen Wiedereinbürgerungsintiativen ihre Kommunikation pflegen, besteht nunmehr 20 Jahre und kann somit bereits auf ein echte Tradition in der Pflege der Wandersalmoniden-Ressourcen zurückblicken. Generalthema war daher auch "20 Jahre Wiedereinbürgerung des Lachses in Deutschland". Diese Tagung war die seltene Gelegenheit, einmal in einem Rundumschlag den Stand sämtlicher Arbeiten in Norddeutschland vor Augen geführt zu bekommen. Die Meerforelle kann man in dieser Sicht mit Fug und Recht wieder als "heimischen Fisch" bezeichnen, der Lachs ist auf dem Weg dahin. Hier ist in der Vergangenheit eine vorbildliche und aufwendige, ehrenamtliche Arbeit seitens der Sportfischer geleistet worden, die immer noch viel zu wenig gewürdigt wird. Möglich war dies unter anderem dadurch, daß die Behörden denjenigen, die die Last der Einbürgerung auf sich nahmen, im Rahmen der Fischereigesetzgebung von Anfang an eine Befischung gestattete - eine weitsichtige und weise Entscheidung. Dennoch gibt es jede Menge Probleme zu lösen, von der notwendigen Wiederbeschaffung der Laichflächen in den Steilabschnitten des Geestabbruchs bis zur Verbesserung der Konditionen auf dem Wanderweg. So hat sich beispielsweise in der Ems durch hydraulische Veränderungen des Strömungsverhältnisse im Unterlauf eine große sauerstoffarme bis -freie Zone gebildet, die mit lebensfeindlichen Schlammassen im Tidenwechsel rauf und runter wandert. Keine gutes Umfeld für Wanderfischarten.
Eine Menge Neuigkeiten enthielt schließlich der Vortrag von Stefan Jäger über die letzten offiziellen Entwicklungen in Sachen Wiedereinbürgerung im Rheinsystem in Nordrhein-Westfalen. Nachdem die Presse doch ziemlich heftig auf des Projekt "Lachs 2000" geschossen hatte (z.B. der Spiegel) stand eine ganze Zeitlang ein großes Fragezeichen über dem Fortgang der Maßnahmen. Aus der leidlich erlittenen Erkenntnis, daß "mal eben einbürgern" nicht geht, hat man sich nun aber zusammengesetzt und unter etwas anderem Vorzeichen ein neues Projekt aufgesetzt. Endlich ist es zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft gekommen (ARGE Lachs und Meerforelle in NRW), in der die an den Wandersalmoniden Interessierten angemessen repräsentiert werden sollen. Nun scheint sich auch langsam ein bewußteres Projektmanagment zu etablieren. Daß dies ein Grundpfeiler der Bemühungen um die Wiedereinbürgerung darstellt, haben wir in der Vergangenheit immer und immer wieder betont. Ein ganzes System von Gremien wird eingerichtet, die, so befürchte ich allerdings, den Etat von 5,2 Mio. für 4 Jahre (3,2 Mio. Land, 2 Mio. Fischereiabgabe) erheblich annagen werden. Hoffentlich bleiben für konkrete Aktionen genügend Mittel übrig. Aber Ziele sind definiert: so z.B. bis 2010 die Erreichung der Unabhängigkeit von Lachseiimporten aus dem Ausland für das Siegsystem. Für die ersten Projektphase 1998-2002 stehen folgende Ziel im Raum:
-    Reduzierung der Lachseiimporte -    Ausreichende Abwanderung von Smolts -    Dauerhafte Etablierung vn Rückkehrern -    Naturvermehrung trägt zum Bestand bei -    Prüfung von Wupper, Dhünn, und Eifler Rur auf Eignung -    Erhebung und Kartierung der Aufwuchsareale -    5% der Brut erreichen das Smolt-Stadium -    Anpassung des Abflußregimes an die Wanderfisch-Bedürfnisse
Ehrgeizige Ziele, aber sicher welche, die auch erreicht werden können. Ich wünsche eine glückliche Hand.
Peter Olbrich 2/99

AFGN 1998/I

Frühjahrstagung dr AFGN am 14.3.1998 in Sittensen
Schwerpunkt der Tagung war eine wenig bekannte Wanderfischart, der Schnäpel, dessen Wiedereinbürgerung in Norddeutschland bereits seit einigen Jahren betrieben wird und zwar zu einem Großteil von fischereilicher Seite. Darüber hinaus wurde über anthropogen und natürlich bedingte bedrohliche Nährstoffschübe in den küstennahen Laichgewässern von Wandersalmoniden berichtet.
Der Schnäpel (Coregonus oxyrhynchus L.) gehört - biologisch gesehen - in die immer noch taxonomisch umstrittenen systematischen Einheit der Coregonen. Dieser "Sammelart" oxyrhynchus werden mehrere Formen zugesprochen, von denen eine die meerwandernden anadrome Form des Nordseeschnäpels darstellt. Er weist - im Gegensatz zu den meist stationären Formen des Süßwassers (z.B. dem Gangfisch einiger Voralpenseen) - eine charakteristische, nasenförmige Verlängerung der Schnauzenspitze auf. Verwechslungen mit der Nase und der Zährte sollen in der Vergangenheit vorgekommen sein. Neben dem Nordseeschnäpel gibt es auch eine zweite meerbewohnende Form, den Ostseeschnäpel, dessen Ortsveränderungen jedoch weniger ausgeprägt erscheinen. Der Nordseeschnäpel ist der großwüchsigste aller seiner Vettern und bringt es bei Maximalgewichten um 2,5kg bis auf eine Körperlänge von ca. 65 cm. Sein gutes Wachstum ist u.a. wohl auf die Fähigkeit zurückzuführen, auch bei kalten Temperaturen einer normalen Nahrungsaufnahme nachzugehen. Selbst bei 2 C frißt er noch. Sein Nahrungsspektrum ist ziemlich universell. Kleinkrebse werden, wenn vorhanden sehr gerne genommen. Er laicht im Bereich der Flußunterläufe, speziell in kleineren Nebengewässern. Er ist Winterlaicher und seine Eier kleben an unterschiedlichen, harten Substraten, vorzugsweise an Sand, Kies und Steinen. Die Laichfische überwintern auch in den Flußmündungen. Die Entwicklung der Larven benötigt nach Zuchterfahrung etwa 300 Tagesgrade. Nach dem Schlupf lassen sich die Fischlarven verdriften, Laichplätze sind somit vom Schnäpel nur minimal belastet. Ähnlich der Äsche werden Männchen mit 2 und Weibchen mit 3 Jahren geschlechtsreif. Pro kg Körpergewicht liefert der Schnäpel ca. 20000 Eier, ein großes Vermehrungspotential ist also vorhanden. Der Nordseeschnäpel stand Anfang der 80er Jahre kurz vor dem Ende. Lediglich eine kleine Restpopulation von ca. 100 Tieren konnte im deutsch/dänischen Grenzfluß Vidau noch ausgemacht werden. Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, daß im historischen Verbreitungsgebiet von der Scheldemündung bis zur Hälfte Jütlands an anderen Stellen minimale Restbestände existiert haben könnten. Belegt sind alte Vorkommen im Rhein bis Speyer, in der Ems bis Lingen, in der Weser bis Hameln, in der Elbe bis Torgau, in der Eider bis Rendsburg. Dies dürften aber die Extremfälle sein, denn dort wo der Schnäpel regelmäßig vorkam, sah sich wohl niemand veranlaßt, dies schriftlich festzuhalten. Sein Verschwinden wird dem Faktorenkomplex Laichflußflußstau, Gewässerausbau, Gewässerunterhaltung, Einleitungen, Schiffahrt, Freizeitnutzung und Fischerei zugeschrieben. Von Stauwehren ist der Schnäpel besonders betroffen, da ihm die Fähigkeit fehlt, zu springen, schnelle Strömungen meistert er dagegen erstaunlich gut. Als Speisefisch soll er den übrigen Coregonen nicht nachstehen, was ich bestätigen kann, da Schnäpel (aus der weniger gefährdeten Ostsee-Population) auf den Fischmärkten in Hamburg sporadisch gehandelt werden. Aus den Wiedereinbürgerungsmaßnahmen hat sich in der Treene bereits wieder ein Laichfischbestand gebildet, der bis in die Gegend von Treia aufsteigt. Zwischenzeitlich sind Besatzmaßnahmen auch auf die Unterelb-Nebenflüsse ausgedehnt worden. In Zusammenarbeit mit dem WWF sollen Oste und Wümme einen regelmäßigen Besatz erhalten, da diese Flüsse gute Voraussetzungen bieten sollten. Problematisch für die Wiedereinbürgerer ist derzeit aber der juristische Status diese Art. Als hochgradig gefährdet gilt der Nordseeschnäpel nach der Fauna-Flora-Habitate-Richtlinie der EU als sog. prioritäre Art. Für diese Arten werden durch die Richtlinie EU-weit besondere Schutzmaßnahmen gefordert, die nicht nur eine Befischung ausschließen können, sondern sogar bis hin zu einem Fischereiverbot in den Wohn- und Laichgewässern führen können, in denen sie vorkommen. Es ist zu hoffen, daß in diesem Punkt auf Länderebene eine praktikable Lösung gefunden wird, wie sie in Niedersachsen für Lachs und Meerforelle bereits existiert. Hier wird im Fischereigesetz nämlich eine Befischung für diejenigen eingeräumt, die die Bestände durch ihre Bemühungen wiederaufbauen und so das Engagement erhalten.
Mit welchen Schwierigkeiten diese Arbeit in Norddeutschland verbunden ist zeigte sich im Vortrag über die sauerstoffzehrenden Nährstoffschübe, die die norddeutschen Lachs- und Meerforellengewässer fast jedes Jahr zu überstehen haben. Das Norddeutsche Tiefland ist einer der Hauptstandorte der "Veredelungslandwirtschaft", d.h. der großangelegten Stallmast von Nutzvieh. Zehntausende Nutztiere stehen in den Ställen und produzieren entsprechende Mengen von Gülle und Mist, Reststoffe, die sich besonders in den Wintermonaten bei Frostlagen anhäufen. Viele Betriebe besitzen kaum noch die Restfläche, um die Gülle überhaupt auf die Felder ausbringen zu können. Nach langen kalten Wintern sitzt damit ein großer Teil der norddeutschen Landwirtschaft auf vollen Gülletanks, die der Leerung harren. Sehnsüchtig wird der Frühling erwartet um seien "lauen Lüften" durch gleichmäßige Verteilung auf den Feldern eine weitere Note hinzuzufügen. Der Beginn der Gülleausbringung ist durch ein behördlich gesetztes Datum limitiert. Bereits Tage danach, besonders wenn reichlich Niederschläge fallen und der Boden evtl. noch Frosthorizonte hat, rauscht eine Nährstoffwelle die Gewässer Norddeutschlands hinab. Trotz der noch kühlen Temperaturen stellen sich Sauerstoffprobleme ein - es kommt sogar zu Fischsterben in vielen Zulaufgräben auch von Arten, die nicht unbedingt zu den sauerstoffbedürftigen Arten zählen. Der Nährstoffschub läßt sich in Gewässerdaten von Aue, Oste und auch für die Elbe am Geesthachter Wehr nachweisen. Eine Auswirkung auf die Wanderbewegungen von anadromen Fischarten ist nicht auszuschließen.
Peter Olbrich 2/99

VDSF 2000

Lachsforum des VDSF am 14.4.2000 in Harpstedt
Etwa 1200 Teilnehmer brachte die Veranstaltung zum Meinungsaustausch in Sachen Lachs direkt am Flüßchen Delme zusammen. Der VDSF nutzte den Anlaß der Nominierung des Lachses als Fisch des Jahres zu einer nachhaltigen Profilierung und Standortbestimmung in Bezug auf Lachsschutz und -wiedereinbürgerung. In 10 Vorträgen hatten Vertreter aus allen "Lachsecken" Deutschlands und des benachbarten Auslands die Gelegenheit, den Stand und die Ausrichtung der lokalen Aktivitäten darzustellen. Vieles davon war regelmäßigen Teilnehmern de AFGN-Tagungen bereits bekannt. Trotzdem kamen einige Neuigkeiten zu Tage, die es zu besprechen lohnt.
Die Vorstellung der Aktivitäten an der Delme selbst durch den Fischereiverein Delmenhorst und den Ochtum-Verband war stark von den Struktur- und Wasserqualitäts-verbessernden Maßnahmen geprägt. Hier ist durch Verminderung von Einleitungen, Planung von Wehrumbauten und Anlage von Kiesbänken überdurchschnittlich viel am Umfeld gearbeitet worden, was zu begrüßen ist. Die geplanten Umbaumaßnahmen zweier kritischer Wehre werden ca. 1,5 Mio. DM verschlingen. Besonders wohl fühlen sich die Salmoniden im Stadtgebiet von Delmenhorst. Im letzten Jahr wurden 65000 Eier von Lachs und Meerforelle für Besatzzwecke aufgelegt.
Ede Brumund-Rüther stellte neben der neuen norddeutschen Besatzstrategie mit smolts Planungen zu einer Aktion "Steine: Im Acker ein Fluch - im Bach ein Segen" vor, in Rahmen derer das in der Vergangenheit aus den Geestabläufen entfernte steinige Substrat wieder in die Gewässer eingebracht werden soll. Er stellte darüber hinaus Überlegungen an, wie sich die Verfügbarkeit von Lachs-Ei-Material in den letzten Jahren entwickelt hat und worauf die Vorzeichen in den nächsten Jahren stehen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Verfügbarkeit von Eimaterial aus geeigneten Populationen weiterhin abnimmt, da Parasiten und epedemieartige Krankheiten stark auf dem Vormarsch sind. In der letzten Zeit hat die Viruskrankheit ISA in den Netzkäfigen der Lachszuchten der Shetlands, Faröer, Schottland und des Ostens Amerikas zu hohen Verlusten geführt. Auch in Wildbeständen ist diese Krankheit nun festgestellt worden, ohne zu wissen, wie sie sich unter diesen Bedingungen auf die Populationen einwirkt. Er befürchtet, daß sich die Verfügbarkeit von Eimaterial in Kürze so verschlechtern könnte, daß die angestrengten Wiedereinbürgerungsmaßnahmen nicht mehr flächendeckend versorgt werden können und mahnt deshalb zu rapidem Aufbau eigener Strukturen. Das Ziel: sich möglichst schnell von den o.g. Quellen abzukoppeln. Als notwendige Maßnahmen dazu leitete er z.B. einen verstärkten Besatz mit Smolts (wegen der höheren Rückkehrrate und des daraus resultierenden ökonomischen Mitteleinsatzes), eine bessere Ausnutzung des Eigenmaterials (durch Rekonditionierung und Elternfischhaltung) und die Verbesserung der Gewässerstrukturen ab. Dieser Ansatz wird die Wiedereinbürgerungsszene in Deutschland mit Sicherheit ein wenig durcheinanderwirbeln. Aber etwas Unruhe bringt auch Bewegung und Entwicklung. Ich halte diesen Ansatz als eine notwendige Entwicklung, die auch zeigt, daß wir uns dem internationalen "state of the art" des Lachsmanangements auch praktisch einen großen Schritt genähert haben. In den norddeutschen Lachsgewässern ist dieser Ansatz bereits in dieser Saison zum Teil umgesetzt worden. Viele Gewässer wurden mit Smolts aus Dänemark besetzt, so z.B. auch die Delme.
Dr. G.Füllners Vortrag über die Aktivitäten in Sachsen entsprach weitgehend dem der letzten Tagung der AFGN in Warder und kann in diesem Tagungsbericht nachgelesen werden. Aus der Diskussion ist noch der Umstand erwähnenswert, daß auch in brandenburgischen Elbzuflüssen nunmehr Lachsbesatz erfolgt und zwar in der Stepenitz.
L.Bartmann berichtete über den gegenwärtigen Status an der Weser. Hier wird im Bereich der nordrhein-westfälischen Zuflüsse aus dem Lachsprogramm des Landes mit Lachs mitbesetzt, der Rücklauf ist jedoch durch die schlechte Durchgängigkeit der Weser für wandernde Fischarten noch sehr erschwert. Erfreulich ist jedoch der strategisch solide durchdachte Ansatz an der Weser. Das erste Mal im deutschen Sprachraum hörte ich in Zusammenhang mit einem Lachswiedereinbürgerungsprogramm von einer konsequenten Einbeziehung beteiligter Gruppen, einer flußsystemweiten Koordination und einer potentiell neuen Philosophie eines Resourcenmanagements unter Einbeziehung des Nutzens als neue Chance des Naturschutzes und einem ehrlichen Blick auf die Realitäten. Hier war das erste Mal für ein gesamtes Flußsystem ein ganzheitlicher Ansatz zu spüren, der auch Aspekten der Einbindung in die gesellschaftlichen Verhältnisse und den potentiellen Beitrag zur Entwicklung des Gemeinwesens von vorneherein Raum zugesteht. Ehrlicherweise muß man sagen, daß ein spät und moderat begonnenes Programm wegen des kompletten Verlaufs der Weser in einer Nation, der Existenz im Schatten von politischem Druck ausgesetzten Großprojekten und der bisher anderswo gemachten Erfahrungen begünstigt ist. Aber sich den Erfahrungen der anderen erst einmal zu öffnen - so hat die Vergangenheit gezeigt - ist eben auch nicht unbedingt selbstverständlich. Ich zolle dem Weserprogramm jedenfalls hohen Respekt. Ich glaube, hier entwickelt sich ein Modell für die Zukunft.
Ein etwas anderer Wind als in der Vergangenheit durchwehte auch die Vorstellung des Wanderfischprogramms Nordrhein-Westfalens an der Sieg von Dr. Schmidt.. Zug um Zug erweitert sich auch hier der Blickwinkel. Man interessiert sich offensichtlich nunmehr auch lebhaft für die Verhältnisse im Unterlauf der Flüsse (z.B. im Rhein den Niederlanden) und - man höre und staune - auch im Meer. Was die Verhältnisse im Fluß selbst angeht, sind die Maßnahmen der Vergangenheit alles andere als fehlgeschlagen, auch wenn kritische bis unsachliche Berichterstattung in den großen Medien diesen Eindruck erweckt haben mag. Fehlende Kontrollmöglichkeiten haben wohl bisher eine bessere Dokumentation des Erfolgs verhindert. Dieser Zustand ist durch die kürzliche Eröffnung der neuen Kontrollstelle am Wehr in Buisdorf (dem untersten Wehr in der Sieg) nun erst einmal behoben, wenn auch in Zusammenhang mit der dort vorhandenen Bootsrutsche einige Kompromisse in der Bauausführung gemacht werden mußten. Ich glaube, wir werden nach der ersten einigermaßen normal verlaufenen Zählsaison erstaunliche Zahlen zu hören bekommen. Darüber hinaus wird weiter an der Durchlässigkeit zu den Nebengewässern gearbeitet. Nebengewässer, die keine Aufstiegsmöglichkeit bieten, aber gute Aufwuchshabitate für die parrs besitzen, werden nun erstmals auch mitbesetzt, damit die Zahl der Abwanderer maximiert wird. Dies ist angesichts der z.Zt. katastrophal geringen Rückkehrquoten in unsere Flüsse auch notwendig und wird im Ausland (z.B. Schottland, Schweden) auch schon jahrelang praktiziert. Jedenfalls hat man an der Sieg deutlich verstanden, daß einer der Schlüssel für erfolgreiche Wiedereinbürgerung eben auch im Meer liegt. Ich rechne es Dr. Schmidt hoch an, als einziger der Vortragenden des ersten Tages der Veranstaltung diesen Umstand seiner Bedeutung entsprechend gewürdigt zu haben. Noch erfreulicher ist, daß diese Erkenntnis sich auch in der praktischen Arbeit niederschlägt (s. Besatz von Gewässerteilen, die den Laichfischen nicht zugänglich sind).
W.Klein bestätigte anhand eindrucksvoller Fotos aus dem Lahngebiet, das ja mit einer Unzahl von Staustufen "gesegnet" ist, die Bedeutung des Turbinenproblems für die flußab wandernden Fische, zu denen auch unsere Smolts gehören. Endlich - auch durch die quantitativen Untersuchungen am Main - gewinnt das Thema einen Stellenwert, der seiner praktischen Bedeutung entspricht. Einige der vorgestellten Aufnahmen waren unter persönlichem praktischen wie juristischen Risiko entstanden. Daß sich dieser Einsatz dennoch loht, hat die kürzliche Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an W.Klein für seinen Engagement für eine gesunde Lahn bewiesen. Aber auch Auswege aus der Situation kamen bei diesem Vortrag zur Sprache. Er stellte ein selbstreinigenden Metallgewebe-Schöpfband mit Fischtransportrinnen vor, daß Abwanderer über den kritischen Turbineneinlauf hinweghebt. (Näheres unter www.ig-lahn.de). Eine Versuchanlage ist derzeit mit guten Ergebnissen im Einsatz, allerdings ergab die Diskussion, daß in Brandenburg, wo eine weitere Anlage betrieben wird, widrige schräge Anströmverhältnisse zu Problemen führen.
Aus den Bereichen der hessischen Sieg, der Wisper, und des Saynbachs berichtete Dr. J.Schneider. Die Ergebnisse sind recht ermutigend, hatte man doch allein im relativ kleinen Saynbach/Brexbach-System 1999 21 Rückkehrer zur vermelden. Die Maßnahmen werden wissenschaftlich intensiv begleitet, so daß relativ gute Kenntnisse wichtiger Parameter wie Smoltifizierungs-Anteile und Rückkehrer-Altersstruktur vorliegen. Man läßt sich auch pfiffige Neuansätze einfallen, wie z.B. einen jahresweisen Wechsel der Besatzstämme, der es ohne aufwendige Markierung zuläßt, die Rückkehrer genetischen Ausgangsgruppen zuzuordnen.
Lange Zeit war es etwas still um die französischen Maßnahmen im Elsaß, was wohl auf die Übermächtigkeit des Themas "Fischtreppe Iffezheim" zurückzuführen war. Aber M.Carabin wußte doch einige wichtige Neuigkeiten zu berichten. Die Wichtigste zuerst: Frankreich setzt in Sachen Besatz im Rheingebiet in Zukunft ausschließlich auf den Loire-Lachs. Eine gute Nachricht, hat die LMS diesen Weg doch bereits seit Beginn der Wiedereinbürgerungsmaßnahmen gefordert. Der Loire-Lachs weist so viele Übereinstimmungen mit den ökologischen Parametern des historischen Rheinlachses auf, daß es unverantwortlich wäre, auf diese genetische Komponente beim Wiederaufbau in Rhein zu verzichten. Daß dies nun möglich ist, beruht darauf, daß die raren Elternfische des Loire-Stammes durch Aufbau einer Elternfischhaltung in einem tiefen Baggersee mit regelmäßiger Rekonditionierung mehrfach zur Laichgewinnung herangezogen werden können. Fische aus dem Loire/Allier-System sind nämlich weiterhin extrem schwierig zu bekommen, wenn auch die Hoffnung besteht, daß die durch die Stauwerkssprengung am Allier nunmehr zugänglichen größeren Laichareale zu einer Stabilisierung des knappen Bestandes führen. Als zweiten positiven Aspekt möchte ich die Bestrebungen der lokalen Initiative an Bruche und Ill werten, die Öffentlichkeit in die Wiedereinbürgerung mit einzubinden. Dies erfolgt dort dadurch, daß man Schulklassen an den wichtigen Aktivitäten teilnehmen läßt. Ein sehr empfehlenswerter Ansatz, der auch auf dem letzten Atlantic Salmon Symposium breiten Zuspruch fand. Zur Nachahmung empfohlen!!
Der abschließende Vortrag über das dänische Lachsmanagement litt etwas unter dem schon reichlich fortgeschrittenen Zeitpunkt, was G.Holdensgaard dazu veranlaßte, sich sehr kurz zu fassen. Die Inhalte selbst entsprachen weitgehende seiner Darstellung bei der letzten AFGN-Tagung in Warder, die an anderer Stelle in dieser Site besprochen ist.
Der zweite Tag hatte zwei größere Programmpunkte: - die Ansprache des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Karl-Heinz Funke - den Festvortrag "Lachs und Europa - Die Wiedereinbürgerung des Lachses im internationalen Vergleich"
Bundesminister Funke nahm in seiner Ansprache eindeutig Partei für die fischereiliche Nutzung unserer Ressourcen in Partnerschaft mit dem Naturschutz. Es tat gut, zu hören, daß Aspekte der Wiedereinbürgerung, die uns besonders wichtig sind, auch im ministeriellen Blickfeld liegen. Funke gab eine eindeutige Stellungnahme zu den "dunklen Seiten" der "grünen Energie" ab. Die unvertretbaren Verluste an Fischen durch die Turbinenanlagen sind nachhaltig in seiner Einschätzung verankert. Ich gewann den Eindruck, daß Minister Funke eine feste pro-fischereiliche Größe im politischen Geschäft darstellt. Ein Umstand, der sich bereits durch seine Übernahme der Schirmherrschaft unseres Salmon Dinners zu verfestigen begann. Unter reger Anteilnahme der Presse besetzte der Bundeslandwirtschaftsminister mit tatkräftiger Unterstützung durch den Präsidenten des VDSF, Prof. Meinel die Delme mit Smolts, die bis zu diesem Zeitpunkt in einem kleinen Netzgehege gehältert worden waren.

Peter Olbrich 05/00

ARGE 1994

ARGE Tagung am 26.2.1994 in Salzhausen
Ede Brumund-Rüther hatte wieder ein sehr attraktives Programm organisiert. Der Lachsfluß Luhe
Werner Plambeck, Vorsitzender des SFV "ELBE", einer der Hauptpächter an der Luhe.
P. schilderte die bereits weit über 10 Jahre praktizerten Unterstützungmaßnahmen für anadrome Großsalmoniden an diesem bekannten Heidefluß. Die Bilanz ist imponierend. Die Anzahl Fische, die in einer Hilfsaktion der Angler am nur selten passierbaren Wehr in Luhdorf ins Oberwasser umgesetzt wurden stieg von 92 im Jahr 1984 bis auf knapp 2000 in 1993. Die Luhe muß somit als einer der produktivsten Lachs- und Meerforellen-Flüsse in Deutschland gelten. Der Bestand ist relativ gesichert. In den letzten Jahren wird jährlich mit 200.000 bis 250.000 Brütlingen aus eigenen Wiederfängen unterstützt. Die weiteren Maßnahmen richten sich auf eine Verbesserung der Durchwanderbarkeit und eine Regulierung der Kanutenfrequenz (heute bis zu 200 Boote am Tag, die meisten von mehreren kommerziellen Vermietern).
Anforderungen von Lachsen und Forellen an ihre Laichgewässer
Frank Jensen, Naturhistorisches Museum Arhus, DK
J. betont in seinem Vortrag die feste Stellung, die Wandersalmonden im Ökosystem der Flüsse und Bäche einnehmen. Das Durcharbeiten der Kiesbetten bei der Laichablage fördert nach seinen Aussagen die nutzbaren sauerstoffversorgten Oberflächen, auf dem die für die Selbstreinigung der Gewässer wichtigen Organismen siedeln können. Speziell im Winter, wenn der Pflanzenwuchs, der sonst für große besiedelbare Oberflächen sorgt, gering ist, kommt diesem Mechanismus erhöhte Bedeutung zu. Gleichzeitig erhöht sich dr Lebensraum für Insektenlarven sowie die Jugendstadien z.B. der Flußperlmuschel. Letztere sind in einer bestimmten Lebensphase auf eine gut durchströmte, sauerstoffreiche Grobkiesschicht ohne starke Nitratbelastung angewiesen. Generell können Wandersalmoniden sind somit als gute ökologische Indikatoren für intakte Fließgewässer dienen.
An typischen Fließgewässerquerschnitten mit dem Wechsel zwischen tiefem Kolk und flacher Rausche zeigte er die bevorzugten Laichareale des Lachses in der Übergangszone, in der eine periodische Struktur von Grob- und Feinkies liegt. Die Lage dieser Stellen bleibt auch bei größeren Hochwässern bemerkenswert konstant. Anhand einer Diaserie stellte er die Errichtung eines künstlichen Laichbettes für Großsalmoniden an einem mittleren dänischen Fluß vor (Breite ca 30 m).
Nach Vollendung war das gesamte Laichbett ca.20-40 cm Tiefe überströmt. Aufwendige Berechnungen zum hydrologischen Verhalten mit Computerprogrammen waren vorausgegangen. Diese Programme erlauben eine genaue Vorplanung der Durchströmungs- und Sauerstoffverhältnisse in der geplanten Anlage, sind aber Normalverbrauchern bereits aus finanziellen Gründen kaum zugänglich. Beim vorgestellten Laichbett mußten respektable 700 Kubikmeter Substrat eingebracht werden - eine Aktion die nur mit schweren Baumaschinen zu bewerkstelligen und dementsprechend aufwendig war. Die natürlichen Kiesbänke deises Abschnitts waren der Ausbeutung durch Kiesabbau zum Opfer gefallen. Bereits in der ersten Saison fanden sich Großsalmoniden ein und es konnten über 10 Laichbetten gezählt werden. Nach ähnlichen Prinzipien lassen sich auch Laichbetten in Kleingewässern schaffen. Für diese lohnen die aufwendigen Berechnungen natürlich nicht. Aber wenn man die geeignete Zone im Rauschen-Kolk-Wechsel erkennt, lohnt ein Versuch auf der Basis von Versuch und Irrtum. Um die Entwicklung der Larven im Kies zu sichern, sollte man aber langfristig auf eine Verringerung der Erosionsabschwemmung aus der Landwirtschaft hinwirken (z.B. durch die Sicherung natürlicher Uferrandstreifen).
Das niedersächsische Fließgewässerprogramm und das Fließgewässerschutzsystem
B. Kairies, Niedersächsisches Landesamt für Ökologie
Nach kritischer Bestandsaufnahme der niedersächsischen Flussysteme wurde zwischen 1985 und 1989 klar, daß in diesem Bundesland nur noch relativ wenige naturnahe Fließgewässerabschnitte erhalten waren und Handlungsbedarf bestand, das noch Erhaltene zu sichern und ggfs. wiederherzustellen. Im 1989 veröffentlichten Fließgewässerschutzsystem sind Flußsysteme in Niedersachsesn ausgewiesen worden, denen in Zukunft verstärkt Schutz zu gewähren ist und die naturnah zu entwicklen sind. Kerngedanke ist dabei das Flußsystem nicht nur in Abschnitten, sondern als ganzes zu schützen.
1990 folgte für die ausgewählten Systeme eine durchgängige, genauere Kartierung der Störeinflüsse und Beeinträchtigungen mit normierten Beurteilungskriterien.
Auf dieser Grundlage setzen nun für die Zukunft Renaturierungsmaßnahmen auf, die nicht nur der Verbesserung der Gewässergüte dienen, sondern die gesamte Morphologie des Gewässers mit einbeziehen und die auch der Eigendynamik der Gewässer Rechenschaft tragen sollen.
In der Größenordnung von 12-14 Mio. DM werden nun für die ausgewählten Systeme im Fließgewässerschutzprogramm Maßnahmen bezuschußt wie:
- Reduzierung verzichtbarer Unterhaltung - Umgestaltung von Bauwerken - Standortgerechte Bepflanzungen - Entfernung von Befestigungen - ggfs. auch Baumaßnahmen - Bereitstellung von ungenutzten Uferrandstreifen
Jedermann ist antragsberechtigt.
Bezuschussung: Uferrandstreifen 80% Umgestaltung 70% Planungen 100%
Der Etat für 1994 ist gegenwärtig schon von gestellten Anträgen ausgeschöpft.
(Für Lachs und Meerforellen-Aktivisten ist wichtig, daß aus diesen Töpfen auch Maßnahmen gefördert werden können wie Wehrumbau zur Verbesserung der Durchlässigkeit und Wiederherstellung brauchbarer Laichareale)
Die Mörrum: Naturproduktion ersetzt die Besatzmaßnahmen
C. Johannson, Mörrums Fiskeriförwaltning, Mörrum, S Schwerpunkt der Darstellung von J. waren die Entwicklungen und kürzlichen Maßnahmen an der Mörrum zur Erhaltung des Ostseelachses.
Nach einer Vorstellung des Gewässers mit seinen Eigenheiten berichtete J. von der Herausforderung, die sich durch immer stärker werdende Krankheitseinflüsse auf die künstliche Vermehrung des Ostseelachses ergeben hat.
Da die Zuchtanlage an der Mörrum, die bisher ca. 50 % der Abwanderer aus diesem Fluss lieferte, nur mit Flußwasser betrieben werden kann, ist es langfristig unmöglich, ein Eindringen der Furunkulose-Bakterien in die Anlage zu verhindern. Aus der Erkenntnis heraus, daß die gedrängten Platzverhältnisse in den Aufwuchsbecken beim Anfüttern zur Parr bzw. Smoltgröße die Anfälligkeit für Furunkulose stark erhöht, kam man zu einem für das ehemals massenproduzierende Lachsland Schweden revolutionären Entschluß: die Brutanlage wird geschlossen! Stattdessen wird nun konsequent versucht, die Verhältnisse am Fluß so zu verbessern, daß die Naturproduktion an Lachsen den Stamm vollkommen erhält. Kernmaßnahme ist der Bau einer Fischtreppe am Kraftwerk in Hemsjö, welches den Fischen eine Strecke von ca. 15 km besten Laichareals eröffnet. Diese Strecke hatte bereits in der Vergangenheit ihre Produktionskraft bewiesen, als Parrs, Eier und laichreife Fische dort von Hand eingebracht wurden, die abwandernden Smolts aber nur bei günstigen Wasserständen unverletzt am Kraftwerk vorbeikamen.
Der Entschluß ist auch deswegen leichtgefallen, weil mit dem Auftreten der mystriösen Lachs-Erkrankung M74 fast alle schwedischen Brutanstalten in den letzten Jahren starke Beeinträchtigungen bis hin zun Totalverlust zu verzeichnen hatten. Da viele Restpopulation der verbauten Ströme Schwedens ohnehin nur noch durch Zucht und Besatz in den küstennahen Unterläufen erhalten wurden, heißt das im Klartext: Diese Populationen haben keine Chance zu überleben, wenn es nicht gelingen sollte, gegen M74 wirksame Gegenmaßnahmen in den nächsten 3 Jahren zu entwickeln. Die beiden verbliebenen schwedischen Ostseeflüsse mit nennenswerter Eigenreproduktion und originärem Stamm, Mörrum und Em, müssen daher als die letzten potentiellen Erhaltungsräume des Ostseelachses betrachtet werden. Unter den dort noch zum großen Teil aus Naturproduktion stammenden Lachsen scheinen sich die M74-Verluste langsam zu stabilisieren. In Zukunft werden diese Populationen daher einem erhöhten Schutz unterliegen aber dennoch nicht - in Schweden geht Naturschutz und Fischerei öfter Hand in Hand als bei uns - der kontrollierten Angelfischerei entzogen werden.
Die Hauptgefährdung des Baltischen Lachses liegt eindeutig in der Ostsee selbst, wo auf den Lachs immer noch eine ungeregelte Fischerei von Fangbooten aller möglichen Länder betrieben wird, darunter auch die Fischerei mit denen zwischenzeitlich weltweit verpönten Treibnetzen. Es ist schon über die Zeit, für die Ostsee endlich zu einem Quotensystem zu kommen, wie wir es für den Nordatlantik schon seit Jahren kennen.
Die Brisanz der Lage ist den schwedischen Behörden und Institutionen durchaus bewußt und Gegenmaßnahmen - abgestimmt mit dem WWF, dem Sportfischer- und Naturschutzverband - sind angedacht:
- Schaffung eines "round table" zur Steuerung der Lachsbefischung auf der offenen Ostsee
- Einrichtung von netzlosen Schutzbereichen vor den Flußmündungen (die Pukaviks-Bucht vor der Mörrum ist nun bereits auf 5 km vor der Mündung geschützt)
- 5 Jahre genereller Fangstop auf den Lachs mit Ausnahme der Flußfischerei auf die relativ gesicherten Populationen Mörrum und Em
Ein durchaus mutiger Weg, der hier beschritten wird, aber wohl auch der einzig gangbare mit Zukunftsperspektiven.
Peter Olbrich 3/94

ARGE 1993

18.ARGE Tagung am 16.10.1993 in Sittensen
Es gab dort neben weiteren engeren Kontakten zu aktiven Wiedereinbürgerern in Norddeutschland interessante Beiträge:
Wandersalmoniden-Wiedereinbürgerung in Dänemark
F. Jensen vom Naturhistorischen Museum Arhus berichtete über die Grundlagen der Wiedereinbürgerung von Lachs und Meerforelle aus seinen Erfahrungen bei der überaus erfolgreichen Maßnahmen an der Gudenå in DK. Seine Hinweise waren besonders wichtig, weil die dänischen Verhältnisse mit denen des norddeutschen Tieflandes sehr ähnlich sind.
Salmoniden-Schlupfraten in der Sieg
G. Marmulla von der LA f. Fischerei NRW, Albaum, berichtete über positiv verlaufenen Schlupfversuche von Augenpunkteiern im natürlichen Kiessubstrat von Sieg, Bröl und Agger, allerdings ausgehend von in Vibert-Boxen eingebrachten Eiern im Augenpunktstadium (die unkritischste Phase der Eientwicklung). Schlupfraten von bis zu 96% wurden erzielt.
Praktische Wiederbelebung ehemaliger Laichareale
E. Brumund-Rüther von der ARGE stellte in Wort und Bild ehemalige Laichareale der Lachse in der oldenburgischen Geest vor und gab Ansätze zu einer Wiederbelebung mit einfachen Mitteln - ein sehr praxisnaher und dennoch nachhaltiger Beitrag, da so endlich einmal das Thema Naturvermehrung praktisch angepackt wird. Das ist zweifellos der Weg, der langfristig zu gehen ist.

ARGE 1992

ARGE Tagung am 26.9.1992 auf Gut Sunder
Tagung der ARGE Fischarten- und Gewässerschutz am 26.9.92 auf Gut Sunder des Deutschen Naturschutzringes (ehemals Deutscher Bund für Vogelschutz) Sprecherwahl
Nach berufsbedingtem Ausscheiden von Günther Brüning wurde Ede Brumund-Rüther, Pressesprecher des LFV Weser Ems, zum neuen Sprecher der Arbeitsgemeinschaft gewählt.
Zur Situation der Novellierungen des Küstenfischereirechts
Klaus Wege gab einen Überblick über die in Arbeit befindlichen Verordnungswerke.
Niedersachsen:
Hier steht die Küstenfischereiordnung kurz vor der Verabschiedung. Folgende Kernregelungen werden enthalten sein:
• Mindestmaß für Lachs 60 cm
• Mindestmaß für Meerforelle 40 cm
• die Regelungen für die Dimensionen der Fanggeräte, Netzweiten etc. werden sich an EG-Recht orientieren (EG-Verordnung "Technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände", deren Inhalt keiner der Anwesenden erhellen konnte)
• Es ist eine Erlaubnispflicht für Großfanggeräte vorgesehen und ein generelles Verbot von Kurren, Stellnetzen und Hamen für nichtgewerbliche Fischer. (hier war die Definition der nichtgewerblichen Fischerei noch nicht ganz klar, ist aber ganz wichtig wegen der Hobbyfischer)
• Eine Regelung des Befischungsdrucks soll durch Fischschonbezike, zeitliche Fangbeschränkungen und regionale Schonzeiten erfolgen.
Hamburg:
Hier ist die Novellierung der entsprechenden Verorbnung noch im Gespräch. Die Anglerschaft Hamburgs hat empfohlen, bei der Neuauflage den kompletten Absatz, der die "Nebenberufsfischer" betrifft und ihnen 18 Aalreusen, 2 Netze a 50m, 3 Langleinen mit bis zu 300 Haken und Senken zugesteht, ersatzlos zu streichen. Ob dieser Forderung soweit Nachdruck verliehen werden kann, daß sie Realität wird bleibt abzuwarten. Wichtig ist jedenfalls, daß der Ausbeutung der Lachse und Meerforellen im Elbstrom selbst ein Riegel vorgeschoben wird.
Schleswig-Holstein:
Hier existiert ein vorläufiger Entwurf der Küstenfischereiordnung, der im Verwaltungswege derzeit zu allen betroffenen Stellen läuft. Mit einer Inkraftsetzung ist nicht vor Mitte '93 zu rechnen.
Kernpunkte:
• Mindestmaß für Lachs 60 cm
• Mindestmaß für Meerforelle 40 cm
• keine Artenschonzeit für Lachs und Meerforelle
• Einrichtung von temporären Schonbezirken:          Nordsee: Krückau, Pinnau, Schlüttsiel, Holmsiel       Ostsee: Kremper Au, Lachsbach , Teile der Schlei dort ist in der Zeit von 10.10. bis 31.12. jegliche Fischerei (also auch mit Rute und Rolle) im Abstand von 100 m von der Küste untersagt
• Einrichtung einiger ganzjähriger Schonbezirke, z.B. Teile der Schlei
• Beschränkung der Maschenweite der Netze auf > 105mm
• die nicht gewerbliche Netzfischerei bleibt in der Nordsee weiter grundsätzlich zugelassen, wobei Gerätebeschränkungen erfolgen können In der Ostsee ist dafür zukünftig eine Einzelfall-Genehmigung erforderlich, deren Erteilung durch eine Durchführungsverordnung zu regeln ist (Die heiße Kartoffel wollte man jetzt wohl nicht anfassen).
• Zur Vermeidung gegenseitiger Störung wird ein Netzabstand von 10m !! als ausreichend angesehen. (kein Schreibfehler)
• Die Treibnetzfischerei wird trotz internationaler Ächtung noch in einem Paragraphen geregelt.
Diskussion mit Dr.Prausser, Deutscher Natzschutzring und Leiter von Gut Sundern, über die Perspektiven Naturschutz und Fischerei
Dr. Prausser machte kurz seine Position zum Naturschutz klar und stellte sich dann einer lebhaften Diskussion. Es war absolut überraschend, in ihm einen überzeugten Verfechter des anthropozentrischen Naturschutzes (Schaffung von Lebensräumen, die sich auch an den Bedürfnissen der dort lebenden Menschen orientieren) vorzufinden, während viele Diskussionsbeiträge plastisch deutlich machten, wie gegensätzlich sich die Dinge an der Basis abspielen, wo nicht selten den Fischereiberechtigten vom Vogelschutz das Wasser unter dem Hintern weggeschützt und letztendlich seiner Nutzung entzogen wird. Einzelverbände des DNR haben große Autonomie und die Meinung unter ihnen geht oft weit auseinander. Mit Leuten wie Dr. Prausser wäre von seiten der Fischerei eine gute Synthese mit dem Naturschutz zu schaffen, denn für ihn gehört die Fischerei zu den grundlegenden Lebensäußerungen und zum Kulturgut des Menschen und hat damit seinen berechtigten Platz in allen Naturschutz- und -gestaltungsmaßnahmen. Die Diskussion verlief äußerst positiv und auf einem für mich für die Anglerschaft vollkommen unbekanntem hohen Niveau. Die ARGE hat hier einen sehr guten und allseits förderungswürdigen Ansatz zum produktiven Dialog vollzogen.
Wiedereinbürgerungsrelevante neue Forschungsergebnisse zur Genetik und zum Verhalten des Lachses
Ede Brumund-Rüther faßte wichtige Ergebnisse zusammen:
• Rassen und Lokalpopulationen
Über die Ähnlichkeit von Enzymen sind die Verwandschaftsverhältnisse von Lachsen geprüft worden mit dem Resultat, daß Rasseneingrenzungen vorgenommen werden können in eine boreale und keltische Lachsrasse Die boreale Rasse beherrscht die nördlichen Teile der britischen Inseln. Ab einer Grenze um Südirland, Wales, Cornwall und schließt sich nach Süden die keltische Rasse an zu der wahrscheinlich auch die französischen und spanischen Bestände gehören.
Es ist wahrscheinlich, auch aufgrund der unorthodoxen Wanderrouten der Lachs in der Nordsee, daß die ehemalige Landverbindung zwischen England und Frankreich während der Eiszeit die Rassen entstehen ließ.
Es sind aber ebenso genetische Unterschiede zwischen Lokalpopulationen nachgewiesen worden, so daß der Abgrenzungsbegriff Rasse evtl. durch die Auswahl der untersuchten Enzyme beeinflußt ist. Wer will trennen, was eine Rasse und was eine Lokalpopulation ist?
Diese Erkenntnisse, so vage sie auch erst sind, sind für die Wiederbesiedlungsmaßnahmen am Rhein von größter Wichtigkeit. Ich werde mir umgehend die Originalliteratur besorgen, um mir ein eigenes Bild zu verschaffen.
• Rolle der Duftstoffe (Pheromone) bei der Wanderung
Aus einem neueren Buch der Pheromonforschung wurden Hinweise darauf referiert, daß die aufsteigenden Lachse die Laichareale ihrer eigenen Herkunft nicht an dem "Geruch" des Wassers erkennen, sondern an Duftstoffen, die die Parrs und Smolts ihrer Lokalpopulation kontinuierlich absetzen und die von der Strömung bis in die Flußmündungen vertragen werden. Trifft dieses zu, wäre jeder Wechsel des Besatzstammes über den Zeitraum des Verweilens einer Lachsgeneration im Süßwasser (je nach Gewässer zwischen 1-3 Jahre) im Rahmen der Wiedereinbürgerung fatal, da den Rückkehrern des alten Stammes die Orientierung zum Auffinden des Laichareals fehlen würde, da sie nicht auf die Pheromone der neuen heranwachsenden Population des neuen Stammes reagieren.
Auch für diese Zusammenhänge werde ich die Originalliteratur sichten, um ein komplettes Bild zu erhalten. Kurzberichte über die Besatzaktivitäten der einzelnen Initiativen im norddeutschen Raum
Oste:
Hier gibt es ein relativ gesichertes autochtones Meerforellen-Aufkommen, welches durch Besatz mit Nachkommen der heimischen Fische unterstützt wird.
Seit 1983 wird auch mit Lachsen eindeutiger und gleicher Herkunft aus Norwegen besetzt, was zu einer Rückkehrerquote von 69 Fischen in 1991 geführt hat.
Die Lachsvermehrung durch Rückkehrer hat man wegen des schwierigen Timings erst in den letzten Jahren in den Griff bekommen.
Die Oste besitzt keine nennenswerten Wanderungs-hindernisse, hat aber nur beschränkte Laichareale, welche durch den Bestand z.T. bereits übervölkert sind (2. Laichwelle zerstört Laichgruben der ersten). Als Ausnahmefisch des Jahres 1990 wurde ein Exemplar von 1,21m länge und 10,5kg genannt (Konditionsfaktor nahe 0,6 - ein Gerippe). Obere Ems:
Die oberer Ems wird seit 1978 mit 50000 bis 100000 Stück Lachsbrut besetzt, davon 40000 in geeignete Nebengewässer. Von der unteren Ems werden von Berufsfischer etliche Fänge gemeldet, in der oberen Ems gelang bisher kein einziger Fanf eines Rückkehers. Hier scheint ein Durchgängigkeitsproblem vorzuliegen, welches dringend einer Untersuchung bedarf.
Este Seit ca 30 Jahren wird der Bestand der Meerforellen mit ca. 50000 Stück Besatz unterstützt. Es besteht ein durchschnittliche Rückfangquote von ca. 35 Fischen darunter ein Exemplar (Rogner) von 93cm und knapp 10kg.
Seit 4 Jahren werden auch Lachse aus dem Vosso eingebracht - Rückkehrer sind bisher nicht erbeutet worden. Örtze:
In der Örtze wurde 1935 der letzte Lachs gefangen. Seit 1982 wird wieder Lachsbesatz getätigt beginnend mit 10000 bis heute 50000 Stück. Ein Teil des Besatzes erfolgt in die Böhme. Die Rückkehr besteht nur aus Einzel-exemplaren, die bis unter das unüberwindbare Weh von Wolthausen aufsteigen. Man vermutet, daß die Allerwehre an den Fischaufstiegsanlagen zu wenig Lockstömung haben und so den Einstieg nicht finden. Das Material stammt von schwedischen Säveån.
Kremper Au:
Seit 4 Jahren erfolgt ein Besatz mit 100000 Stück Lachsbach Meerforellenbrut aus der Farver Au.
Der Lachsbach, der ein autochtones Meerforellenvorkommen hat, wird nunmehr auch mit Lachsen besetzt. An einem E-Fangtag wurden in 1991 35 Meerforellen und 8 Lachse zur Nachzucht erbeutet.
Luhe:
Hat ein relativ gesichertes Meerforellen-aufkommen. Bei zwei Probefischen unterhalb der neu gestalteten Wehre Winsen und Luhdorf sind 1991 130 bzw. 106 Merforellen erbeutet worden! Seit 1981 auch Lachsbesatz mit 20000 bis 30000 Stück vom Lagån Stamm aus Norwegen.
Ilmenau:
Lachsbesatz seit 1980, nähere Umstände unbekannt
Schwinge:
Seit 1986 Nutzung des autochtonen Meerforellenbestandes (pro Jahr ca. 40 - 50 Fische) zue erbrütung in der Brutanlage an der Oste. 1988/89 tauchten auch Lachse auf. Danach an 1990 Aufzucht von 5000 Lachseiern pro Jahr. Hier ist mit Lachs aus dem Vosso begonnen worden und in den Folgejahren auf einen anderen umgestellt worden.
Wümme:
Jährlich werden hier etwa 20000 bis 40000 Meerforelleneier aufgelegt was bis in die zweite Hälfte der 80er Jahre in ca 50-70 gefangene Rückkehrer resultierte. Danach gingen die wiederfäng kontinuierlich zurück auf heutige Werte von 8-14 Stück Lachsbesatz derzeit 5000 Stück / Jahr Seeve:
Hier wird ein Restbestand am Meerforellen seit ca. 30 Jahren durch Nachzucht am Leben gehalten. Die Wiederfänge gehen aber in den letzten Jahren erheblich zurück (vermutete Gründe: starker Kanuverkehr, Flutwehr zu Elbe in Over) Der sinkende Bestand wirkt sich auf die Motivation der Bestzmaßnahmen aus, die auch immer mehr abnehmen. Lachse tauchen vereinzelt auf, werden jedoch gegenwärtig nicht besetzt Peter Olbrich 9/92

Symposium Gaggenau 2012

Die LMS war Gastgeber und lud Peter Gary aus Schottland ein, um dem interessierten Fachpublikum Auskunft über seine Zuchterfolge aufzuzeigen.
Peter Gray betreute 40 Jahre lang die Kielder Hatchery am River Tyne und er hat einen riesigen Erfahrungsschatz bei der Aufzucht und dem Besatz von Lachsen.
Durch den Ausbau der Wasserkraft, aber auch Umweltverschmutzung ging der Fang dort 1959 auf Null zurück. Um den Verlust der Laichplätze auszugleichen wurde die Kielder Aufzuchtstation gebaut. Dank der Arbeit von Peter hat der Fluss wieder einen massiven Auf- stieg und im Jahr 2011 wurden knapp 6000 Lachse dort gefangen.
Seit seiner Pensionierung arbeitet Peter als Berater und derzeit betreut er ein Wiedereinbürgerungsprojekt in den USA.
Darüber und über seine Arbeit an der Kielder Hatchery hielt er einen dreistündigen Vortrag . Im Anschluss daran bestand die Möglichkeit Fragen dazu und zu anderen Themen zu stellen.

Symposium Gaggenau 2008

Unimog Museum Gaggenau

Bestandsaufnahme und Aktionen zum Wiederaufbau von Lachsflüssen

Programm:

ab 9.00 Einlass Begrüssungskaffee
09.30-09.45 Kurt Pilchowski Eröffnung des Symposiums
09.45-10.15 Pavel Vrana Situation an der oberen Elbe und deren Zuflüsse
10.15-10.45 Matthias Pfeifer Situation an der mittleren Elbe und deren Zuflüsse
10.45-11.15 Jens Salva Situation im Weser/Ems System
11.15-11.45 Jörg Schneider Situation in Rheinland-Pfalz/Hessen
11.45-12.15 Erwin Staub Situation am Oberrhein/Schweiz
12.15-13.00 Pause Imbiss mit Getränken
13.00-13.15 Ingo Kramer Wanderfischprojekt Baden-Württemberg
13.15-13.45 Klaus Blasel Situation am Oberrhein/Deutschland
13.45-14.15 Gerd Brückel Situation am lokalen Rheinzufluss Murg
14.15-14.45 Frederic Schaeffer Situation am Oberrhein/Frankreich
14.45-15.00 Pause Kaffee und Kuchen
15.00-15.30 Franklin Moquette Situation in Holland/Überlebensrate von Smolts
im Meer
15.30-16.00 Gerard de Laak Transponderuntersuchungen im Rheinsystem
16.00-16.30 T. Ellidasson Bestandsverbesserung an isländischen Flüssen durch
Besatzmassnahmen
16.30-17.00 O. Vigfusson Massnahmen zum Wiederaufbau von Lachsflüssen

Symposium Salgen 2003

Salgen Symposium - Genetics and the Conservation of Atlantic Salmon
WESTPORT, Co. Mayo, NW-IRLAND 11. bis 15. Januar 2003 Dr. Jörg Schneider, BFS Büro für fischökologsiche Studien Schneider+Korte, Frankfurt am Main
Vom 11. - 15. Januar 2003 fand in Westport (Irland) das abschließende Salgen Symposium - Genetics and the Conservation of Atlantic Salmon mit etwa 65 Teilnehmern statt. Bei der Veranstaltung wurden diverse Fragen des genetischen und populationsökologischen Themenkomplexes behandelt, die auch für die Wiederansiedlungsprojekte in Rhein, Weser, Elbe und den norddeutschen Gewässern relevant sind
Der Teilnehmerkreis des Salgen Symposiums setzte sich aus den international führenden Genetikern, die mit Schwerpunkt die Genetik des Atlantischen Lachses und weiterer Salmoniden bearbeiten, sowie zahlreichen Projektmanagern zusammen. Das Salgen-Projekt ist von der EU finanziert und wird vom Atlantic Salmon Trust gefördert. Ziel ist eine umfangreiche Bestandsaufnahme bzw. ein Review genetischer Untersuchungen an Atlantischen Lachsen (Salmo salar). Mit der durchgeführten Bestandsaufnahme sollen die Kenntnisse der Populationsökologie, der Genetik und des Artenschutzes verknüpft werden und den "Anwendern", also den Populationsmanagern und Projektbetreuern, in verständlicher Form zur Verfügung gestellt werden, um Erhaltungs- und Wiedereinbürgerungsprogramme effektiver zu gestalten. Das Symposium diente dabei auch der Rückkopplung mit den "Praktikern", um damit die in Vorträgen zur Diskussion gestellten Forschungsergebnisse auf ihre Anwendbarkeit zu prüfen und ggf. weiterführende Anregungen hinsichtlich des aktuellen Forschungsbedarfs aufzunehmen. Das Projekt wird in 2003/2004 mit der Herausgabe eines Buches und einer Broschüre abgeschlossen. Bis dahin werden die im Rahmen des Symposiums erarbeiteten Stellungnahmen und sonstigen Anregungen aufgearbeitet. Im Rahmen des Symposiums wurden auch Aspekte der Wiederansiedlung des Lachses und der damit verknüpften Problematik der Kriterien potentiell geeigneter Herkünfte für Besatzzwecke behandelt. Ein weiterer Diskussionspunkt war die Verfahrensweise der künstlichen Vermehrung bei Rückkehrern unterschiedlicher Herkunft (Kreuzen oder herkunftsreine Linien erhalten) sowie die Frage genetischer Komponenten (Laichzeit, Migration). Hierzu zählt auch die Problematik, mit kleinen Anfangsbeständen unter Vermeidung von genetischen bottle-neck- Effekten eine Gründerpopulation aufzubauen. Die wichtigsten für die hiesigen anhängigen Projekte relevanten Ergebnisse des Symposiums sind im folgenden Kurzbericht zusammengefasst. Hierin sind auch die Fragen und Ergebnisse eingearbeitet, die im Rahmen der diversen Diskussionen in den und um die work-shops behandelt wurden. Die Zusammenfassung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, und sie gibt einen auch aus vielen persönlichen Gesprächen entstandenen subjektiven Eindruck wieder. Dennoch soll versucht werden, den gegenwärtigen Diskussions- und Kenntnisstand hinsichtlich der spezifischen Fragestellungen bei Wiedereinbürgerungsprojekten möglichst objektiv wiederzugeben. Es sei vorausgeschickt, dass im Rahmen des Symposiums viele Fragen offen geblieben sind, weil noch keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen, die genetischen Untersuchungsmethoden noch nicht ausgereift sind - und vielleicht auch, weil einige spezifische Fragen relativ neu sind und sie noch niemand an die Genetiker herangetragen hat.
Genetische Variabilität drückt aus, dass der Population ein ausreichend großer Genpool zur Verfügung steht, in dem auch seltenere Erbanlagen vertreten sind. Mit einer hohen genetischen Variabilität wächst die Fähigkeit der Adaption an wechselnde Umweltbedingungen und damit die Überlebenschance einer Population. Ein Mangel an genetischer Variabilität blockiert die Chancen für die Evolution (a lack of genetic variation blocks chances for evolution... NIELSEN). Unter Evolution ist die fortwährende Anpassung (durch Mutation, Selektion) der Population an sich verändernde biotische und abiotische Umweltbedingungen zu verstehen. Anpassungsprozesse vollziehen sich hierbei nicht am Einzelindividuum, sondern von Generation zu Generation. Dabei wirken sich also im Rahmen der Selektion die Anpassungsnotwendigkeiten und Umweltbedingungen auf die Überlebenschance des Einzelindividuums aus - und dessen Reproduktionserfolg determiniert die Anpassung der Nachkommen (yesterdays environment dictates tomorrows adaptations... GARCIA DE LEANIZ). Inzucht-Effekte (in-breeding) treten auf, wenn die effektive Populationsgröße zu gering wird (vgl. unten); dabei nimmt die Fähigkeit zur Adaption ab. Inzucht tritt vor allem bei geringer Populationsgröße auf. Einerseits ist die Wahrscheinlichkeit für Paarungen zwischen verwandten Individuen erhöht. Das gilt vor allem, wenn der Populationsumfang über mehrere Generationen gering bleibt. Außerdem gewinnen Zufallseffekte an Bedeutung, so dass sich Allelfrequenzen in der Folgegeneration in nicht vorhersehbarer Weise ändern können. Hierbei gehen seltene Allele, die nur bei einem geringen Teil der Population vorliegen, der Gesamtpopulation verloren (genetische Drift) oder sind plötzlich überrepräsentiert. Inzucht kann deshalb genetisch festgestellt werden. Normalerweise ist die genetische Komposition (genetic composition) zwischen den Jahrgängen nahezu gleich. Signifikante Änderungen der genetischen Komposition zwischen Jahrgängen sind ein Indiz für Inzuchtprozesse. Typische Formen von Inzucht-Depression sind geringere Fruchtbarkeit (Fertilität), geringere Überlebensraten und geringere Fitness. Streuner, die zur Reproduktion beitragen und eine entsprechend vorteilhafte genetische Ausstattung mitbringen, können Inzuchteffekte abdämpfen, indem sie die effektive Populationsgröße erhöhen (siehe unten). Mit dem Begriff out-breeding werden gegenteilige Effekte beschrieben, die aber ebenfalls zu Verlusten der Adaptionsfähigkeit führen. Out-breeding entsteht, wenn nicht angepasste Individuen sich in einer an die spezifischen Umweltbedingungen angepassten Population erfolgreich an der Reproduktion beteiligen (oder bei künstlicher Vermehrung eingekreuzt werden). Dadurch wird die genetische Ausstattung der autochthonen Population verändert. Da autochthone Bestände über evolutive Prozesse spezifische Anpassungsprozesse durchgemacht haben, ist die von Fremdherkünften eingetragene genetische Komposition selten vorteilhaft für die Population und wird entsprechend durch Selektion nach einigen Generationen herausfallen. Ob es zu out-breeding Effekten kommt, hängt entscheidend von den vorliegenden Größenordnungen und vom Reproduktionserfolg der allochthonen Tiere ab. Erhöhte Streunerraten (z.B. auch durch Farmlachse) haben in stabilen größeren Populationen aus populationsgenetischer Sicht keinen oder nur geringen negativen Einfluss. Kleine instabile Bestände sind gegenüber dem Einfluss fremden genetischen Materials hingegen deutlich gefährdeter. Inzucht und out-breeding sind schleichende Prozesse, die sich u.U. erst mehrere Generationen nach ihrem Wirken in erhöhten Mortalitätsraten oder verringertem Reproduktionserfolg niederschlagen. Ein Unterschreiten der minimalen effektiven Populationsgröße (siehe unten) kann wegen der auftretenden Inzuchteffekte - ggf. trotz zwischenzeitlicher Bestandserholung - erst mehrere Generationen später zum Bestandszusammenbruch führen. Gleiches gilt für out-breeding Effekte.
Die Populationsgröße und die genetische Variabilität sind bei Anpassungsprozessen die entscheidenden Faktoren. Je geringer die Populationsgröße, desto eher treten Defizite in der genetischen Variabilität auf.
Dabei ist zu beachten, dass die Zahl der erfolgreich reproduzierenden Individuen im Rahmen der Naturvermehrung grundsätzlich erheblich kleiner ist als die Zahl der Rückkehrer und somit die Anzahl der rückkehrenden Laichfische nicht mit der Populationsgröße im genetischen Sinn gleichgesetzt werden kann. Die "genetisch effektive Populationsgröße" Ne gibt an, wie viele Individuen des Gesamtbestandes Nc (census population size) tatsächlich an der Reproduktion und damit an der Weitergabe der genetischen Ausstattung beteiligt sind.
Bei vielen Tierpopulationen beträgt Ne nur 10% von Nc. Ähnliche Anteile werden auch für Lachspopulationen vermutet, wobei hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht.
Als kritischer Wert gilt für kurze Zeiträume eine effektive Populationsgröße von Ne = 50 bis 100 Tieren (50 % Rogner, 50 % Milchner). Sinkt die Populationsgröße unter den kritischen Wert, werden Inzuchteffekte wahrscheinlich. Auf einen längeren Zeitraum bezogen ist eine effektive Populationsgröße von Nc= 500 Tieren notwendig. Treten Fluktuationen in der Populationsgröße auf, ist die geringste Bestandsgröße als effektive Populationsgröße anzusetzen. Bei unausgeglichenem Geschlechtsverhältnis bildet die anteilsschwächere Gruppe (üblicherweise die Rogner, siehe unten) den limitierenden Faktor. Da sich die Reproduktion einer Generation über einen Zeitraum von 3-5 Jahren erstreckt, sind rechnerisch 100 - 167 "effektive Elterfische" pro Jahr für eine stabile Population von Ne = 500 Tieren notwendig.
Ein Ne von 10% des Nc würde bedeuten, dass ein Bestand von weniger als 5000 Rückkehrern in drei bis fünf Jahren (Nc <1000-1667/Jahr) auf Dauer nicht überlebensfähig sein kann. Die Existenz diverser deutlich kleinerer Populationen zeigt jedoch, dass die Art hier flexibler sein könnte, als erwartet. Allerdings weisen die Genetiker darauf hin, dass mit der sinkenden Populationsgröße die Fragilität des Bestandes wächst bzw. die Anpassungsfähigkeit der Population eingeschränkt wird und ihre evolutiven Möglichkeiten sinken.
Die voraussichtlich hohe Diskrepanz zwischen Ne und Nc kann mehrere Ursachen haben: Wichtige Faktoren sind, dass sich nicht alle Rückkehrer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort einfinden (timing, siehe unten), dass das Geschlechterverhältnis ungleich ist, dass nicht alle Rückkehrer gleich fruchtbar sind, dass nicht alle Rückkehrer (hier vor allem subdominante anadrome Männchen) erfolgreich an der Reproduktion teilnehmen (soziale Struktur, Schwächung, Besamung von Eiern erst nach der Besamung durch dominanten Milchner) und nicht alle Tiere bis zum Laichakt überleben (z.B. durch Krankheiten, Verletzungen, Prädation, Fang). Auch haben einige Tiere aufgrund ihrer sozialen Dominanz (Männchen) oder ihres Körpergewichts (bedingt die Eizahl bei Rognern) einen höheren Reproduktionserfolg als andere.
Aber nicht nur die anadromen Rückkehrer sind für die Populationsgröße relevant. Frühreife Männchen sind in vielen Gewässern sehr zahlreich vertreten und sie können sich außerordentlich effektiv an der Reproduktion beteiligen. Hierzu nutzen sie ihre geringe Körpergröße aus. Von den großen anadromen (dominanten) Milchnern werden sie beim Laichakt schlecht wahrgenommen und da sie erst im letzten Augenblick des Laichaktes aus der Deckung in die Laichgrube einfallen und ihre Spermien blitzschnell abgeben, sind sie auch kaum abzuwehren. Die Spermienzahl der frühreifen Männchen ist im Vergleich zum Körpergewicht höher als bei den anadromen Männchen. Auch sind die Spermien mobiler und langlebiger als bei den meist älteren adulten Rückkehrern. Genetische Untersuchungen an Brütlingen haben ergeben, dass bis zu 100% der Eier eines Geleges durch frühreife Männchen besamt werden können. Für einzelne frühreife Tiere sind Befruchtungsraten bis 50% festgestellt worden. Je höher der Anteil frühreifer Männchen am Laichplatz, desto geringer ist zwar ihr individueller Reproduktionserfolg, aber umso höher der Gesamterfolg der Frühreifen gegenüber den anadromen Männchen. Mit dem Auftreten der frühreifen Parrs erhöht sich also die effektive Populationsgröße - insbesondere dann, wenn wenig anadrome Männchen an der Reproduktion beteiligt sind. Es ist sogar anzunehmen, dass diverse kleine Populationen ohne die Beteiligung frühreifer Männchen am Reproduktionsprozess letztlich nicht lebensfähig sein würden.
Ein hoher Anteil frühreifer Männchen am reproduktiven Bestand trägt aber nur bedingt zur Erhöhung der effektiven Populationsgröße bei. Liegt ein Missverhältnis in der Geschlechterverteilung vor, kann die effektive Populationsgröße mit der Formel

 
4NmNf
Ne =
----------
 
Nm + Nf
(m = Männchen; f = Weibchen)
ausgedrückt werden. Bei 90 Milchnern und 10 Rognern läge hier die Gesamtzahl reproduzierender Individuen zwar bei 100, die effektive Populationsgröße Ne entspräche jedoch nur 36 Tieren. 1 Rogner und eine sehr hohe Anzahl Milchner ergäben eine Populationsgröße Ne von etwa 4.
Einen messbar geringeren Einfluss auf die effektive Populationsgröße haben Farmfische (hatchery fish), wie sie beispielsweise in Sea-Ranching-Projekten, Elterntierhaltungen und natürlich auch im Speisefischproduktionssektor anfallen. Ursächlich ist ein geringerer Reproduktionserfolg. Die Effekte treten sehr rasch, das heißt bereits nach wenigen Generationen auf. Allerdings lassen sich die negativen Effekte abmildern, wenn ein entsprechendes Management in der Aufzucht vorliegt (Einkreuzen von Wildfischen, keine F3 - Generation usw.).
Zur Erhöhung der Variabilität in Lachspopulationen trägt die hohe Zahl wechselnder Partner bei. Bis zu 18 verschiedene Geschlechtspartner sind für anadrome Fische festgestellt worden. Hinzu kommen frühreife Männchen, die die Zahl der Partner eines Rogners nochmals deutlich erhöhen können. In vielen Gelegen erreichen Nachkommen frühreifer Männchen Anteile von 40-50%.
Ein weiterer wichtiger Faktor sind Streuner. Ihr Einfluss bzw. ihr reproduktiver Erfolg auf der Populationsebene ist umso höher, je geringer die Populationsgröße und je geringer die genetische Distanz zur autochthonen Population ist. Hinsichtlich der effektiven Populationsgröße sind also nur "effektive Streuner" (effektive strayers) relevant. Streunerraten variieren erheblich und viele Streuner sind ausgebrochene Farmlachse. Das Problem streunender Farmlachse sind die Hybrid-Nachkommen; deren Fitness ist um 15-30% geringer als bei Nachkommen von Wildfischen. Dieser Effekt dauert etwa drei bis vier Generationen an.
Von Bedeutung für die effektive Populationsgröße Ne sind auch genetisch determinierte zeitliche Aspekte des Reproduktionsverhaltens (spawning time). Hier wurde die These, dass die genetisch festgelegte Laichzeit eine herausragende Position bei der Stammauswahl darstellen sollte, bestätigt. Gerade in kleinen Gründerpopulationen fallen Misserfolge eines Teils der Rückkehrer bei der Reproduktion bzw. der Ei- und Larvalentwicklung besonders ins Gewicht, weil hierdurch die effektive Zahl der Laichfische eingeschränkt wird. In solchen Fällen wäre die Ne also geringer als bei zeitlich optimal laichenden Herkünften. Durch mangelhafte Übereinstimmung der Laichzeit (lack of timing) innerhalb der Gründerpopulation kann die effektive Populationsgröße ebenfalls sinken, weil sich laichreife Tiere außerhalb des Zeitfensters am Laichplatz einfinden. Dies könnte insbesondere bei der Entscheidung für oder gegen Mischbesatz (verschiedene Herkünfte) bzw. beim Kreuzen von Herkünften aus verschiedenen Klimagebieten (mit verschiedenen Laichzeiten) zu beachten sein.
Für die künstliche Vermehrung und Elterntierhaltung ergeben sich hinsichtlich Größe des Laichfischbestandes entsprechend wichtige Anregungen und Empfehlungen aus der Diskussion um effektive Populationsgrößen und Inzuchtprobleme. Auch in der Nachzucht ist Nc nicht gleich Ne, denn auch hier gilt, dass nicht alle Tiere (insbesondere Milchner) fruchtbar sind. Auch gibt es bei Milchnern teils erhebliche Unterschiede in der Fruchtbarkeit. Um auszuschließen, dass einzelne Milchner überrepräsentativ in der Befruchtung vertreten sind (womit die Ne verringert würde), darf das Sperma beim Abstreifen nicht gemischt (gepoolt) werden. Vielmehr sollte jede Eicharge nur mit der Milch eines einzelnen Männchens besamt werden, auch wenn die Gefahr besteht, eine schlecht befruchtete Eicharge verwerfen zu müssen. Um möglichst "naturnahe" Verhältnisse und eine weitere Erhöhung der Variabilität zu erreichen, empfiehlt sich ausdrücklich auch die Verwendung frühreifer Männchen. Der Laichfischbestand sollte mindestens 50 Rogner und 50 Milchner umfassen. Geringere Individuenzahlen sollten nur vorübergehend toleriert werden. Dabei kann eine Elterntierhaltung auch vorübergehend auf wesentlich geringerem Niveau aufgebaut werden (Verwendung erster Rückkehrer bzw. Nachkommen erster Rückkehrer), wenn es im Projektverlauf weitere Einkreuzungen gibt und die erzeugten Besatzfische nur einen moderaten Teil der Generation im Gewässer ausmachen (weitere Quellen für Besatzfische vorhanden und / oder hohe Anteile Naturvermehrung).
Hinweis: In der durchaus kontroversen Diskussion zur Problematik "minimale und effektive Populationsgröße" wurden diverse Beispiele für sehr kleine Gründerpopulationen vorgebracht, die nach Verfrachtung erfolgreich neue Lebensräume besiedelt haben. So dürfte der Karpfen nur in wenigen Einzelexemplaren nach Europa gekommen sein. Auch die Einbürgerung von pazifischen Chinook-Lachsen nach Neuseeland vor 100 Jahren fand mit einem einzigen, kleinen Ausgangsbestand statt. Mittlerweile haben sich hier zwei genetisch unterscheidbare, lebensfähige Populationen herausgebildet. Die Kröte Bufo marinus wurde 1935 in wenigen Exemplaren von Hawaii nach Australien eingeführt und hat mittlerweile den größten Teil des Nord-Ostens des Kontinentes besiedelt und sich zur Plage entwickelt. Diese positiven Beispiele unterstreichen die Unwägbarkeiten im "Minimale-Populationsgrößen-Konzept". Unbekannt ist jedoch, wie viele Einbürgerungen fehl geschlagen sind, eben weil die Größe der Gründerpopulation in der neuen Umgebung zu gering war.
Im Rahmen des Symposiums wurde deutlich, dass die Anforderungen und Problemstellungen für die Projektmanager und Genetiker stark von der spezifischen Aufgabe abhängig sind. Ein Projektmanager, der einen stark dezimierten Bestand stützen und wieder aufbauen soll, und ein Genetiker, der dieser Bestandsstützung wissenschaftlich zur Seite steht, haben substanziell andere Bewertungsansätze und Strategien als ein Projektmanager, der vor der Aufgabe steht, einen seit vielen Jahrzehnten ausgestorbenen Lachsbestand mit fremden Herkünften wiederaufzubauen. Es ist also zunächst einmal grundsätzlich zwischen der Wiedereinbürgerung (restoration, re-introduction), definiert als "kein Ausgangsmaterial mehr vorhanden", der aktiven Bestandsstützung einer (kleinen) Restpopulation durch supplementären Besatz (rehabilitation, mitigation) und der Bestandsverbesserung (conservation), also der Entwicklung von Schutzmaßnahmen zu unterscheiden. Daneben existieren noch Ranching-Projekte zur Produktion von Rückkehrern zur fischereilichen Nutzung (enhancement). Während Maßnahmen zur Bestandsverbesserung indirekt sind, der nachhaltigen Entwicklung dienen und insbesondere auf Veränderungen in den Gefährdungsursachen abzielen (Habitatmaßnahmen, Fangregelungen, usw.), schließen die Wiedereinbürgerung und die Bestandsstützung neben den indirekten Maßnahmen direkte Besatzmaßnahmen ein. Besatz bedeutet jedoch immer auch einen mehr oder weniger großen Eingriff in populationsgenetische Strukturen. Durch gezielten Besatz kann die genetische Variabilität und damit die Überlebenschance einer Restpopulation gesteigert werden, aber auch das Gegenteil erreicht werden (out-breeding Effekte); eine vom Projektmanager ausgewählte Startpopulation im Rahmen der Wiedereinbürgerung kann im Sinne ihrer genetischen Disposition über mehr oder weniger große Chancen einer erfolgreichen Einnischung in das neue Heimatgewässer verfügen usw..
Für den mit der Bestandsstützung betrauten Projektmanager stellt sich zunächst die Frage der kleinsten tolerierbaren Populationsgröße, d.h. wann kann der dezimierte Restbestand wegen der steigenden Inzuchtgefahr nicht mehr aus sich selbst heraus über Nachzuchten gestützt werden und wann ist die kritische Populationsgröße erreicht, ab der über den supplementären Besatz mit "benachbarten", also genetisch nahe stehenden Stämmen nachgedacht werden muss. Unter dem Gesichtspunkt, dass noch "heimisches Ausgangsmaterial" zur Verfügung steht, besteht zunächst einmal das Risiko, durch Besatz mit ungeeigneten (nicht adaptierten) Fremdherkünften die fragile Restpopulation endgültig in ihrer genetischen Ausstattung bzw. Fitness so zu schwächen, dass der Bestand zusammenbricht - und so alles zu verlieren. Denkbar ist auch das umgekehrte Szenario: der Projektmanager wartet zu lange mit seiner Entscheidung, von außen zusätzliches genetisches Material einzubringen und die kleine Restpopulation bricht aufgrund von Inzuchtprozessen unaufhaltsam zusammen. Sicher ist, dass das Einkreuzen oder Einbringen fremder Herkünfte in (zahlenmäßig geschwächte) adaptierte autochthone Bestände ein hohes out-breeding Risiko bedeutet. Meist habe diese Fremdherkünfte auch ein eingeschränktes Reproduktionspotential. Sogar direkte Nachbarpopulationen, so wurde am Beispiel zweier Flüsse an Irlands Westküste gezeigt, können nach Transfer in das Nachbargewässer einen deutlich geringeren Reproduktionserfolg (50%) aufweisen als die adaptierte autochthone Population. Als prioritäre Fragen im Rahmen der Bestandstützung gelten also:
• Wann ist eine Population zu klein, um noch ohne supplementäre Besatzmaßnahmen überlebensfähig zu sein?
• Welche Möglichkeiten bestehen außerhalb von Besatzmaßnahmen mit autochthonen und allochthonen Fischen auf der Managementebene noch (Habitatverbesserungen, Befischungsbeschränkungen, Parasitenbekämpfung usw.)
• Welche Herkunft eignet sich für das Einkreuzen in die bestehende autochthone Restpopulation?
Zunächst erscheinen diese Problemstellungen der Bestandsstützung für kaum ein deutsches Lachswiederansiedlungsgewässer relevant. Jedoch häufen sich auch in Deutschland die Hinweise auf zunehmende Naturvermehrung (u.a. Elbzuflüsse in Sachsen, Saynbach in Rheinland-Pfalz) bzw. es werden kleine reproduktive Bestände entdeckt (siehe Delme und Oste in Norddeutschland). Folglich werden in Kürze auch hier entsprechende Entscheidungen zu treffen sein: Wie verfahre ich mit meinen Besatzgewässern? Wann stelle ich den Besatz ein? Ist die Bestandsgröße (die Individuenzahl der Rückkehrer) bzw. die effektive Populationsgröße ausreichend, um lebensfähig zu sein? Basiert die neue Population auf genügend Elternfischen (ausreichende genetische Variabilität) oder war die Individuenzahl der Gründergeneration zu klein? Ist mein Elterntierbestand in der Nachzucht groß genug? Welche Bestände bilden Reproduktionseinheiten bzw. Teilpopulationen? Besteht mit benachbarten Beständen ein genetischer Austausch durch Streuner (wodurch sich die effektive Populationsgröße erhöhen würde)? Bilden Rückkehrer von Besatzfischen, die in Gewässern mit bereits bestehenden (kleinen) reproduktiven Beständen eingesetzt wurden, gar eine Gefährdung des "autochthonen" Bestandes durch out-breeding-Effekte?
Einem Wiedereinbürgerungsprojekt müssen Untersuchungen mit folgenden Fragestellungen vorangestellt werden: Ist die Ursprungspopulation tatsächlich völlig erloschen? Gibt es genetisch auswertbare Proben (Gewebe, Schuppen), um die historische Population zu beschreiben und genetisch mit potentiellen Spenderpopulationen zu vergleichen? Dauern die Ursachen, die zum Erlöschen der Ursprungspopulation geführt haben, noch an? Sind die Ursachen des Bestandszusammenbruchs beseitigt oder entscheidend abgemildert und es liegt keine Ursprungspopulation mehr vor, stellen sich die für Wiedereinbürgerungsprojekte relevanten Fragen nach der Herkunft und Eignung des Besatzmaterials. Als prioritäre Fragen zu Beginn der Wiedereinbürgerung gelten also:
• Welche Herkunft eignet sich am ehesten als Spenderpopulation?
• Ist die Verwendung mehrerer Herkünfte sinnvoll?
• Welche Herkünfte lassen sich miteinander kreuzen?
Bestehen Nachbarpopulationen, die sich für Besatzmaßnahmen heranziehen lassen, sind diese Herkünfte jeder anderen Herkunft vorzuziehen.
Insbesondere die Frage der Verwendung mehrerer Herkünfte sowie der "Kompatibilität" verschiedener Herkünfte bei natürlicher und künstlicher Vermehrung konnte nicht abschließend beurteilt werden. Eine Mehrzahl der Genetiker lehnt die Mischung verschiedener Herkünfte in der künstlichen Vermehrung ab, so lange die Herkünfte nicht identifiziert werden können und die Entwicklung der Nachkommen nicht über kontrollierte Bedingungen, wie Markierungen und Wiederfänge, einem Monitoring unterzogen werden. Eine Minderheit misst den Rückkehrern, die ja einen im neuen Gewässer erfolgreichen Teil der Besatzcharge ausmachen, einen so hohen Stellenwert zu, dass sie es für zweitrangig halten, welcher Ursprungsherkunft die Tiere zuzuordnen sind. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die vorangegangenen Selektionsprozesse sehr unterschiedlich sein können. Ein aus Naturvermehrung stammender Rückkehrer hat gegenüber einem als Brütling besetzten Rückkehrer einen deutlich größeren Selektionsdruck im neuen Heimatgewässer erfahren. Praktisch keinen Selektionsdruck im Süßwasser erfahren als Smolt besetzte Fische. So ist hier eine deutlich bessere Differenzierung notwendig - Rückkehrer sind in ihrer "Qualität" im Sinne erfolgter Anpassungsprozesse nicht gleichzusetzen.
Grundsätzlich gilt, dass die "Kompatibilität" genetisch nahe stehender Herkünfte höher sein sollte als bei genetisch entfernteren Herkünften. Genetische Distanz wächst mit geographischer Distanz. Was das für die Praxis bedeutet, ist unklar. Kommt es zwischen zwei Fremdherkünften im neue Gewässer auch zu out-breeding Effekten? Wie ist das Risiko einzuschätzen? Die Mehrzahl der Genetiker will negative Konsequenzen bei der Mischung stark unterschiedlicher Herkünfte in der Einnischung in neue Gewässer nicht ausschließen oder hält sie sogar für sehr wahrscheinlich (z.B. NIELSEN, CONSUEGRA, VERSPOOR). Die Bandbreite der Ansichten reicht hier von "mische nicht amerikanische, europäische und baltische Herkünfte, aber innerhalb der Formenkreise sollten wenig Probleme auftreten" bis zu "mische keine Herkünfte, die aus verschiedenen Flüssen stammen, da es sich hier um angepasste und aufeinander abgestimmte Fortpflanzungseinheiten handelt". Als Konzession an die praktischen Möglichkeiten kann vielleicht die Empfehlung an den Projektmanager formuliert werden, eine gewisse "Kompatibilität" für Herkünfte aus Einzugsgebieten oder Regionen anzunehmen. Danach könnte man unter Vorbehalt südwest-schwedische Herkünfte miteinander kreuzen. Gleiches mag für west-irische Stämme oder die Herkünfte Allier und Dordogne gelten. Kreuzungen bzw. Mischbesatz zwischen westfranzösischen (z.B. Allier), irischen, schottischen oder skandinavischen Herkünften stellen hingegen ein erhöhtes Risiko dar. Negative Effekte können in der Fitness der Folgegeneration auftreten, aber auch erst nach mehreren Generationen (z.B. mangelnder Reproduktionserfolg, höhere Mortalitätsraten usw.).
Die Frage, welche Eignungskriterien bei Wiedereinbürgerungs- und Bestandsstützungsprojekten für die Herkünfte aus "Spenderpopulationen" gelten, konnte nicht abschließend beantwortet werden. Einige Empfehlungen dürften als Konsens betrachtet werden, andere Empfehlungen sind Einzelmeinungen. Dabei war spürbar, dass sich die Problematik der Herkunftsauswahl außerhalb der Wiedereinbürgerungsprojekte an den großen Systemen Rhein, Weser und Elbe sowie in Norddeutschland kaum stellt, weil in den meisten Regionen geographisch nahe Populationen für eine Bestandsstützung oder Restoration zur Verfügung stehen.
Folgende "Empfehlungen" sind völlig unstrittig:
• Die großen genetischen Unterschiede zwischen den amerikanischen, europäischen (hier u.a. Chromosomenzahl) und baltischen Rassen / Metapopulationen weisen auf eine lange räumliche Trennung hin. Eine Vermischung (beabsichtigt durch Besatz, unbeabsichtigt durch streunende Zuchtlachse) dieser genetisch differierenden Formen ist strikt zu vermeiden.
• Es gibt starke klimatische Anpassungen, die dazu führen, dass u.a. Wanderzeit (run timing), Laichzeit (spawning time) und physiologische Leistungen (Stoffwechsel, Wachstum) auf die spezifischen Verhältnisse des Heimatgewässers abgestimmt sind. Einem Transfer von Herkünften zwischen stark abweichenden Klimazonen wird allgemein sehr wenig Aussicht auf Erfolg eingeräumt. Der genetisch fixierten Laichzeit kommt besondere Bedeutung zu; bei Abweichungen zwischen Spender- und Empfängergewässer sinken die Chancen einer erfolgreichen Naturvermehrung.
Folgende "Empfehlungen" wurden häufig bzw. von den meisten Diskussionsteilnehmern ausgesprochen, sind aber auf Einwände gestoßen:
• Da die genetische Distanz zwischen Populationen der geographischen Distanz annähernd entspricht und die klimatischen Gegebenheiten häufig (aber nicht immer!) regional ähnlich sind, ist es grundsätzlich angeraten, die geographisch nächstgelegene Population als Spenderpopulation zu verwenden. Einwand: Dies gilt im regionalen Zusammenhang zweifellos. Bei großen Entfernungen zu den nächsten potentiellen Spenderpopulationen erscheint die Empfehlung zu starr. Beispielsweise könnten die klimatischen Verhältnisse eines 1000 km entfernten Spendergewässers dem Empfängergewässer mehr ähneln als die klimatischen Verhältnisse in einem nur 500 km entfernten Gewässer. Damit hätte dieses Kriterium nur sekundäre Bedeutung.
• Wenn für die ausgestorbene Population bekannt ist, dass der MSW Anteil hoch war, sollte die Spenderpopulation ebenfalls einen hohen MSW-Anteil aufweisen. Der zeitliche Rahmen des Aufenthalts im Meer besitzt eine starke genetische Komponente und die Anteilsstärke der MSW-Fische weist weltweit einen rückläufigen Trend auf. Es ist folglich wahrscheinlicher, dass sich eine Verschiebung zu höheren Grilseanteilen ergibt, als dass sich aus einem Spenderstamm mit hohen Grilseanteilen ein gemischter Grilse/MSW-Stamm mit hohen MSW-Anteilen entwickelt. Die historischen Belege und Daten zu Lachspopulationen großer mitteleuropäischer Ströme (Rhein, Weser, Elbe) weisen in der Tat hohe Anteile mehrseewinteriger Lachse auf. In der Sieg (Rheinsystem) war der Grilseanteil jedoch höher als im Oberrhein. Einwand: Unklar ist die biologische Bedeutung des Grilse/MSW-Anteils für die Population bzw. die Chancen einer Anpassung. Ein Beleg für die Untauglichkeit von eingeführten Grilse-Stämmen in ursprünglich MSW-Fisch-dominierten Gewässern steht noch aus.
Folgendes Kriterium wurden in Diskussionen vorgebracht, erreichte jedoch wegen substantieller Einwände nicht den Charakter einer "Empfehlung":
• Anpassung an die Länge des Herkunftsgewässers. Hier wird im Zusammenhang mit Wiedereinbürgerungsversuchen in langen Flußsystemen wie Rhein, Elbe, Weser u.a. die Annahme zum Ausdruck gebracht, dass Herkünfte kurzer Gewässersysteme aufgrund der stark divergierenden Migrationsdistanz elementare Nachteile aufweisen. Hier wurde zur Kenntnis genommen, dass der bisherige Erfolg mit dem in einem sehr kurzen Gewässer beheimateten Stamm Lagan (Schweden) in Rhein (Rheinland-Pfalz) und Elbe (Sachsen) die grundsätzliche Möglichkeit belegt, dass unter solchen Verhältnissen hohe Rückkehrerraten erreicht werden können. Auch die an der Kontroll- und Fangstation Buisdorf an der Sieg dokumentierten hohen Rückkehrerraten für dieses Gewässersystem bieten - unter der Einschränkung, dass hier noch nicht nach Herkünften unterschieden werden konnte - einen ersten Einblick. Da in NRW in erheblichem Umfang irisches Besatzmaterial (kurze Herkunftsgewässer) verwendet wird und in Rheinland-Pfalz ebenfalls hauptsächlich Lagan besetzt wurde, liegt auch hier nahe, dass die Länge des Herkunftsgewässers eher von untergeordneter Bedeutung ist. Da die Anzahl der Rückkehrer einer Generation positiv mit der Anzahl der Smolts korreliert, muss in beiden Fällen davon ausgegangen werden, dass auch im Smoltstadium keine wesentlichen negativen Effekte bestanden (z.B. timing der Umstellung der Osmoregulation).

Die Standortbestimmung im Rahmen des Salgen-Symposiums hat offen gelegt, dass insbesondere für Wiedereinbürgerungsprojekte diverse Fragen noch unbeantwortet bleiben müssen. Allgemein wird empfohlen, die wichtigsten Aufgaben wie die Entwicklung von Kriterien zur Auswahl geeigneter Herkünfte und zur "Kompatibilität" unterschiedlicher Herkünfte (inkl. Verfahrensweise in der Zucht) mittels so genannter common-garden-Experimente zu lösen. Hierunter ist der kontrollierte Besatz mit markierten Lachsen, die unter gleichen Bedingungen gegeneinander verglichen werden, zu verstehen. Begleitend sollten diese Experimente mit effektiven Monitoring-Einrichtungen (Erfassung der Rückkehrerraten an Kontroll- und Fangstationen) sowie genetischen Untersuchungen (z.B. zum Reproduktionserfolg) verknüpft werden. Aber auch der Vergleich von Besatzerfolgen zwischen Gewässern mit sortenreiner Besatzgeschichte (nur eine Herkunft oder eine Herkunft pro Jahr) sind als Informationsquellen heranzuziehen. Beachtet werden muss beim Vergleich zwischen unterschiedlichen Gewässern, dass die Mortalitätsraten u.a. bei der Abwanderung (etwa durch Stauhaltungen, Wasserkraftanlagen) stark variieren können. Einige offene Fragen und Lösungsansätze sind in untenstehender Tabelle zusammengefasst.
Offene Fragen
Stichworte
Welche Herkünfte sind besonders geeignet (Wissensstand)?
Geographische/genetische Distanz, Laichzeit, MSW-Anteile, Migrationsdistanz
Welche Eignungskriterien sind überhaupt biologisch relevant?
Geographische/genetische Distanz, Laichzeit, MSW-Anteile, Migrationsdistanz
Ist der Besatz mit mehreren Herkünften (sog. Mischbesatz) sinnvoll?
Besatz nach Monitoring-Einheiten: Oberrhein, Main, Sieg, Mosel...
Führen Kreuzungen zu out-breeding Effekten? Wann?
Laichgewinnung in Iffezheim, KFS Sieg, Moselreuse
Soll Abstreifen mit nicht identifizierten Herkünften erfolgen?
Geographische Distanz entspricht genetischer Distanz, "out-breeding"
Wann hat sich eine Herkunft als ungeeignet erwiesen?
Wichtigste Kriterien? Rückkehrerquote und/oder Naturvermehrung?

Lösungsansatz
Notwendige Maßnahmen
common-garden - Experimente mit identifizierbaren Herkünften
Markierungen, Smoltbesatz, Fang-/Kontrollstationen
Vergleichende Untersuchungen bei "sortenreiner" Besatzgeschichte
Standardisierung der Methoden
Genetische Untersuchungen
Reduzierung der Herkünfte. Begleitprojekte - Referenzdatenerhebung (baselines)



Dr. Jörg Schneider 2/2003

Symposium Freising 2000

Bedeutung und Wiederherstellung der Fließgewässervernetzung
Zusammenfassender Bericht kann vom      Landesfischereiverband Bayern     Pechdeller Str. 16     81545 München     Tel. 089/6427260 als Heft 2 der Schriftenreihe des LFV Bayern bezogen werden.

Salmonid Workshop, Irland 2002

13th International Salmonid Habitat Enhancement Workshop
(FÖRDERUNG DER HEIMSTÄTTEN VON SALMONIDEN)

WESTPORT, Co. Mayo, NW-IRLAND 16. bis 19. September 2002
Bericht von G.Brüning, LMS
Bericht über die Vorträge S.1-10
Bericht über die Naturrückbauten CORRIB und MOY
Verzeichnis deutscher Schriften zum Naturrückbau von Gewässern
(vgl.:AFGN in Schwerin am 28.10.1995) S. 22-26
Zum Workshop gehört ein 270 Seiten starker, bebilderter
Tagungskatalog mit einer Unmenge wertvoller Details, der näher
Interessierten wärmstens empfohlen werden kann. Er ist für EUR 50.-
unter der ISSN Nr. 1649-265X erhältlich bei
Central Fisheries Board, Mobhi Boreen, Glasnevin, IRL-Dublin 9,
Ireland
Einzelne Auszüge sowie die Literaturverzeichnisse zu nachstehend
behandelten Vorträgen können auch vom Autor auf Anfrage
bereitgestellt werden.
Anfragen bitte an webmaster@lms-online.de

Naturrückbau von Flußsystemen - ein Wandel
deutet sich an

Die Workshop-Reihe wurde 1978 in den USA initiiert und fand nun erstmalig außerhalb der USA statt. . 23
Vortragende konnten den 184 eingeschriebenen
Teilnehmern aus aller Welt (darunter 5 aus Deutschland)
einen hervorragenden Überblick über den Stand der
Technik, Mittel und Wege der Gestaltung von
Salmonidengewässern geben. Das Augenmerk war
besonders auf den Naturrückbau gerichtet, die Beseitigung
der unter meist nur technischen Gesichtspunkten
ingenieurmäßig oder fehlerhaft gestalteten Gewässer. Zwei
Ganztagesausflüge - CORRIB-ERRIF-Tour und MOY-Tour,
gestaltet vom Central Fisheries Board, rundeten die
Vorträge mit dem Augenschein auf die Wirklichkeit ab.
Offenbar wird der Naturrückbau unter die Leitlinie "dem
Menschen dienen" gestellt, also Ästhetik, Naturtreue und
Belebung des Wassers (Invertebraten und Fische). Dabei
steht die Beherrschung des Wassers obenan, der
Sedimenteintrag wird zurückgeführt. Die gezeigten Beispiele
(Teil 2 dieser Dokumentation mit Fotos von G.Brüning)
zeigen die Wirksamkeit der Maßnahmen in den
Wasserscheiden von CORRIB und MOY.
Gastfreundschaft, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der
Iren, insonderheit des NW Central Fisheries Board, sind
ganz obenan hervozuheben. Vielen herzlichen Dank!
Die Literaturverzeichnisse zu nachstehend behandelten
Vorträgen können bei der LMS oder G.Brüning angefordert
werden.
Neben hochrangigen Experten, meist Biologen, waren viele
Vertreter von Naturschutz- und Fischereibehörden und -
verbänden erschienen. Wie ein roter Faden zog sich das
Generalurteil durch die Tagung, daß die Salmoniden
diesseits und jenseits des Atlantik in Bedrängnis geraten
sind, weil die mit dem Gewässerbau beauftragten Stellen
natürliche oft Vorgänge falsch gedeutet haben und das Ziel hinausgeschossen sind. Aber ein Wandel sei zu vermerken.
Erstaunlich, daß dies auf beiden Seiten des Atlantik so
gesehen wurde mit dem Unterschied, daß offenbar in USA,
Kanada und Irland weitaus früher als hierzulande die
Umkehr eingeleitet wurde. Die Darstellung des Monitorings
aller Maßnahmen war ein hervorragendes Element der
Tagung.

Beseitigung von Dämmen ist kein Tabu mehr!


Einen eindrucksvollen Überblick über die Entwicklung gab
R. J. WHITE, USA., der sich im übrigen als exzellenter
Kenner der deutschen Verhältnisse erwies. Er beschränkte
sich keineswegs auf den amerikanischen Kontinent, sondern
beschrieb auch die Vorgehensweise und Verhältnisse in
Europa. Besonders deutlich wurde bei ihm die Rolle und
Bedeutung des Habitats (der "Heimstatt") für das
Wohlergehen der Salmoniden. Stimmt dieses, so kommt der
wandernde Fisch auch zurück und bleibt auch dann im
Bestand erhalten, wenn er durch künstlichen Besatz wieder
eingebracht wurde. Erster Schritt: Kleinste Bäche zuerst
umbauen oder der Natur zurückgeben. Die Rolle der
Vegetation besonders am Ufer ist wichtig. So wurde auch
die Bedeutung von Störsteinen, lebendem und totem Holz
für Fische dargestellt.. WHITE berichtet "horror stories"
über die Aktionen im Wasserbau. Auch in US wurden Flüsse
in Stücke zerschlagen (hammered to pieces). Inzwischen
werden Dämme aus den Flüssen entfernt, 40 seit 1999.
Damit kehrten auch Lachse zurück, was nationale
Aufmerksamkeit erfuhr. Die meisten Dämme sind klein,
aber ihre Beseitigung stellt bedeutende Fischhabitate wieder
her, oft auch für Salmoniden. Langzeitstudien decken diese
Erkenntnisse. WHITE entwirft ein optimistisches Bild des Erfolgs der zukünftigen Gestaltung von
Salmonidenhabitaten.

Zusammenarbeit ist die Grundlage
substanzieller Verbesserungen



Die Landnutzung durch Landwirtschaft und ihre Wirkung
auf die Wiederherstellung von Salmoniden-Heimstätten
wurden von K. HENDRY dargestellt am Beispiel des
Flusses Calder, Cumbria, NW-England. Lachsen und
Meerforellen gilt dort das Hauptinteresse. Als Folge
rückläufiger Fänge bildete sich CCC, das Calder-
Conservation-Comittee, das alle Interessierten, vom Bauern
über Umweltschutz-Dienststellen bis zum Industriellen,
zusammenführte. Diese Zusammenarbeit führte zu Erfolgen.
Die ermittelten Gründe (besonders Überweidung und
Erosion) für die rückläufige Fischpopulation wurden allseits
anerkannt, was die Grundlage für die Wiederherstellung
bildete.

Die Wiederbesiedlung ehemaliger Lachsflüsse
ist ein Langzeit-Projekt


Baltische Lachs-Schutzprogramme in humusreichen
Niederungsflüssen Mittelfinnlands stellte T. YRJÄNÄ vor.
Ziel der Programme war es, die dünngewordenen
Wildlachsbestände vor der Ausrottung zu bewahren, die
natürliche Produktion bis 2010 auf 50 % zu bringen und
Wildlachsbestände in potentiellen Lachsflüssen wieder anzusiedeln. Auf den Flüssen Kuivajoki, Kiiminkijoki und
Pyhäjoki wird noch geflößt und sie sind nährstoff- und
humusreich.
In die drei Flüsse wurden 1997 bis 2001 zwischen 20.000
und 120.000 Smolts und 10.000 bis 200.000 Parrs jährlich
ausgesetzt. Seit 1999 wurden natürliche Vermehrungen im
Pyhäjoki und Kiiminkijoki dokumentiert, die Zahl wilder
junger Lachse hat sich beständig vergrößert. Darüberhinaus
wurden erste wilde Parrs im Kuivajoki entdeckt. Das ging
nicht ohne die Veränderung von 32 Stromschnellen und
Einbau von 3 Fischpässen. Gleichwohl erscheint die
Entwicklung sehr langsam.

Entwicklung von Lebensraum für 1+
Salmoniden im Glengosh


Beobachtungen über Wandlungen einiger physikalischer und
biologischer Parameter des Glengosh Rivers als Folge der
Stabilisierung der Böschung schilderte M. O`GRADY und
stellte damit die erste irische Studie einer erfolgreichen
Überwachung des Erfolgs eines Lachsförderungsprogramms
vor.
Der Glengosh entwässert den NW-Teil der Corrib-
Einzugsgebiets. Es galt die Folgen der 20-Jahre dauernden
Überweidung durch Schafe im Fluß zu beheben. Fehlende
Ufervegetation und unnormal hohe Erosion der Böschung
waren ebenso die Folge wie ein breites, ausuferndes und
seichtes Flußbett. Daher fehlten ausgeprägte Pools
(Drehkuhlen), und die aquatische Vegetation sowie die Zahl
der Makro-Invertebraten, typischer Vogel- und Fischarten gingen zurück..
1995 bis 2000 haben die irische Regierung und der EU-
Struktur-Fonds 16 Mio. Euro in den Naturrückbau und die
natürliche Lachsproduktion investiert. Alle entscheidenden
Merkmale konnten in dem beobachteten Zeitraum verbessert
werden. Die auquatische Flora (sowohl Moose als auch
Makrophyten) nahm beträchtlich zu. Ein gleiches galt den
Makroinvertebraten. Aus fischereilicher Sicht konnte mit
den Maßnahmen die Produktion an Salmoniden-Jährlingen
von Lachs und Forelle um ein Vielfaches gesteigert werden.

Was am Corrib geht, geht auch am Ennell



Über die Förderung der Laichgründe und Kinderstuben der
Bachforelle im Einzugsgebiet des Lough Ennell berichtete
gleichfalls M.O´GRADY vom Central Fisheries Board. Die
Maßnahmen in 8 Flüßchen der Wasserscheide in Gestalt von
verbesserten Pools, Störsteinen, Passierbarmachung von
Wehren etc. ergaben spürbare Zunahmen in der 1+
Altersklasse, die vor den Maßnahmen aufgrund der
Verflachung und Ufererosion durch ein
Meliorationsprogramm aus den 70ern fast völlig fehlten.

Beseitigung von Wanderhindernissen als
Schlüssel für guten Parrbestand


Über die Förderung des Lachs- und Forellen-Lebensraums
im River Tweed, Schottland in Fallstudien 1995-2002
berichtete D.I.GLEN (Tweed Foundation). Der Tweed ist
international bekannt als Lachsfluss, der in der Region Einkünfte von jährlich 12,5 Mio Pfund und 520
Arbeitsplätze (Vollzeitäquivalent) generiert. 1983 wurde die
Tweed-Foundation gebildet, um ein Naturmanagement zu
ermöglichen und die natürliche Produktivität von Lachs,
Meerforelle und Bachforelle im 2000 Quadratmeilen großen
Einzugsgebietsdes Tweed zu heben. Auch hier galt es vom
Menschen gemachte Hindernisse, Wehre, Dämme,
Einleitungen, Furten für die Fische wieder zu erschließen,
damit sie ihre Laichgründe erreichen können.
Erfolgreich verliefen die Beseitigung von
Wanderhindernissen. In einigen Testbächen konnten so
innerhalb von 4 Jahren phänomenale Steigerungen von bis
zu 1232% in der Dichte von Lachsparrs erreicht werden – in
diesem Falle vorrangig durch konsequentes Fernhalten des
Viehs von den Uferbereichen durch Abzäunung. Man will
die Entwicklung intensiv als Langzeitstudie weiter
verfolgen.

Einbeziehung der Anrainer - ein wichtiger
Baustein in der Wiederherstellung von
Lachsflüssen

Im Rahmen seines Vortrags "Wiederherstellung und
Management von Lachsflüssen in SW-England " (Tamar,
Taw, Torridge, Otter und 10 weitere Fließgewässersysteme
in Cornwall) berichtete A. RICKARD, Direktor des
Westcountry Rivers Trust auch Einflußgrößen, die auch in
unseren heimischen Flüsse Bedeutung haben:
Bodenverluste, Erosion,
Nährstoffanreicherung und mangelnde Wasserqualität,
Verwachsung der Wasserläufe Degradation der Feuchtwiesen-Habitate
Wasserbau mit Ziel der landwirtschaftlichen Nutzung
verschlammte Laichbänke
hohe Herbstturbulenz mit Zerstörung des Laichs
direkter physikalischer Streß
Sommertrockenheit
abnehmende Zutrittsmöglichkeiten für erwachsene Lachse,
abnehmende Lebensmöglichkeiten für Brut, Parrs usw.
usw.
R. berichtete über Lösungsansätze und die Notwendigkeit
nachhaltigen Managements. Neben der Bedeutung
praktischer Baumaßnahmen hebt er besonders die Erfolge
der "Erziehungsaktivitäten" für Bauern und Landbesitzer
hervor.


Naturrückbau im Ballungsraum

"FORELLE 2010" – über den Naturrückbau des Hamburger
Baches Wandse berichtete L. TENT. Die Veränderungen in
der Struktur des Baches durch Baumaßnahmen wurden
ebenso anschaulich dargestellt wie die der
Zusammensetzung der Fischfauna. Dabei wurde die Rolle
der Anglerjugend und der Schüler in "Bachpatenschaften"
dargestellt, also die eher schulmäßig praktische Ausbildung
im Umweltschutz, die in vielen Fällen zu Erfolgen geführt
hat.

Totholz ist hilfreich
S. ROY und K. NISLOW vom US-Forest Service stellten
die Schlüsselrolle und Bedeutung der Wälder für
Salmoniden-Fließgewässer vor. Speziell gröberes Totholz
im Gewässer begünstigt die Diversität der Fließe.

Kreideflüsse als Regenerationsmimosen

Fundamentale Kritik an der bisherigen Entwässerungspraxis
äußerte N. HOLMES in seinem Beitrag "Fluss-
Rehabilitation in Niedrig-Energie-Wasserläufen - die
Kreide-Flüsse Englands". Als sensible Systeme sieht er ihre
Selbstheilungskräfte eingeschränkt; umsomehr erfordern sie
beherrschbare und präzis umgesetzte Maßnahmen. "Wenn
wir nicht wissen, was wir "verbessert" haben, sollten wir
dann fortfahren, es zu tun?"


Der Fisch der aus der Kälte kam - alte
Kühlschränke als wichtige low-cost-
Aufzuchthilfe für Salmoniden

Einen von Freude und Applaus begleiteten Vortrag hielt D.
DUFF, der Seniorökologe der Gewässer im US-Forest
Service (und Begründer der Workshop-Reihe). Gründe für
die Emotionen waren die Frische des Vortrages und die Art
der Darstellung alter Kühlschränke und Kühltaschen als
Brutkästen im Bach zum Zwecke der Wiederherstellung
heimischer Stämme von Salmoniden. Ein Verfahren, das in
USA besonders von der großen Forellen-Lobby "Trout
Unlimited" propagiert wird. Bruterfolge von 90- und mehr % bei unterschiedlichen Salmonidenarten in Bächen Utahs,
Wyomings und Nevadas wurden verzeichnet.
Bemerkenswert war es, daß kleinste Rinnsale für diese
Zwecke erfolgreich genutzt wurden. Gerne verwendet wird
diese Technologie offenbar von Schoschonen und Goschute-
Indianern. "Trägt man Kühlschränke entlang eines Baches
durchs Gebüsch, so bleibt es nicht aus, daß man gefragt
wird, welche Leiche man verbergen wolle. Aber was tut man
nicht alles für ein erfolgreiches Natur-Management." Daß
diese Technologie nicht nur Befürworter fand, ist leicht
verständlich, obwohl sie nur als Startsprung (jump starting),
speziell für die"Erholungsfischerei"(recreational fisheries)
verstanden werden sollte. Es ist der Versuch, langfristig
wirksame Veränderungen mit kurz- und mittelfristigen
Maßnahmen zu bewirken. Ein handgefertigtes Modell
konnte im Vortragssaal begutachtet werden. Seit seiner
Einführung vor 15 Jahren hat sich der "old fridge" also der
"alte Kühlschrank als sehr wirksame und kostengünstige
Methode für eine Unzahl von Bächen und Bedingungen für
mehr als 20 Salmonidenarten erwiesen. "Try it, you´ll like it
!!" ("Versuchs und du wirst es mögen.")
Im übrigen: Frauen erzielen 99 %, Männer 80 % Bruterfolg.
Wollen die Fische, geschlüpft in einem Kühlelement,
laichen, kehren sie zu ihm zurück.
Zur technischen Ausführung können Pläne und
Umbauanleitungen abgerufen werden unter
F. L.Eales DVM, Flaming Gorge/Lower Green River
Chapter of Trout Unlimited 1250 West Foothill Blvd., Rock
Springs, Wyoming 82901 oder: D. DUFF, USDA - Forest
Service, Federal Building, Room 8236 125 South State
Street, Salt Lake City, Utah 84138

Habitat-Regeneration - kein Geschäft für kurze
Zeiträume

Der Bewertung von Maßnahmen zur Förderung des
Schutzes von Salmoniden-Lebensräumen in Neufundland,
Kanada, widmeten sich K.D.CLARKE und
D.A.SCRUTON.
Angesichts abnehmender Salmonidenbestände spielen
dieAuswirkungen auf die "recrational fishery" hier eine
entsprechend große Rolle.
Bei allem, was getan wurde: Monitoring (Maßnahmen der
Überprüfung, Kontrolle) stand als Erfolgmesser In den
letzten 15 Jahren wuren so eine ganze Anzahl Programme in
Neufundland umgesetzt, wobei eine Reihe von Initiativen
zusammenarbeiteten. Folgende Ansätze wurden
schwerpunktmäßig verfolgt:
Erforschung der Auswirkungen der physischen
Gewässerstruktur (Steine, unterspülte Ufer, Totolz
etc.)
Manipulationen zur Erhöhung der Produktionskapazität
wie gezielte Nährstoffe+zufuhr, Schaffung von
Durchgängigkeit und Einbringung von gesiebtem,
gereinigtem und sortiertem Kies.
Die Bestandsaufnahmen geschahen mit Rucksack-E-
Geräten. Selbst da, wo historisch keine Laichgründe
gewesen waren, ließen sich Erfolge feststellen. Zu den
Baumaßnahmen zählte auch die Errichtung von großen
Pools (Gumpen) mit eingestreuten Riffles (Schnellen). Die
sehr ins einzelne gehenden Ergebnisse können an dieser
Stelle nicht erläutert werden. Die Vortragenden empfehlen als ein Resultat ihrer Studie jedoch, Habitatmaßnahmen
grundsätzlich in großen Zeiträumen zu planen,
durchzuführen und auswertend zu begleiten. Viele
Maßnahmen wirken sich erst mehrere Jahre nach ihrer
Durchführung positiv und erkennbar aus.


River Lagan - die haben's geschaftt


Von der Wiederherstellung einer selbsttragenden Population
des atlantischen Lachses im Lagan, Belfast, Nord Irland
konnte R. ROSELL, vom Dept. of Agriculture, Belfast
berichten.
Der Lagan entwässert ein Gebiet von rund 576 qkm meist
Weidegrund in höheren Gefilden, unten die Städte Lisburn
und Belfast. Bis 1650 war der Fluß reich mit Lachsen
gesegnet. 1700 bis 1900 baute man Mühlen, Wehre,
Siedlungen, Industrien in und an den Fluß. So wurde der
Lachs im Lagan, der die irische See durch den Hafen von
Belfast erreicht, ausgerottet. Schließlich, als die
Wasserqualität wieder verbessert werden konnte, fertigte
man 1988/89 eine Machbarkeitsstudie für die
Wiederansiedlung. Die Probleme wurden identifiziert und
bearbeitet, vor allem auch im Hinblick auf die Nebenflüsse
und -Bäche, fehlenden Laichkies und Kinderstuben. 1991
erster Besatz mit nicht angefütterter Brut und Smolts vom
Stamm des benachbarten River Bush. Der erste erwachsene
Lachs kehrte 1993 in den Lagan zurück. Seither wird
alljährlich mit Brut besetzt. Es gibt inzwischen eine
zunehmende wilde Komponente. Ein Zufluß wurde seit 1997
nicht besetzt, führt aber zwei Generationen von wilder Herkunft. Das beste Jahr war 2000, als annähernd 800
Fische den Lagan aufstiegen. 200 dieser 800 waren wild
erbrütete Fische.
Natürlicher Laicherfolg konnte seit der Wiederansiedlung
durch den Nachweis von wilden Brütlingen nachgewiesen
werden:
Jahr
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
Laichplätze
2
4
5
11
13
7
4
23
Überraschenderweise konnten sogar einige als unpassierbar
eingestufte Hindernisse von Lachsen überwunden werden.
Wandernde Smolts ertrugen niedrigere Sauerstoffgehalte, als
die Literatur "vorschrieb", und das über einige km. (bis unter
6 mg/l). Als Korngrößen erwiesen sich 30 bis 80 mm Kies
richtig. Interessant auch die Dauer zwischen Erstbesatz und
erstem natürlichen Ablaichen. Immerhin dauerte es bis zur
Etablierung der ersten natürlichen Vermehrung 10 Jahre.
Klares Ziel für die Zukunft ist ein sich wirklich selbst erhaltender Bestand.
Für alle Neueinsteiger bietet sich hier ein beispielhaftes
Modell einer erfolgreichen Wiedereinbürgerung: von der
Machbarkeitsstudie bis zum ausgewerteten Resultat.


Vorsicht mit "harter" Waldnutzung



Die Wiederherstellung des Washingtoner Wind River für
anadrome Regenbogenforellen Oncorhynchus mykiss
(steelhead), wurde von P. CONNOLLY (US Geological
Survey, Fishery Reseach Center)und B. BAIR, (US Forest
Service) USA, vorgetragen. Auch in ihrem Beispiel kam die
Zusammenarbeit unterschiedlicher Interessenkreise als
Voraussetzung für Veränderungen zu Tage. Die vorrangig
durch die Auswirkungen der nicht nachhaltigen
Forstwirtschaft bedingten Habitat- und Bestandsverluste der
Steelheads konnten im exemplarischen Fall Wind River zum
Positiven umgedreht werden.

RHS - River Habitat Survey

"River Habitat Survey (RHS)" auf Deutsch etwa:
"Lebensraum-Erhebung und -Klassifizierung eines Flusses"
war Gegenstand des Vortrages der Mitarbeiter der britischen
Environment Agency um M. DIAMOND
Als standardisiertes Verfahren zur Gewinnung von
hydromorphologischen Daten eignet sich RHS als Planungswerkzeug zur Gewährleistung der Erfordernisse der
Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Standards sind in
diesem Zusammenhang wichtig, damit gesamte Flußsysteme
auch einheitlich entwickelt (oder zurückentwickelt) werden
können. Das RHS-Verfahren ist in Großbritannien weit
verbreitet. An drei britischen Gewässerbeispielen wurde der
Einsatz von RHS demonstriert. Es eignet sich offensichtlich
sehr gut zur Manifestation des Handlungsbedarfs.

LWD - Large Wood Debris

Reaktionen von Fischen und Salamandern auf
Renaturierungen im Fluß untersuchte P. RONI (National
Marine Fisheries Service) im westlichen Oregon und
Washington, USA. Er beschrieb die Wiederherstellung von
Lebensräumen durch Einbringen großer Holztrümmer
(LWD = Large Wood Debris). Dies sei allgemeine Praxis in
Flüssen Nordamerikas. Um der bislang unzureichenden
Bewertung dieser Technik in ihrer Wirkung auf Fische und
Lurche abzuhelfen hat RONI 30 Flüsse im westlichen
Oregon und Washington untersucht. Dabei zählte er die
Lachse nach Sonnenuntergang, was sich als besonders
vorteilhaft erwiesen hätte, besonders bei Tauchgängen.
LWD formt Pools. Die Dichte juveniler Cohos war in LWD-
reichen Abschnitten 1,8 bis 3,2 mal höher als in den
Referenzstrecken. Fischarten, die auf Pools angewiesen sind,
werden mithin am ehesten gefördert.

Das Schaf - der größte Feind der Salmoniden?
Die Wirksamkeit von Maßnahmen zum Schutz der
Lebensräume von Lachs und Forelle im Einflußgebiet des
Corrib wurde vom Central Fisheries Board vorgetragen.
Lough Corrib ist mit seinen Nebenflüssen der größte und
bedeutsamste irische Lebensraum für "wilde" Salmoniden.
In den letzten Jahrzehnten hatte sich als Folge der
Mutterschafprämie der EU der Schafbestand erhöht: Damit
kam es zu einer Überweidung in vielen Gebieten an den
Ufern der Flüsse und Nebenflüsse. Die Folgen: zerstörte
oder stark beeinträchtigte Fisch-Habitate. Maßnahmen zum
Schutze der Salmoniden-Lebensräume wurden in 8
Zuflüssen zum Lough Corrib und 4 zum Lough Mask
unternommen. Voraussetzung für Besserungen war zunächst
die Einzäunung der Gewässer. Weihnachtsbäume wurden
eingebracht als Vegetationsanker am Ufer und Wirbelsteine,
die das Gefüge im Strom verändern. Die Aussichten werden
als gut beschrieben.

Entschärfter Wasserbau

Über die Linderung der Wirkungen von
Entwässerungsmaßnahmen zur Verbesserung des
Hochwasserabflusses referierten J. J.KING u.a. an
Beispielen der irischen Flüsse Mulkear (zum Shannon),
Shinkean (Hazelhatch), St.Johns River, Kilkenny und
Clonmel.
Aufgrund von Hochwasserschäden sah man sich gezwungen
im Einzugsgebiet dieser Flüsse Maßnahmen zu ergreifen, die
in solchen Situationen das Wasser schnell genug
abführen.Die als notwendig erachteten Umbauten waren so
umfangreich, daß sie eine
Umweltverträglichkeitsprüfung.erforderten, an der auch das Central Fisheries Board beteiligt wurde. In einer
Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen auch in der
Phase der Umsetzung konnten Maßnahmen wie
Verbreiterung, Verkürzung, Beseitigung von Bäumen etc.,
Eindämmung u.ä. so gestaltet werden, daß sich eine
Beeinträchtigung der Fischfauna weitgehend vermeiden ließ,
ja hier und da sogar Verbesserungen erzielt werden konnten.

ACS - Aquatic Conservation Strategy

In seinem Vortrag "Ein neues Musterbeispiel für den Lachs
und die Wiederherstellung von Einzugsgebieten" beleuchtete
D. HELLER neue Ansätze zum Schutz und zur
Wiederherstellung aquatischer Ressourcen im pazifischen
Nordwesten der USA, in Oregon, Washington und
Nordkalifornien. Sie manisfestieren sich in der sog.
"aquatischen Erhaltungsstrategie" (ACS, Aquatic
Conservation Strategy). Diese stellt ein Vorgehensmodell
dar, das in etwa an die Ergebnisse eines Werkzeugs wie dem
zuvor erwähnten RHS (river habitat survey) praktisch
anschließt. Aktive Wiederherstellung mit Bagger und Spaten
wird hier der passiven mit der Nutzung hydrophysikalischer
Impulse gegenübergestellt. Beides muß einander ergänzen,
eines allein reicht nicht aus um substanzielle Fortschritte zu
erreichen. In der Strategie erhält der ganzheitliche Blick auf
das gesamte Einzugsgebiet ein bestimmendes Gewicht und
damit auch das Zusammenspiel der unterschiedlichen
Maßnahmen.

Was bitte ist ein "ungestörtes Habitat"?
 
Ähnliches beschrieben L.W.STANFIELD und B. KILGOUR für Flüsse im südlichen Ontario als ein hierarchisches Modell, das die Gesundheit des Systems quantifiziert sowie Störschwellen und Entscheidungskriterien identifiziert.
Es wird versucht aus einem rechnerisch-grafischen Ansatz modellhafte Vorstellungen für die notwendigen Maßnahmen zu entwickeln. Dabei ist es ein Problem, Referenzwerte für z.B. ein "ungestörtes Habitat" auszumachen, an dem neue Entwicklungen und Beeinflussungen zu messen sind. "Fisch-Index", "Habitat-Index", "Chemischer Index", "Benthischer Index" sind Größen, mit denen man versucht über die Schritte
• Abstimmung gemeinsamer Ziele durch die Manager der verschiedenen Disziplinen
• Annäherung der Multivariablen
• Erarbeitung der Landschaftsdaten
• Entwicklung eines bioregionalen Modells
zu einem tragfähigen Flußmanagement zu gelangen.
 
Günter Brüning 11/2002



International Atlantic Workshop, Schottland 2002

6. International Atlantic Salmon Symposium

Vom 15. bis 20.7.2002 fand in Edinburgh, Schottland, nach 4 Jahren
wieder das International Atlantic Salmon Symposium statt. Hier wie
beim letzten Mal ein zusammenfassender Bericht von Atmosphäre,
Vorträgen und Ergebnissen dieser weltweit bedeutendsten Tagung der
Wandersalmoniden-Experten. Hauptthema war: "Der Lachs am
Abgrund". Diesmal war ich erstmalig nicht der einzige deutsche
Teilnehmer; 4 aktive Lachs-Wissenschaftler aus Deutschland hatten den
Weg dorthin gefunden; Deutschland öffnet sich offensichtlich endlich
den internationalen Erfahrungen.

Der Lachs steht nicht allein - jetzt nicht und
nicht in der Zukunft

Ein ganz dicker Brocken war gleich zu Anfang der Tagung
die Eröffnungsrede von F.Holliday (Chairman,
Northumbrian Waters) "Der Abgrund bröckelt - die
Zukunft der Küstengewässer", der es verstand, die
Erhaltungsbemühungen für den Wildlachs in ein
Generalszenario zu stellen, welches uns in der Zukunft mit
gewisser Wahrscheinlichkeit ereilt:
die Erwärmung durch den Treibhauseffekt und
die Auswirkungen der Globaliserung.
Wenn man davon ausgeht, dass die globale Erwärmung die
Siedlungsfläche für die Menschheit durch Überflutung
verkleinert, ergeben sich daraus Konsequenzen:
Umsiedlung z.T. erheblicher Bevölkerungsteile
Verknappung des Lebensraums für den Menschen
erhöhte Spannungen zwischen arm und reich wie
Minoritäten und Majoritäten
erhöhter Energiebedarf für die Umsiedlung etc. Alle diese
Veränderungen werden sich stark auf die Struktur
der Küstenzonen auswirken, auf den Bereich, der auch für
den Lachs besonders sensibel ist. Keiner weiß heute, ob und
wie sich ein Organismus wie der Lachs auf diese
Veränderungen wie auch auf die veränderten Temperatur-
Regime in den Ozeanen adaptieren kann. Unter dem Aspekt,
dass der Wildlachs jetzt schon mit einer großen Anzahl von
Risiken kämpft, die seine gesicherte Existenz
beeinträchtigen, ist der geäußerte Appell Hollidays,
Organismen wie dem Lachs in diesem Prozess unser
besonderes Augenmerk zu schenken und seine Belange auch
politisch wirksam zu vertreten, mit Nachdruck zu
befürworten. Ein wirklich wichtiger Beitrag zum Thema, der
half, allen Teilnehmern deutlich zu machen, dass der Erhalt
des Wildlachses sich auf vielen Schauplatzen neben dem der
Biologie abspielen muß, wenn er erfolgreich sein will.
Die erste Tagungs-Session war den post-smolts gewidmet
"Ins Unbekannte - die ersten Wochen im Meer", als dem
Lebensstadium nach dem Übertritt in Salzwasser bis zum
Erreichen der Weidegründe. Über den Verlauf dieses
Lebensstadiums waren noch bei der letzten Tagung vor 5
Jahren erst ansatzweise Erkenntnisse berichtet worden, die
auf eine generelle Nord-West-Wanderung der Fische von
den britischen Inseln und aus Norwegen nach dem
Übergang ins Salzwasser hindeuteten. Die Forschungen
selbst waren damals extrem teuer und aufwändig und
glichen stark einem Suchen nach der Nadel im Heuhaufen.
Neue Verfolgungstechnologien über miniaturisierte
Transponder,"Pinger" und hydroakustische Transmitter in
oder auf wandernden Fischindividuen haben hier einen
Ruck nach vorne bewirkt. Geforscht wird damit auf beiden
Seiten des Atlantiks.

Neue Untersuchungsmethoden mit neuen
Möglichkeiten


G. Lacroix (Department of Fisheries and Oceans-
Canada), "Smolt-Verfolgung im Meer - eine erfolgreiche
Suche"berichtete von Untersuchungen aus der Bay of Fundy
zwischen Nova Scotia und dem kanadischen Festland. Die
südlichen Teile der Bay of Fundy um die Passamaquoddy
Bay beherbergen z.Zt. über 90 % der kanadischen
Netzgehege für die Lachszucht. Schon aus diesem Grund bot
sich diese Areal für die Versuchen an, da anderenorts der
Zusammenhang zwischen Lachszucht und übergroßem
Lachslausbefall von post-smolts bereits offensichtlich
geworden war. Es bestand somit der Verdacht, dass die seit
Jahren miserablen Rückkehrquoten in den Lachsflüssen der
Bay of Fundy damit in Zusammenhang stehen könnten.
Untersucht wurden die Lachsflüsse St.John's River, Big
Salmon River und Upper Salmon River, für die es schon
länger Hinweise gibt, dass sich - obwohl relativ eng
benachbart - deutliche (evtl. genetisch fixierte) Unterschiede
in den Populationen finden. Mit einer neuen von der
Westküste Amerikas stammenden Technologie (smolt-
wheel) wurden um Unterlauf abwandernde smolts gefangen
und mit implantierten "pingern" (Signalgebern) versehen
wieder zur Abwanderung eingesetzt. Bestimmte Bereiche
der Bay of Fundy wurden mit Ketten von Empfangsbojen in
½-Meilen-Abständen (so empfindlich ist die Technologie
mittlerweile) abgeriegelt und die post-smolts registriert, die
diese Kontrolllinien durchschwammen. Bereits im
Mündungsgebiet ergeben sich für den St-Sohn's River-
Population erhebliche Mortalitäten: Wasserverschmutzung,
Beifang und die Anwesenheit von Tausenden von
Kormoranen sind die Hauptgründe. Die beiden Salmon
River weisen kein so extrem langes Ästuar wie der St.John's
auf, entsprechend sind die Verluste hier geringer. Die
Wanderung im Meer ist grundsätzlich nach Süd-Osten auf
den Golf von Maine gerichtet, in dem sich die ersten
größeren Nahrungsressourcen für die post-smolts befinden,
sie erfolgt für die untersuchten Populationen jedoch höchst
unterschiedlich. St. Johns's-Fische ziehen zielgerichtet,
schnell und auf direktem Wege in den Golf von Maine, für
die beiden Flüssen aus der Inner Bay of Fundy dauert der
Prozess bis zu 6 Monate und mehr und ist durch ein
längeres, offensichtlich weitgehend passives Hin und Her in
der von extremen Tidenhub bestimmten Bay of Fundy (bis
8m!) gekennzeichnet. So ist dann auch das Stranden in
trockenfallenden Tidenpools dort eine ernstzunehmende
Mortalitätsgröße. Noch als post-smolts tauchen bis zu 60%
der Abwanderer des Upper und Big Salmon Rivers bereits
wieder in der Nachbarschaft der Mündungsgebiete auf. Die
gute Botschaft ist: nur ein sehr geringer Anteil der post-
smolts aus den o.g. Flüssen begibt sich in die "rote Zone"
der Aquakultur. Die Seelausinfektion als nennenswerte
Mortalitätsgröße für diese Wildpopulationen scheidet somit
aus und damit auch die zeitweise aufgestellte Behauptung,
die Netzgehege der Passmaquoddy Bay-Region verursachten
den Rückgang der Wildlachsbestände in den südlichen
Lachsflüssen der kanadischen Ostprovinzen. Die Theorie der
genetischen Unterschiede der Populationen aus Big/Upper
Salmon River und St.John's erhärtet sich durch diese
Befunde.

Post-smolts stehen in einem komplizierten
ökologischen Gefüge



L.P. Hansen (Norwegian Institute for Nature Research)
lieferte in seinem Vortrag "Die Ökologie der post-smolts"
einen Überblick über die Lebensumstände der Post-smolts
im europäischen Bereich, basierend auf den Ergebnissen der
norwegischen Forschung seit den frühen 90er Jahren.
Kennzeichend für das Mobilitätssverhalten der
norwegischen post-smolts ist die relativ schnelle
Abwanderung aus der Küstenzone. Schon wenige Wochen
nach der Abwanderung sind sie im Offshorebereich in einer
Fläche vor dem Westen Schottlands zwischen den Faröern
und den Shetlands und vor der gesamten norwegischen
Inselküste im Golfstrombereich zu finden, bevorzugt
innerhalb der Juni/Juli - 8-10° C-Grenzen Als besonderer
Schwerpunkt hat sich das Varig-Plateau herauskristallisiert,
das vermutlich besonders günstige Ernährungsbedingungen
für die Fische bietet. Post-smolts leben in einem
hochkomplizierten Bedingungsgefüge mit vielen
Einflussfaktoren wie
Auswirkungen des parr. und smolt-Lebens im Süßwasser
z.B. physiologischer Zustand Abwanderungstiming
Körpergröße in Hinblick auf Raubdruck
Abflussregime des Heimatflusses
Verunreinigung des Heimatflusses
Versauerung des Heimatflusses (begünstigt
Aluminium-Schäden an den Kiemen, was die
Osmoregulation beim Übertritt ins Salzwasser
erschwert) ·
Marine Umweltbedingungen
z.B Wasserverschmutzung in den Küstengewässern ·
Parasiten und Krankheiten
z.B. Meerläuse und Gyrodactylus ·
Raubdruck ·
Konkurrenz mit anderen Fischarten ·
z.B. Makrele und Heringe (als der Hering in den
70ern im Nordatlantik daniederlag, profitierte
offensichtlich der Lachs) ·
Nahrungsvorkommen und -qualität
z.B.Amphipoden, Tintenfische, Krill und pelagische
Fischlarven wie Hering ·
Wachstum ·
Beifang in auf andere Fische gerichtete Fischerei ·
Sekundäreffekte der Fischerei auf andere Arten
Ein vereinfachtes Modell zeigt die wichtigsten
Abhängigkeiten in dem Umfeldfaktoren des Post-smolts auf:


Post-smolts könnten durch Beifang extrem sein!

K.Holm (Institute for Marine Research, Norwegen)
"Wanderung und Verteilung des Atlantischen Lachses in
der Nordsee und im Nord-Ost-Atlantik" unterfütterte die
Übersicht von Hansen mit konkreten Untersuchungen mit
Fischen, die mit hydroakustischen Transmittern versehen
wurden. Die Ortung erfogte von Schiffen aus. Eine deutliche
Beeinflussung von Strömungen und Wind, für die sie bereits
im Mündungsbereich des Avon in Süd-England in den
frühesten Untersuchungen vermutet wurde, zeigte sich auch
hier. Dennoch traten auch ähnliche Typen wie in den
kanadischen Ergebnissen zu Tage: zielgerichtet schnell
wandernde "runners" und stärker von der Strömung und dem
Wind beeinflusste "stayers". Hier kamen aber beide Typen
in der gleichen Flusspopulation vor; "runners" waren
vorrangig 1-2 jährige smolts, "stayers" hatten dagegen meist
3-4 Jahre im Fluß vor der Abwanderung verbracht. Wohl
fühlen sich die Fische im Bereich von ca. 35
PromilleSalzgehalt. Gewandert wird ausschließlich in den
oberen Wasserschichten des Meeres, selten tiefer als 10 m,
bei Nacht meist direkt an der Oberfläche. Kurzfristige starke
Schwankungen der Umweltfaktoren (z.B. Temperatur)
können die Wanderung abrupt zum Stillstand bringen. Sind
die bevorzugten Meeresbereiche erreicht, lassen sich die
post-smolts gerne in den Wolken der Herings-Larven von
der Strömung mittreiben, die in dieser Phase dann auch die
bevorzugte Nahrung darstellen.
Die oberflächennahe Lebensweise der post-smolts bringt sie
in die direkte Gefahr, als Beifang in der Oberflächen-
Schleppnetzfischerei auf Makrelen zu geraten. Erste
Erkenntnisse über den Anteil in den Trawls der vorwiegend
russischen Makrelen-Fangschiffe (die z.Zt. keiner
Kontrollinstanz verpflichtet sind) sind aus Informationen
vonICES bei der letzten NASCO-Sitzung Anfang Juni 2002
auf den Faröern zu hören gewesen. Rechnet man diese
Zahlen auf den Gesamt-Makrelenfang dieser Fischerei hoch,
so könnte der Wildlachsbestand dadurch pro Jahr etwa
900000 Individuen verlieren. Ein Aderlaß, der den
schlechten Zustand der Ressource in den letzten Jahren wenn
vielleicht nicht vollständig, aber zu erheblichen Teilen
erklären könnte. In der Diskussion wurde angeregt, diesen
Beifang durch geeignete Maßnahmen besser zu
quantifizieren und ggf. auf die Makrelenfischer einzuwirken,
die Oberkante der Netze nur bis 2-3 m unter die Oberfläche
hochzufahren, wenn der Fangerfolg auf Makrelen dadurch
nicht nennenswert leidet. Die meisten post-smolts könnten
dann dem Schleppnetz entkommen.
Die zweite und dritte Session der Tagung stand unter der
Überschrift "Der Spiessrutenlauf - Gefahren an Mündung
und Küste"

Nahrungsunspezifsche, lokaltreue Räuber
könnten post-smolts fressen, wenn sich das
Gesamtartenspektrum potenzieller Beutefische
verschiebt




Als relativ bedeutungslos für das Wohlergehen des Lachse
stellte sich in den Untersuchungen von W.Montevecchi
(Memorial University of Newfoundland - Canada)
"Raubdruck durch Vögel auf den Atlantischen Lachs in
Küstengewässern und auf der Hochsee" der Raubdruck
von Basstölpeln heraus, deren Beute er in einer Brutkolonie
vor Newfoundland von 1977-2001 untersuchte. Nur
maximal 7% der Beute bestand aus Lachs-post-smolts. Nur
in einem Jahr schnellte sie bis auf 25% hoch, ohne dass
dafür eine plausible Erklärung gefunden werden konnte.Die
Vögel haben sehr konsistente Gewohnheiten und eine im
Untersuchungszeitraum festgestellte Verschiebung der
Wassertemperatur mit einhergehender
Abundanzveränderung zu Gunsten von Hering und Lodde
führte zu keiner Veränderung Ihrer Nahrungsareale und
damit aber zu einer nachhaltigen Veränderung ihres
Nahrungsspektrums auf höhere Anteile von Hering und
Lodde. Solch konservative Raumnutzung könnte natürlich
auch einmal in die Gegenrichtung erfolgen und dann ggfs.
auch auf den Fraßdruck auf post-smolts entsprechenden
Einfluß gewinnen. Eine Korrelation der vorgefundenen
Konsumption mit der Anzahl der in die Flüsse
Newfoundlands zurückkehrenden Lachse ließ sich nur sehr
knapp zeigen

Unter bestimmten Umständen können andere
potenzielle Beutefische den Raubdruck von
räuberischen Fischen auf die Jugendstadien
des Lachses deutlich beeinflussen




Mechanismen, die den Raubdruck auf den post-smolt durch
andere Fischarten mit bestimmen, präsentierte R.Brown
(National Fisheries Science Center - USA)
"Bewertungsansätze für die Rolle des Raubdrucks durch
Meeresfische auf junge Atlantische Lachse" an Befunden
aus dem Einzugegebiet des Merrimack-River in den Neu-
england-Provinzen der USA. Hier spielt der Striped Bass die
Rolle des Haupträubers. sein Einfluß auf die Post-smolts ist
aber indirekt von der Präsenz anderer potenzieller
Beutefische wie die Alosa-Arten River-herring und Alewife
abhängig. Sowohl seine absolute Abundanz wie auch der
Anteil der post-smolts an seiner Nahrung sind offensichtlich
dadurch gesteuert. Im Jahr 1997 lag der Bestand der
anadromen Alosa-Arten danieder, die Population der
Stripers sank deutlich, aber in den Mägen der Restfische
machten Lachse doch um die 20% aus. Als sich der Alosa-
Bestand in 1998 und 1999 merklich erholte wuchsen auch
die Striper-Bestände, sie räuberten dann aber fast
ausschließlich Alosa-Arten und Aale. Nach diesen
Ergebnissen verbieten sich eigentlich einfache Modelle der
Form "Die vielen Raubfische schaden dem Lachs, da sie die
Jugendstadien der Lachse wegfressen", ohne daß im
Einzelfall genaue Untersuchungen getätigt werden.
Ähnlich verhält es sich beim Raubdruck durch Meeressäuger.

Alte Nahrungsuntersuchungen zu Robben sind
offensichtlich "altes Eisen"



Neuere Untersuchungen, wie sie J.Armstrong (Fisheries
Research Services, Freshwater Laboratory - Scotland) "
Die Bedeutung des Raubdrucks von Meeressäugern auf
Lachse und Meerforellen" vorstellte, stellen z.B. die durch
Rae in den 60er Jahren gezogenen Schlüsse über den Einfluß
der Robben auf die Lachsbestände in Frage. Die 27%
Lachsanteil in der Nahrung von Kegelrobben konnte in
keiner Weise reproduziert werden, ganausowenig wie wie
die Rae'schen 18% für den Seehund. Untersuchungen aus
vergleichbaren Gewässern erbrachten 1996 nur noch einen
Anteil von 2,8%. Absolut minimale Nahrungsanteile von
Lachsen ergaben sich für die Sattelrobbe. Allerdings leben
mittlerweile über 7 Mio. davon im Nord-Atlantik, so daß
selbst geringe relative Predation die betroffene
Beutepopulation schon hart treffen kann. Das Problem der
Untersuchung scheint hier weitgehend in der bisher
unzuirechenden Methodik zu liegen, stellt sich doch heraus,
daß klasssiche Untersuchungen wie das Zählen von Lachs-
Otolithen im Mageninhalt nur ein verzerrtes Bild der
Realität wiedergeben. Robben fressen nach neueren
Verhaltensbeobachtungen unter bestimmten Umständen die
Köpfe der Lachse nicht mit oder würgen ihn wieder aus.
Insgesamt scheint die Bedeutung des Raubdrucks von
Robben in der Vergangenheit aber doch überschätzt worden
zu sein. Für den River Dee in Schottland schätzt man heute
einen Maximalverlust durch Robben in der Größenordnung
von ca. 10% des Rutenfangs, der auch nur einen Bruchteil
des Bestandes erfaßt. An der schottischen Küste scheinen
sich auch einzelne Tiere auf den Lachskonsum
"eingeschossen" zu haben so daß ein individueller Abschuß,
(der dort legal wäre) im Bedarfsfalle ggfs.schon eine
erhebliche Verbesserung der Situation bewirken könnte.
Viel fester ins Nahrungsschema eingebettet scheint der
Lachs bei den Tümmlern zu sein. jedenfalls hat die
Evolution nach neueren Erkenntnissen bei Tümmlern sogar
mit der gemeinschaftlchen Lachsjagd spezifisch verbundene
akustische Verständigungssignale entwickelt.

Endlich Schluss mit den unspezifischen
Mischbestandsfischereien?

Eine spezielle Form des Raubdrucks auf den Lachs ist
natürlich auch die Verfolgung durch den Menschen. In
kritischen Bestandsituationen macht die Verminderung
dieser Mortalität daher auch Sinn. Große Aderlässe sind in
diesem Zusammenhang immer noch die verbleibenden
"mixed-stock-fisheries", d.h. Fischereien, die die den Lachs
auf seinen Wanderwegen populationsunspezifisch
ausbeuten, wie wir sie vor Grönland, vor der schottischen
und ost-englischen Küste und vor der irischen Küste
vorfinden. Seit Jahren versuchen Initiativen wie der NASF
diese Fischereien "auszukaufen".
Exemplarisch zum Stand dieser Maßnahmen berichtete
A.Whitehead (North Atlantic Salmon Fund - UK)
"Fortschritte in der Beendigung der
Mischbestandsfischereien" über den Status der
Bemühungen für die ostenglische Treibnetzfischerei. Schon
seit 1999 gibt es die Zusage der englischen Behörden im
Zuge der "net limitation order" für diese Fischerei keine
neuen Lizenzen über die 70 existenten hinaus mehr zu
erteilen. Ziel war es, die Fischerei mit den Inhabern
"aussterben zu lassen". Der jährliche gemeldete Fang
variierte zwischen 18000-53000 Lachsen und 22000-54000
Meerforellen pro Jahr. Die mit der Zeit immer geringer
werdende Anzahl von Fischern spiegelte sich jedoch
keneswegs in einer gelichartigen Verminderung der
Belastung der Ressource wider. Effektivere Fangmethoden
kompensierten oder überkompensierten z.T. sogar diesen
Rückgang. Relativ überraschend stellte die britische
Regiererung 2001 Mittel in Höhe von GBP 750000 in
Aussicht um in Kombination mit einer ebenso hohen Summe
aus dem "NGO"-Bereich (Non-Governmental-
Organizations) einen kurzfristigen Aufkauf der Lizenzen mit
Entschädigung der Fischer umzusetzen. Dies soll in zwei
Tranchen 2003 und 2004 erfolgen. In Anlehnung an das
Verfahren mit dem die Lachsfischereien mit Rute und Rolle
an einigen englischen und walisischen Flüssen
Netzfischerein ausgekauft hatten, wurde versucht mit einem
vertraulichen Brief an die Betroffenen eine
Orientierungsgröße für die jeweilige Höhe der
Kompensation zu erlangen. Bereits nach einem Teilrücklauf
der Wünsche ergab sich rechnerisch ein Betrag, der
unmöglich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu
erbringen gewesen wäre. Ein weiterer Ansatz, die Fischer
über ihre Standesorganisation zu erreichen führte zu einer
verhärtetetn Lagerbildung ohne Annäherung. Erst der
aufwändige und dorneneiche Weg über eine persönliche
Kontaktaufnahme mit jedem einzelnen der 70 Betroffenen
führte zu realistischeren Ansätzen und Ansätzen von
gegenseitigem Verständnis und Vertrauen. Nach
persönlichen Gesprächen mit 67 von 70 Lizenzeignern kann
nun die grundsätzliche Bereitschaft zu einem Verzicht der
meisten konstatiert werden. Die Höhe der Kompensation ist
aber weiterhin sehr umstritten und in einer Hängepartie. Die
muß allerdings in Kürze zu Entscheidungen führen, damit
die bereitgestellten Mittel seitens der britischen Behörden
nicht verfallen. Auf die Mithilfe der Behördenseite konnt
man sich in der Vergangenheit leider überhaupt nicht
verlassen. Mit der Gewährung der Mittel sieht man dort die
zu spielende Rolle abgeschlossen. In den nächsten Monaten
muß sich nun entscheiden, ob das Projekt wirklich Realität
werden kann. S.Chase (Atlantic Salmon Federation) stellte
ein ähnliches Projekt für einen Buyout der Grönlandfischerei
vor, von der die amerikanischen Wildbestände des
atlantischen Lachses besonders betroffen sind. Auch wenn
Grönland mittlerweile von den Fangquoten der 60er Jahren
meilenweit entfernt ist, so sind in 2001 doch ca. 50 t gefangen
worden und für 2002 liegt eine ICES-Empehlung
für 55 t vor. Nach langen Jahren des Stillstands steht man
gegenwärtig wieder in konkreten Verhandlungen.

Das Meerlaus-Problem - kurz vor der Lösung?

Große Sorgen machten den Wildlachs-Verantwortlichen in
den letzten Jahren die Nebeneffekte der kommerziellen
Lachs-Netzgehegezucht in Irland, Schottland, Kanada, den
Faröern und Norwegen. Nach vielen Hin und Hers ist die
erhöhte Parasitengefahr durch Lachs-Netzgehegehaltungen
nunmehr aber von allen Seiten als solche erkannt und
bestätigt worden, speziell die Begünstigung der Meerlaus
(Lepeophtheirus salmonis), eines ektoparasitischen Krebses.
Dieser findet in der Intensivhaltung von Lachsen ideale
Bedingungen zur Vermehrung und bildet um die Areale
intensiver Netzgehegehaltung einen Infektionsbereich in dem
es zu Befall auch der wilden Salmoniden kommt, sobald sie
diese Bereiche durchschwimmen. Besonders betroffen waren
die Meerforellen der west-irische Küsten, deren Bestand in
den späten 90er Jahren fast komplett zusammenbrach wie
auch die abwandernden post-smolts in Norwegen. Dort gab
es Hinweise, dass die smolt-Produktion einiger Lachsflüsse
in mehreren Jahren fast komplett dem Meerlausbefall (bis
über 100 Parasiten pro post-smolt konnten festgestellt
werden) zum Opfer fiel. Da der Meerlausbefall der Fische in
den Gehegen auch ihren Marktwert mindert, konnte nach
Jahren der gegenseitigen Unschuldsbeteuerungen in
Norwegen mit Unterstützung der Aquakultur-Seite eine
Untersuchung angestrengt werden, die Ausmaß des Befalls
und die Möglichkeiten der Vermeidung ausleuchten sollte.
Über die gegenwärtigen Erkenntnisse berichtete J.C.Holst
(Institute for Marine Research - Norway) "Mortalität
unter post-smolts des Atlantischen Lachses durch Befall
mit Meerläusen". Er hat die Entwicklung von 1997 bis
heute mit einem speziellen Monitoring an mehreren norwegischen
Standorten (Sognefjord, Nordfjord,
Namsenfjord, Altafjord, Tanafjord, Neidenfjord) verfolgt.
Dabei kamen auch moderne Trackingtechniken für post-
smolts im Meer zur Anwendung. Zu Anfang der
Untersuchung konnten sehr unterschiedliche Befallsraten der
wilden post-smolts registriert werden. Sie lagen zwischen 6-
106 Läusen pro Individuum. Starker Befall führt in der
Regel zum Tode. Schon bei einem Befall mit 10 Läusen
erfolgt eine Schwächung des Fisches mit Verminderung des
Wachstums und deutlich erhöhter Mortalität. In den
küstennahen Bereichen ist der Befall stärker als "offshore".
Stärker befallene Fische erreichen diese Bereiche schon gar
nicht mehr. Zwischenzeitlich hat die chemische Industrie
spezielle Substanzen zur Vergiftung der Meerläuse in
Netzgehegeanlagen entwickelt (Handelsnamen: Exis®,
Slice®). Diese Mittel sind in Norwegen in Pilotprojekten
zum Einsatz gekommen. Es hat sich gezeigt, dass es im
Entwicklungszyklus der Meerläuse empfindliche Phasen
gibt, zu denen eine einmalige "Entlausung" der Bestände
durchschlagende Wirkung zeigt, wenn durch zeitlich wie
örtlich koordinierte Anwendung in allen Lachsfarmen eines
Fjords das Risiko einer Neuinfektion möglichst weit gesenkt
wird. Käfigversuche mit wilden post-smolts im
Einzugsbereich von Netzgehegen im Sognefjord haben diese
Effekte bestätigt. Der Befall konnte von 5-100 pro Fisch auf
1 gesenkt werden. Ohne Behandlung in den Netzgehegen
starben ca. 75% der Versuchsfische in der Käfigen, dies
konnte auf 10% reduziert werden. Seit 2000 und 2001
wurden die koordinierten Gegenmaßnahmen auf viele
Aquakulturstandorte in Norwegen ausgeweitet. Das
Monitoring der post-smolts in diesem Jahr deutet auf eine
weitgehende Entspannung der Lage hin. Holst schätzt, dass
ab 2003 die Meerlaus für die norwegischen Wildbestände
kein Thema mehr ist, sofern die ergriffenen Maßnahmen
aufrechterhalten und Bestandteil der Standard-Aquakultur
mit Lachsen werden. Liegt die Lösung in der geografischen
Trennung von Wild- und Farmfischen?



J.Butler (Spey District Salmon Fishery Board - Scotland)
"Die Auswirkungen der Lachszucht an der schottischen
Westküste - Vorrang für die Wildbestände" beleuchtete
die Situation an der west-schottischen Küste, wo die
koordinierte Bekämpfung der Meerläuse noch nicht den
gleichen Stand wie in Norwegen entwickelt haben. Hier
werden in über 150 Anlagen jährlich ca. 120000 t Lachs
erzeugt. Im Verhältnis dazu fangen die Angler im gleichen
Areal ca. 5000 Lachse, was ungefähr einem Gewicht von
max. 2 t entspricht. Basis der praktischen Untersuchungen
war die Hypothese, dass in Flusssystemen, die in Fjorde
münden, die Anlagen zur Lachsaquakultur aufweisen,
geringe Mengen von Brütlingen und parrs aufkommen.
Butler konnte vor allem die Bedeutung der Strömung in den
Fjordsystemen auf die Befallsraten mit Meerläusen
aufzeigen. Meeresengen in den Fjorden mit hohem
Strömungsdurchsatz kommen den Betreibern der
Aquakulturen entgegen, da dort keine Probleme mit der
Überdüngung durch Futterüberschuß und Kot der
Farmlachse zu befürchten ist. Bei einem Ektoparasiten-
Befall wie der Meerlaus wirkt der gut durchströmte Standort
jedoch negativ, da die Verbreitungsstadien der Parasiten mit
der Strömung schnell über einen große Flächen verteilt
werden. Besonders die Meerforellen, die diesen
Gefährdungszonen sehr viel stärker ausgesetzt sind als die
schnell offshore wandernden Lachse leiden z.T. extrem
unter solchen Verhältnissen. Butler appellierte an ein
sinnvolles Standort-Management für Aquakulturen, wie es
schon grob in der Wasserrahmenrichtliche der EU über
"special areas of conservation" angedacht ist. Ca. 20 km
Abstand der Anlagen zu bekannten Wanderrouten der
anadromen Salmoniden sind nach seiner Erfahrung als
Minimum zu fordern.
Endlich eine Langzeitstudie zur Auffrischungs-
und Initialbesatzproblematik




P. McGinnity (Central Fisheries Board - Ireland) "Ein
Fitness-Vergleich zwischen gefarmten/wilden
Lachshybriden mit endemischen Wildfischen"
präsentierte die nach meiner Einschätzung für unsere
Verhältnisse wichtigste Untersuchung: die erste Langzeit-
Studie über die Fitness von Lachsen verschiedener
Haltungs- und Zuchtbedingungen über zwei volle
Lachsgenerationen im Vergleich zu Wildfischen. Leider ist
die Untersuchung noch nicht veröffentlicht und kann daher
hier nur in groben Zügen wiedergegeben werden. Jedes Jahr
produziert die smolt-"Industrie" einen Überschuß an
Nachwuchs für die Lachs-Aquakultur, ob dieses "surplus"
einen positiven Beitrag für die Unterstützung und den
Wiederaufbau der Wildbestände liefern kann, war eine der
Grundfragen, die man mit dieser Untersuchung beantworten
wollte. Auch für die Frage, wie die potentiellen
Nachkommen entkommener Farmlachse genetisch auf den
Zustand der Wildbestände einwirken können suchte man
Antworten, zumal auch Fachleute es nicht mehr für
unmöglich halten, dass es Zeitpunkte gibt, in denen im Meer
evtl. mehr entkommene Farmlachse umherziehen als wilde
Artgenossen. Außerdem galt es, empirische Erkenntnisse
wie "F2-Hybriden zeigen eine deutlich verringerte
Überlebensrate" in einen größeren und wissenschaftlich
gesicherten Zusammenhang zu stellen. Über 10 Jahre haben
diese Studien in der Salmon Research Agency im Westen
Irlands gedauert und die Ergebnisse sind bemerkenswert und
z.T. überraschend. Hier nur einige highlights (Details
werden nachgeliefert, wenn die Arbeit veröffentlicht ist): Es
gibt durchaus "Disziplinen", in denen die Farmfische oder
Farm/Wildhybriden besser abschneiden als die Wildfische
(z.B. Wachstum, reine smolt-Produktion und 2SW-
Rückkehrrate!!). Lokale Wildfische haben aber meist die
besten Voraussetzungen der "Gesamtperformance". Aber
bereits Wildfische aus direkt benachbarten Populationen können
eine ehrheblich schlechtere Fitness aufweisen. Eine
"Blutauffrischung" aus diesem System würde damit nicht zu
einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung der
Verhältnisse im besetzten Fluß führen! Defizite in der
Fitness sind besonders schwerwiegend, weil sie sich in die
Folgegeneration additiv fortwirken, d.h zu einer
schleichenden, kontinuierlichen Abnahme der Fitness
führen. Eine besonders zu beachtende Einflußgröße ist
dabei, ob ein begrenzter oder nicht begrenzter Habitat zur
Verfügung steht. Jede der beiden Randbedingungen führt zu
ganz unterschiedlichen Ausprägungen der Ergebnisse.
Initialbesatz mit Wildfischen kann, aber muß somit nicht
zwangsläufig immer die richtige Lösung sein, um eine
langfristig existente gesunde Population zu gründen.
Soviel für jetzt, in der Untersuchung steckt aber noch
erheblich mehr drin, aber dazu weiteres, wenn's soweit ist.

Lachszucht-Probleme an Amerikas Ostküste -
aber nicht die Ursache für den Rückgang der
Wildfische




Von einer ziemlich desolaten Situation in den Gewässern
des südlichen amerikanischen Verbreitungsgebiets von
Salmo salar berichtete A.Goode (Atlantic Salmon
Federation - USA) "Ansätze zur Lösung der
Lachszuchtprobleme im Osten Nordamerikas". Immer
noch gilt der Lachs in 84 % der historischen Lachsflüsse der
Vereinigten Staaten als ausgestorben. Die restlichen
präsentieren sich schon seit Jahren schon nicht mehr in
Hochform, sondern kämpfen am unteren Ende der
Existenzsicherung. Wenn schon zur Mitteln wie
experimetelles "adult stocking" gegriffen werden muß,
spricht das Bände. Auch hier stehen den wenigen
Wildfischen eine Aquakultur gegenüber, die etwa 22000 t
(USA) und 15000 t (CDN) an Farmfisch jährlich ausstößt. In
einer konzentrierten Ballung in der Nähe der Landesgrenze
tummeln sich ca. 20 Mio. Farmlachse in den Netzgehegen.
Im Jahr 2000 fanden ca 50-80000 davon den Weg in die
Freiheit. Die Konzentration der Aquakultur auf relativ
kleiner Fläche rund um die Penobscot und Passamaquoddy
Bay bietet - das hat die jüngste Vergangenheit gezeigt -
ideale Voraussetzungen für die Ausbreitung von
Fischkrankheits-Epedemien. Erst kürzlich zwang die rasante
Ausbreitung der ISA dazu, eine erkleckliche Anzahl
Anlagen komplett zu schließen. Der "Aquakultur-
Goldrausch" in diesem Bereich hat unzureichende
Steuerungs und Managementstrukturen hinterlassen. Die
Zersplitterung der Aufsichtsorgane wie der Mangel an
einheitlichen Eckpunkten, Definitionen, Guidelines und
deren unzureichende Umsetzung und Überwachung hat zu
einem erheblichen Wildwuchs geführt. So kommen z.B.
trotz Verbots immer noch reichlich Besatzfische aus
norwegischer Herkunft zur Anwendung. Verbesserungen
verspricht man sich von einem standardisierten
"Containment Management System" zur Verminderung der
Gehegeflüchtlinge und einem "Bay Area Management" in
Anlehnung an das irische CLAMS-Programm, damit die
Entwicklung endlich besser gesteuert werden kann, bis hin
zur Festlegung von "Aquaculture Exclusion Zones" wie sie
in Europa durch die EU-Wasserrahmenrichtline auch
angedacht wird. Trotz aller Missstände gibt es jedoch keinen
stichhaltigen Hinweis darauf, dass die amerikanische Lachs-
Aquakultur die Ursache für den Rückgang der Wildbestände
darstellt.

Gemeinsame Probleme - Ansätze zur
begrenzten Kooperation Lachszucht -
Wildfischinteressen



Zum ersten Mal sprach auf dem Symposium auch ein
offizieller Vertreter des Lachsfarmings: Brian Simpson vom
schottischen Verband "Scottish Quality Salmon", ein
Zeichen, dass - weitgehend unbeachtet von der populären Presse -
mittlerweile die Phase der Konfrontation und
gegenseitigen Schuldzuweisungen aufzubrechen beginnt und
nunmehr auch konstruktive Gespräche zu gemeinsamen
Problemen möglich sind. "Scottish Quality Salmon"
vesammelt ca 70% der schottischen Mastbetriebe, in denen
ca. 6500 Menschen Arbeit und Brot finden, hinter seiner
Label-Fahne. Die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs lässt
sich daran ermessen, dass ca. GBP 100 Mio. jährlich mit
dem Zuchtlachs umgesetzt werden. Die Produkte der
Aquakultur bilden z.Zt. etwa 40 % des schottischen Exports
an Lebensmitteln. Auch er beklagte die starke Zersplitterung
der Aufsichtsbehörden, die es auch den Farmern nicht leicht
macht, denn über 120 einzelne Institutionen, Behörden etc.
haben an diesem Thema mitzureden. Umso mehr begrüßte er
die im Jahr 2000 gebildte "Tri-partite Working Group"
besetzt mit kompetenten Vertretern von Regierungsstellen,
Lachsfarming und den Wildlachs-Interessen. Hier ist es
zwischenzeitlich zu wegweisenden Beschlüssen gekommen
z.B. eine Genbank einzurichten, in denen gefährdete
Wildpopulationen als Notmaßnahme genetisch "geparkt"
werden können, wenn es zu Massenfreisetzungen aus
Netzgehegen kommt. Darüberhinaus entsteht auf Anregung
der Tri-partite Working Group derzeit ein Netz von "Area
Management Groups" in denen zwischen den betroffenen
Beteiligten Vereinbarungen zur Abstimmung der Nutzung
der lokalen Ressourcen in Hinblick auf die Aquakultur
getroffen werden. In Hinblick auf die koordinierte
Bekämpfung der Meerläuse nach norwegischem Bespiel
zeigen sich hier erste Erfolge. Grundregeln wie z.B, die
Furunkulose-Impfung aller Besatz-Smolts für die
Gehegemast werden nunmehr weitgehend befolgt.
Bestrebungen gegenüber, die die physische Verlegung von
Farmen an andere Lokalitäten propagieren war Simpson
spürbar zurückhaltender, weil er die Gefahr sah, dadurch
ökonomische Nachteile (längere Anfahrtswege, stabilere
Netzgehege etc.) zu erleiden. Die evtl. Beeinträchtigung der
Ökonomie zeigte sich auch als deutliche Grenze des
Entgegenkommens der Aquakulturseite. Die Nutzung
triploider Fisch zur Zucht könne man sich schon deswegen nicht leisten,
weil dies in der Konsumenten-Öffentlichkeit
z.Zt. als Genmanipulation aufgefasst würde. Eine Verlegung
der Zucht an Land würde etwa das dreifache der
gegenwärtigen Kosten bedeuten und ist solange undenkbar,
wie man mit weitgehend unkontrollierten Erzeugerländern
wie z.B. Chile auf dem Weltmarkt konkurrieren müsste.
Mit erfreulicheren Themen setzte sich die 4. Vortrags-
Session "Hoffnungsschimmer?" auseinander.

Bei gegebenen Voraussetzungen hilft die Natur
sich selbst.




R. Doughty (Scottish Environment Protection Agency)
berichtete über die Entwicklung der Wandersalmoniden im
schottischen Clyde-System. Der Clyde durchquert die City
von Glasgow und entsprechend war in den letzten hundert
Jahren auch sein Zustand. Heute, aufgrund von
Strukturwandel und wirtschaftlichen Rezessionsphasen
sowie der verbesserten Abwasserreinigung kann der Clyde
wieder als ein echter Lachs- und Meerforellenfluß gelten,
der auch wieder eine natürliche Reproduktion aufweist. 1999
konnten in dem ehemals fast lachsleeren Gewässer wieder
240 Lachse und 54 Meerforellen gefangen werden. Alles
ging von einer kleinen Restpopulation im River Leven aus,
von dem sich die Fische den Fluß nach und nach wieder
eroberten. In nur ganz geringem Ausmaß wurden Versuche
unternommen mit künstlichem Besatz zu unterstützen, d.h.
der Fluß regenerierte sich ohne größere
Managementmaßnahmen. "Restoration by laissez-faire"
sozusagen. Dennoch oder vielleicht auch deswegen gab es
und gibt es einen unzufriedenstellenden Schwebestatus
bezüglich der fischereilichen Nutzungsrechte im Fluß. Als
plötzlich wieder wertvolle Fische im Fluß da waren begann
stellenweise ein Hauen und Stechen um die Fischrechte.
Alte, nicht genutzte wurden plötzlich hervorgeholt und dort
eingefordert, wo sich zwischenzeitlich eine Coarse-Fischerei auf Nichtsalmoniden
etabliert hatte. Und nicht alle Angler
am Clyde sind heute glücklich darüber, dass der Fluß
plötzlich wieder ein Lachsfluß ist, sehen sie doch den
Zugang zum Gewässer für sich in der Zukunft erschwert
bzw. verteuert. Diese Transformations-Effekte vom Nicht-
Lachsfluß zum Lachsfluß sind bereits vielerorts in
Wiedereinbürgerungsprojekten eingetreten und bedürfen -
auch bei uns - einer frühzeitigen Behandlung um die
biologische Seite der Wiedereinbürgerung nicht zu
behindern.

England und Wales - heute mehr Lachsflüsse
als vor 150 Jahren

Über eine Erfolgs-Story noch größeren Ausmasses konnte
G.Mawle (Environment Agency -England&Wales) für die
walisischen und englischen Lachsflüsse berichten. Bis in die
50er Jahre des letzten Jahrhunderts hatte die britische
Industrialisierung viele ehemals produktive Lachsflüsse
zugrundegerichtet: Themse, Mersey, Taff, Tyne, Tees, Ouse
und andere mehr. Dabei konnte beispielsweise der Tyne
früher mit bis zu 25000 Rückkehrern glänzen. Im Gegensatz
zum Clyde war hier deutlich mehr Unterstützung durch
Besatz notwendig - aber mit Erfolg. Der Rutenfang 2001 der
"neuen" Lachsflüsse im Süden Großbritanniens liest sich
beeindruckend: Tyne 2510, Wear 436, Tawe 113, Neath
ca.75, Rheidol, Taff, Ystwyth ca 25. So hat der Tyne heute
mengenmäßig den Lachsflüssen mit ununterbrochener
Bestandsentwicklung wie z.B. dem Wye den Rang
abgelaufen. Überhaupt machen die "alten" Lachsflüsse in
den ländlichen Arealen doch Sorgen. Der Zustand ihrer
Lachsressourcen verschechtert sich von Jahr zu Jahr. Als
wahrscheinlichste Ursache dafür gilt der diffuse
Nährstoffeintrag durch die Landwirtschaft, die verstärkte
Erosion/Sedimentation und der leichtsinnige Gebrauch von
Desinfektions- und Medikamentenbädern in der
Schafzucht.(Sheep-dip). So ist der merkwürdige Zustand eingetreten, dass Wales und England heute mehr produktive
Lachs- und Meeforellenflüsse besitzen als noch vor 150
Jahren, die Qualität der "alten" Lachsflüsse in den ländlichen
Gebieten aber sehr zu wünschen übrig lässt.

Leider keine "schöne neue Welt"!


Solch positive Aspekte zum Lachs wie die
Wiederbesiedlung "alter" Lachsflüsse in England und Wales
sind in der neuen Welt leider wirklich Mangelware, wie der
Vortrag von F.Whoriskey (Atlantic Salmon Federation -
Canada) "Optimising wild salmon production" deutlich
machte. Zwar werden erheblichen Anstrengungen
unternommen, die katastrophalen Bestandsabnahmen zu
mildern und in den Flüssen wenigstens die "spawning
targets" von 2,4 Eiern pro qm zu erechen, die als die
absolute Untergrenze für den Erhalt der Lachspopulationen
gelten. Alle Register müssen z.Zt. gezogen werden, um diese
Werte möglichst sicherzustellen. Der Beschluß der
kanadischen Fischereibehörden, die jahrzehntelange Praxis
des Untertstützungsbesatzes aufzugeben und die staatlichen
Fischzuchtanstalten zu schließen, hat die Aufgabe nicht
gerade erleichert. So wurden schon unübliche Wege
beschritten, wie z.B. wilde smolts in der Flußmündung
abzufangen und sie im Meer in Netzgegehen bis zur
Geschlechtsreife zu bringen. Solch ein Projekt am
Magaguadavic River hatte dann auch mit erheblichen
Problemen zu kämpfen. Vor allem die Seuchenhygiene
erwies sich als Problem. Zum Zeitpunkt der Gechlechtsreife
der Fische hatte die BKD (bacterial kidney disease) mehrere
Fischfarmen in der Gegend befallen, was zur Folge hatte,
daß ein Überschuß von ca 150 männlichen Wildlachsen
nicht ins Meer entlassen werden durften, sondern getötet
werden mußten, was man der Öffentlichkeit bei der
gegenwärtigen Lage des Wildlachses in Ostkanada
überhaupt nicht plausibel machen konnte. Dann breitete sich die ISA (Infectious Salmon Anemia) an der Küste aus. Man
versuchte die Fische in Quarantäne zu nehmen, aber es stellt
sich heraus, daß auch die smolts mit ISA infiziert waren.
Schließlich waren vom ganzen Projekt nur noch 200 Fische
der ezeugten Generation übrig. Kurz bevor deren
Freilassung geplant war, fielen diese jedoch einer
Chlorspitze in der Wasserversorgung der Hälterung zum
Opfer, so daß man hier leider von einem kompletten
Fehlschlag sprechen muß.Unter solchen Bedingungen immer
noch an der Zukunft der Ressource zu arbeiten ist nur noch
durch ganz persönliches Engagement zu erklären.

Frühzeitige Unterstützung erfordert nur
einfache Maßnahmen zur erfolgreichen
Bestandsverbesserung



Dort, wo die Verhältnisse noch nicht so weit aus dem Lot
gelaufen sind wie in der Bay of Fundy und den US-
amerikanischen Lachsflüssen kann offensichtlich mit
Habitat-Verbesserungen und moderatem Besatz für den
Lachsbestand bereits ein erheblicher Erfolg erzielt werden,
wie C. Mullins (Department of Fisheries & Oceans -
Canada) "Eröffnung neuen Habitats: Förderung des
Atlantischen Lachses in Newfoundland" von einigen
bekannten Lachsflüssen dieser Insel berichtete. Die
Wildlachsbestände waren auch dort seit Jahren rückläufig.
Es bestehen jedoch an wichtigen Lachsflüssen wie Torrent,
Expolits, Terra Nova und Rocky River Oberläufe und
Quellgebiete großen Ausmaßes, die durch natürliche
Barrieren den Lachsen in historischer Zeit nicht zugänglich
waren. Durch Bau von Fischtreppen an den strategischen
Punkten der Flußsysteme konnte der Jungfisch-Habitat
extrem vergößert werden, was auch zu einen deutlich
höheren smolt-output mit entsprechend verbesserter
Rückkehrrate führte. Damit konnte der Abwärtstrend an
einigen Flüssen gestoppt werden. Wo dieser Form der
Förderung nicht möglich war, wurde mit Material (erwachsenene Fischen und Brut) aus Nachbarsystemen
ergänzt. Die besten Resultate wurden mit diesen
Maßnahmen am Exploits erzielt, der auch aufgrund seines
historischen Rufes als guter Lachsfluß am stärksten unter
dem Rückgang gelitten hatte. Mullins macht jedoch deutlich,
dass aufgrund neuerer Vorschriften zur Erhaltung der
Diversität der Lokalpopulationen eine Vorgehen in der
geschilderten Form heute nicht mehr ohne weiteres möglich
wäre, da ja z.B. die Eröffnung eines bisher von Lachsen
nicht frequentierten Lebensraums auch zu Lasten der dort
bisher etablierten Ökosysteme gehen kann.

Peter Olbrich 08/2002

International Atlantic Workshop, Irland 1997

6. International Atlantic Salmon Symposium

Vom 15. bis 20.7.2002 fand in Edinburgh, Schottland, nach 4 Jahren
wieder das International Atlantic Salmon Symposium statt. Hier wie
beim letzten Mal ein zusammenfassender Bericht von Atmosphäre,
Vorträgen und Ergebnissen dieser weltweit bedeutendsten Tagung der
Wandersalmoniden-Experten. Hauptthema war: "Der Lachs am
Abgrund". Diesmal war ich erstmalig nicht der einzige deutsche
Teilnehmer; 4 aktive Lachs-Wissenschaftler aus Deutschland hatten den
Weg dorthin gefunden; Deutschland öffnet sich offensichtlich endlich
den internationalen Erfahrungen.

Der Lachs steht nicht allein - jetzt nicht und
nicht in der Zukunft

Ein ganz dicker Brocken war gleich zu Anfang der Tagung
die Eröffnungsrede von F.Holliday (Chairman,
Northumbrian Waters) "Der Abgrund bröckelt - die
Zukunft der Küstengewässer", der es verstand, die
Erhaltungsbemühungen für den Wildlachs in ein
Generalszenario zu stellen, welches uns in der Zukunft mit
gewisser Wahrscheinlichkeit ereilt:
die Erwärmung durch den Treibhauseffekt und
die Auswirkungen der Globaliserung.
Wenn man davon ausgeht, dass die globale Erwärmung die
Siedlungsfläche für die Menschheit durch Überflutung
verkleinert, ergeben sich daraus Konsequenzen:
Umsiedlung z.T. erheblicher Bevölkerungsteile
Verknappung des Lebensraums für den Menschen
erhöhte Spannungen zwischen arm und reich wie
Minoritäten und Majoritäten
erhöhter Energiebedarf für die Umsiedlung etc. Alle diese
Veränderungen werden sich stark auf die Struktur
der Küstenzonen auswirken, auf den Bereich, der auch für
den Lachs besonders sensibel ist. Keiner weiß heute, ob und
wie sich ein Organismus wie der Lachs auf diese
Veränderungen wie auch auf die veränderten Temperatur-
Regime in den Ozeanen adaptieren kann. Unter dem Aspekt,
dass der Wildlachs jetzt schon mit einer großen Anzahl von
Risiken kämpft, die seine gesicherte Existenz
beeinträchtigen, ist der geäußerte Appell Hollidays,
Organismen wie dem Lachs in diesem Prozess unser
besonderes Augenmerk zu schenken und seine Belange auch
politisch wirksam zu vertreten, mit Nachdruck zu
befürworten. Ein wirklich wichtiger Beitrag zum Thema, der
half, allen Teilnehmern deutlich zu machen, dass der Erhalt
des Wildlachses sich auf vielen Schauplatzen neben dem der
Biologie abspielen muß, wenn er erfolgreich sein will.
Die erste Tagungs-Session war den post-smolts gewidmet
"Ins Unbekannte - die ersten Wochen im Meer", als dem
Lebensstadium nach dem Übertritt in Salzwasser bis zum
Erreichen der Weidegründe. Über den Verlauf dieses
Lebensstadiums waren noch bei der letzten Tagung vor 5
Jahren erst ansatzweise Erkenntnisse berichtet worden, die
auf eine generelle Nord-West-Wanderung der Fische von
den britischen Inseln und aus Norwegen nach dem
Übergang ins Salzwasser hindeuteten. Die Forschungen
selbst waren damals extrem teuer und aufwändig und
glichen stark einem Suchen nach der Nadel im Heuhaufen.
Neue Verfolgungstechnologien über miniaturisierte
Transponder,"Pinger" und hydroakustische Transmitter in
oder auf wandernden Fischindividuen haben hier einen
Ruck nach vorne bewirkt. Geforscht wird damit auf beiden
Seiten des Atlantiks.

Neue Untersuchungsmethoden mit neuen
Möglichkeiten


G. Lacroix (Department of Fisheries and Oceans-
Canada), "Smolt-Verfolgung im Meer - eine erfolgreiche
Suche"berichtete von Untersuchungen aus der Bay of Fundy
zwischen Nova Scotia und dem kanadischen Festland. Die
südlichen Teile der Bay of Fundy um die Passamaquoddy
Bay beherbergen z.Zt. über 90 % der kanadischen
Netzgehege für die Lachszucht. Schon aus diesem Grund bot
sich diese Areal für die Versuchen an, da anderenorts der
Zusammenhang zwischen Lachszucht und übergroßem
Lachslausbefall von post-smolts bereits offensichtlich
geworden war. Es bestand somit der Verdacht, dass die seit
Jahren miserablen Rückkehrquoten in den Lachsflüssen der
Bay of Fundy damit in Zusammenhang stehen könnten.
Untersucht wurden die Lachsflüsse St.John's River, Big
Salmon River und Upper Salmon River, für die es schon
länger Hinweise gibt, dass sich - obwohl relativ eng
benachbart - deutliche (evtl. genetisch fixierte) Unterschiede
in den Populationen finden. Mit einer neuen von der
Westküste Amerikas stammenden Technologie (smolt-
wheel) wurden um Unterlauf abwandernde smolts gefangen
und mit implantierten "pingern" (Signalgebern) versehen
wieder zur Abwanderung eingesetzt. Bestimmte Bereiche
der Bay of Fundy wurden mit Ketten von Empfangsbojen in
½-Meilen-Abständen (so empfindlich ist die Technologie
mittlerweile) abgeriegelt und die post-smolts registriert, die
diese Kontrolllinien durchschwammen. Bereits im
Mündungsgebiet ergeben sich für den St-Sohn's River-
Population erhebliche Mortalitäten: Wasserverschmutzung,
Beifang und die Anwesenheit von Tausenden von
Kormoranen sind die Hauptgründe. Die beiden Salmon
River weisen kein so extrem langes Ästuar wie der St.John's
auf, entsprechend sind die Verluste hier geringer. Die
Wanderung im Meer ist grundsätzlich nach Süd-Osten auf
den Golf von Maine gerichtet, in dem sich die ersten
größeren Nahrungsressourcen für die post-smolts befinden,
sie erfolgt für die untersuchten Populationen jedoch höchst
unterschiedlich. St. Johns's-Fische ziehen zielgerichtet,
schnell und auf direktem Wege in den Golf von Maine, für
die beiden Flüssen aus der Inner Bay of Fundy dauert der
Prozess bis zu 6 Monate und mehr und ist durch ein
längeres, offensichtlich weitgehend passives Hin und Her in
der von extremen Tidenhub bestimmten Bay of Fundy (bis
8m!) gekennzeichnet. So ist dann auch das Stranden in
trockenfallenden Tidenpools dort eine ernstzunehmende
Mortalitätsgröße. Noch als post-smolts tauchen bis zu 60%
der Abwanderer des Upper und Big Salmon Rivers bereits
wieder in der Nachbarschaft der Mündungsgebiete auf. Die
gute Botschaft ist: nur ein sehr geringer Anteil der post-
smolts aus den o.g. Flüssen begibt sich in die "rote Zone"
der Aquakultur. Die Seelausinfektion als nennenswerte
Mortalitätsgröße für diese Wildpopulationen scheidet somit
aus und damit auch die zeitweise aufgestellte Behauptung,
die Netzgehege der Passmaquoddy Bay-Region verursachten
den Rückgang der Wildlachsbestände in den südlichen
Lachsflüssen der kanadischen Ostprovinzen. Die Theorie der
genetischen Unterschiede der Populationen aus Big/Upper
Salmon River und St.John's erhärtet sich durch diese
Befunde.

Post-smolts stehen in einem komplizierten
ökologischen Gefüge



L.P. Hansen (Norwegian Institute for Nature Research)
lieferte in seinem Vortrag "Die Ökologie der post-smolts"
einen Überblick über die Lebensumstände der Post-smolts
im europäischen Bereich, basierend auf den Ergebnissen der
norwegischen Forschung seit den frühen 90er Jahren.
Kennzeichend für das Mobilitätssverhalten der
norwegischen post-smolts ist die relativ schnelle
Abwanderung aus der Küstenzone. Schon wenige Wochen
nach der Abwanderung sind sie im Offshorebereich in einer
Fläche vor dem Westen Schottlands zwischen den Faröern
und den Shetlands und vor der gesamten norwegischen
Inselküste im Golfstrombereich zu finden, bevorzugt
innerhalb der Juni/Juli - 8-10° C-Grenzen Als besonderer
Schwerpunkt hat sich das Varig-Plateau herauskristallisiert,
das vermutlich besonders günstige Ernährungsbedingungen
für die Fische bietet. Post-smolts leben in einem
hochkomplizierten Bedingungsgefüge mit vielen
Einflussfaktoren wie
Auswirkungen des parr. und smolt-Lebens im Süßwasser
z.B. physiologischer Zustand Abwanderungstiming
Körpergröße in Hinblick auf Raubdruck
Abflussregime des Heimatflusses
Verunreinigung des Heimatflusses
Versauerung des Heimatflusses (begünstigt
Aluminium-Schäden an den Kiemen, was die
Osmoregulation beim Übertritt ins Salzwasser
erschwert) ·
Marine Umweltbedingungen
z.B Wasserverschmutzung in den Küstengewässern ·
Parasiten und Krankheiten
z.B. Meerläuse und Gyrodactylus ·
Raubdruck ·
Konkurrenz mit anderen Fischarten ·
z.B. Makrele und Heringe (als der Hering in den
70ern im Nordatlantik daniederlag, profitierte
offensichtlich der Lachs) ·
Nahrungsvorkommen und -qualität
z.B.Amphipoden, Tintenfische, Krill und pelagische
Fischlarven wie Hering ·
Wachstum ·
Beifang in auf andere Fische gerichtete Fischerei ·
Sekundäreffekte der Fischerei auf andere Arten
Ein vereinfachtes Modell zeigt die wichtigsten
Abhängigkeiten in dem Umfeldfaktoren des Post-smolts auf:


Post-smolts könnten durch Beifang extrem sein!

K.Holm (Institute for Marine Research, Norwegen)
"Wanderung und Verteilung des Atlantischen Lachses in
der Nordsee und im Nord-Ost-Atlantik" unterfütterte die
Übersicht von Hansen mit konkreten Untersuchungen mit
Fischen, die mit hydroakustischen Transmittern versehen
wurden. Die Ortung erfogte von Schiffen aus. Eine deutliche
Beeinflussung von Strömungen und Wind, für die sie bereits
im Mündungsbereich des Avon in Süd-England in den
frühesten Untersuchungen vermutet wurde, zeigte sich auch
hier. Dennoch traten auch ähnliche Typen wie in den
kanadischen Ergebnissen zu Tage: zielgerichtet schnell
wandernde "runners" und stärker von der Strömung und dem
Wind beeinflusste "stayers". Hier kamen aber beide Typen
in der gleichen Flusspopulation vor; "runners" waren
vorrangig 1-2 jährige smolts, "stayers" hatten dagegen meist
3-4 Jahre im Fluß vor der Abwanderung verbracht. Wohl
fühlen sich die Fische im Bereich von ca. 35
PromilleSalzgehalt. Gewandert wird ausschließlich in den
oberen Wasserschichten des Meeres, selten tiefer als 10 m,
bei Nacht meist direkt an der Oberfläche. Kurzfristige starke
Schwankungen der Umweltfaktoren (z.B. Temperatur)
können die Wanderung abrupt zum Stillstand bringen. Sind
die bevorzugten Meeresbereiche erreicht, lassen sich die
post-smolts gerne in den Wolken der Herings-Larven von
der Strömung mittreiben, die in dieser Phase dann auch die
bevorzugte Nahrung darstellen.
Die oberflächennahe Lebensweise der post-smolts bringt sie
in die direkte Gefahr, als Beifang in der Oberflächen-
Schleppnetzfischerei auf Makrelen zu geraten. Erste
Erkenntnisse über den Anteil in den Trawls der vorwiegend
russischen Makrelen-Fangschiffe (die z.Zt. keiner
Kontrollinstanz verpflichtet sind) sind aus Informationen
vonICES bei der letzten NASCO-Sitzung Anfang Juni 2002
auf den Faröern zu hören gewesen. Rechnet man diese
Zahlen auf den Gesamt-Makrelenfang dieser Fischerei hoch,
so könnte der Wildlachsbestand dadurch pro Jahr etwa
900000 Individuen verlieren. Ein Aderlaß, der den
schlechten Zustand der Ressource in den letzten Jahren wenn
vielleicht nicht vollständig, aber zu erheblichen Teilen
erklären könnte. In der Diskussion wurde angeregt, diesen
Beifang durch geeignete Maßnahmen besser zu
quantifizieren und ggf. auf die Makrelenfischer einzuwirken,
die Oberkante der Netze nur bis 2-3 m unter die Oberfläche
hochzufahren, wenn der Fangerfolg auf Makrelen dadurch
nicht nennenswert leidet. Die meisten post-smolts könnten
dann dem Schleppnetz entkommen.
Die zweite und dritte Session der Tagung stand unter der
Überschrift "Der Spiessrutenlauf - Gefahren an Mündung
und Küste"

Nahrungsunspezifsche, lokaltreue Räuber
könnten post-smolts fressen, wenn sich das
Gesamtartenspektrum potenzieller Beutefische
verschiebt




Als relativ bedeutungslos für das Wohlergehen des Lachse
stellte sich in den Untersuchungen von W.Montevecchi
(Memorial University of Newfoundland - Canada)
"Raubdruck durch Vögel auf den Atlantischen Lachs in
Küstengewässern und auf der Hochsee" der Raubdruck
von Basstölpeln heraus, deren Beute er in einer Brutkolonie
vor Newfoundland von 1977-2001 untersuchte. Nur
maximal 7% der Beute bestand aus Lachs-post-smolts. Nur
in einem Jahr schnellte sie bis auf 25% hoch, ohne dass
dafür eine plausible Erklärung gefunden werden konnte.Die
Vögel haben sehr konsistente Gewohnheiten und eine im
Untersuchungszeitraum festgestellte Verschiebung der
Wassertemperatur mit einhergehender
Abundanzveränderung zu Gunsten von Hering und Lodde
führte zu keiner Veränderung Ihrer Nahrungsareale und
damit aber zu einer nachhaltigen Veränderung ihres
Nahrungsspektrums auf höhere Anteile von Hering und
Lodde. Solch konservative Raumnutzung könnte natürlich
auch einmal in die Gegenrichtung erfolgen und dann ggfs.
auch auf den Fraßdruck auf post-smolts entsprechenden
Einfluß gewinnen. Eine Korrelation der vorgefundenen
Konsumption mit der Anzahl der in die Flüsse
Newfoundlands zurückkehrenden Lachse ließ sich nur sehr
knapp zeigen

Unter bestimmten Umständen können andere
potenzielle Beutefische den Raubdruck von
räuberischen Fischen auf die Jugendstadien
des Lachses deutlich beeinflussen




Mechanismen, die den Raubdruck auf den post-smolt durch
andere Fischarten mit bestimmen, präsentierte R.Brown
(National Fisheries Science Center - USA)
"Bewertungsansätze für die Rolle des Raubdrucks durch
Meeresfische auf junge Atlantische Lachse" an Befunden
aus dem Einzugegebiet des Merrimack-River in den Neu-
england-Provinzen der USA. Hier spielt der Striped Bass die
Rolle des Haupträubers. sein Einfluß auf die Post-smolts ist
aber indirekt von der Präsenz anderer potenzieller
Beutefische wie die Alosa-Arten River-herring und Alewife
abhängig. Sowohl seine absolute Abundanz wie auch der
Anteil der post-smolts an seiner Nahrung sind offensichtlich
dadurch gesteuert. Im Jahr 1997 lag der Bestand der
anadromen Alosa-Arten danieder, die Population der
Stripers sank deutlich, aber in den Mägen der Restfische
machten Lachse doch um die 20% aus. Als sich der Alosa-
Bestand in 1998 und 1999 merklich erholte wuchsen auch
die Striper-Bestände, sie räuberten dann aber fast
ausschließlich Alosa-Arten und Aale. Nach diesen
Ergebnissen verbieten sich eigentlich einfache Modelle der
Form "Die vielen Raubfische schaden dem Lachs, da sie die
Jugendstadien der Lachse wegfressen", ohne daß im
Einzelfall genaue Untersuchungen getätigt werden.
Ähnlich verhält es sich beim Raubdruck durch Meeressäuger.

Alte Nahrungsuntersuchungen zu Robben sind
offensichtlich "altes Eisen"



Neuere Untersuchungen, wie sie J.Armstrong (Fisheries
Research Services, Freshwater Laboratory - Scotland) "
Die Bedeutung des Raubdrucks von Meeressäugern auf
Lachse und Meerforellen" vorstellte, stellen z.B. die durch
Rae in den 60er Jahren gezogenen Schlüsse über den Einfluß
der Robben auf die Lachsbestände in Frage. Die 27%
Lachsanteil in der Nahrung von Kegelrobben konnte in
keiner Weise reproduziert werden, ganausowenig wie wie
die Rae'schen 18% für den Seehund. Untersuchungen aus
vergleichbaren Gewässern erbrachten 1996 nur noch einen
Anteil von 2,8%. Absolut minimale Nahrungsanteile von
Lachsen ergaben sich für die Sattelrobbe. Allerdings leben
mittlerweile über 7 Mio. davon im Nord-Atlantik, so daß
selbst geringe relative Predation die betroffene
Beutepopulation schon hart treffen kann. Das Problem der
Untersuchung scheint hier weitgehend in der bisher
unzuirechenden Methodik zu liegen, stellt sich doch heraus,
daß klasssiche Untersuchungen wie das Zählen von Lachs-
Otolithen im Mageninhalt nur ein verzerrtes Bild der
Realität wiedergeben. Robben fressen nach neueren
Verhaltensbeobachtungen unter bestimmten Umständen die
Köpfe der Lachse nicht mit oder würgen ihn wieder aus.
Insgesamt scheint die Bedeutung des Raubdrucks von
Robben in der Vergangenheit aber doch überschätzt worden
zu sein. Für den River Dee in Schottland schätzt man heute
einen Maximalverlust durch Robben in der Größenordnung
von ca. 10% des Rutenfangs, der auch nur einen Bruchteil
des Bestandes erfaßt. An der schottischen Küste scheinen
sich auch einzelne Tiere auf den Lachskonsum
"eingeschossen" zu haben so daß ein individueller Abschuß,
(der dort legal wäre) im Bedarfsfalle ggfs.schon eine
erhebliche Verbesserung der Situation bewirken könnte.
Viel fester ins Nahrungsschema eingebettet scheint der
Lachs bei den Tümmlern zu sein. jedenfalls hat die
Evolution nach neueren Erkenntnissen bei Tümmlern sogar
mit der gemeinschaftlchen Lachsjagd spezifisch verbundene
akustische Verständigungssignale entwickelt.

Endlich Schluss mit den unspezifischen
Mischbestandsfischereien?

Eine spezielle Form des Raubdrucks auf den Lachs ist
natürlich auch die Verfolgung durch den Menschen. In
kritischen Bestandsituationen macht die Verminderung
dieser Mortalität daher auch Sinn. Große Aderlässe sind in
diesem Zusammenhang immer noch die verbleibenden
"mixed-stock-fisheries", d.h. Fischereien, die die den Lachs
auf seinen Wanderwegen populationsunspezifisch
ausbeuten, wie wir sie vor Grönland, vor der schottischen
und ost-englischen Küste und vor der irischen Küste
vorfinden. Seit Jahren versuchen Initiativen wie der NASF
diese Fischereien "auszukaufen".
Exemplarisch zum Stand dieser Maßnahmen berichtete
A.Whitehead (North Atlantic Salmon Fund - UK)
"Fortschritte in der Beendigung der
Mischbestandsfischereien" über den Status der
Bemühungen für die ostenglische Treibnetzfischerei. Schon
seit 1999 gibt es die Zusage der englischen Behörden im
Zuge der "net limitation order" für diese Fischerei keine
neuen Lizenzen über die 70 existenten hinaus mehr zu
erteilen. Ziel war es, die Fischerei mit den Inhabern
"aussterben zu lassen". Der jährliche gemeldete Fang
variierte zwischen 18000-53000 Lachsen und 22000-54000
Meerforellen pro Jahr. Die mit der Zeit immer geringer
werdende Anzahl von Fischern spiegelte sich jedoch
keneswegs in einer gelichartigen Verminderung der
Belastung der Ressource wider. Effektivere Fangmethoden
kompensierten oder überkompensierten z.T. sogar diesen
Rückgang. Relativ überraschend stellte die britische
Regiererung 2001 Mittel in Höhe von GBP 750000 in
Aussicht um in Kombination mit einer ebenso hohen Summe
aus dem "NGO"-Bereich (Non-Governmental-
Organizations) einen kurzfristigen Aufkauf der Lizenzen mit
Entschädigung der Fischer umzusetzen. Dies soll in zwei
Tranchen 2003 und 2004 erfolgen. In Anlehnung an das
Verfahren mit dem die Lachsfischereien mit Rute und Rolle
an einigen englischen und walisischen Flüssen
Netzfischerein ausgekauft hatten, wurde versucht mit einem
vertraulichen Brief an die Betroffenen eine
Orientierungsgröße für die jeweilige Höhe der
Kompensation zu erlangen. Bereits nach einem Teilrücklauf
der Wünsche ergab sich rechnerisch ein Betrag, der
unmöglich mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu
erbringen gewesen wäre. Ein weiterer Ansatz, die Fischer
über ihre Standesorganisation zu erreichen führte zu einer
verhärtetetn Lagerbildung ohne Annäherung. Erst der
aufwändige und dorneneiche Weg über eine persönliche
Kontaktaufnahme mit jedem einzelnen der 70 Betroffenen
führte zu realistischeren Ansätzen und Ansätzen von
gegenseitigem Verständnis und Vertrauen. Nach
persönlichen Gesprächen mit 67 von 70 Lizenzeignern kann
nun die grundsätzliche Bereitschaft zu einem Verzicht der
meisten konstatiert werden. Die Höhe der Kompensation ist
aber weiterhin sehr umstritten und in einer Hängepartie. Die
muß allerdings in Kürze zu Entscheidungen führen, damit
die bereitgestellten Mittel seitens der britischen Behörden
nicht verfallen. Auf die Mithilfe der Behördenseite konnt
man sich in der Vergangenheit leider überhaupt nicht
verlassen. Mit der Gewährung der Mittel sieht man dort die
zu spielende Rolle abgeschlossen. In den nächsten Monaten
muß sich nun entscheiden, ob das Projekt wirklich Realität
werden kann. S.Chase (Atlantic Salmon Federation) stellte
ein ähnliches Projekt für einen Buyout der Grönlandfischerei
vor, von der die amerikanischen Wildbestände des
atlantischen Lachses besonders betroffen sind. Auch wenn
Grönland mittlerweile von den Fangquoten der 60er Jahren
meilenweit entfernt ist, so sind in 2001 doch ca. 50 t gefangen
worden und für 2002 liegt eine ICES-Empehlung
für 55 t vor. Nach langen Jahren des Stillstands steht man
gegenwärtig wieder in konkreten Verhandlungen.

Das Meerlaus-Problem - kurz vor der Lösung?

Große Sorgen machten den Wildlachs-Verantwortlichen in
den letzten Jahren die Nebeneffekte der kommerziellen
Lachs-Netzgehegezucht in Irland, Schottland, Kanada, den
Faröern und Norwegen. Nach vielen Hin und Hers ist die
erhöhte Parasitengefahr durch Lachs-Netzgehegehaltungen
nunmehr aber von allen Seiten als solche erkannt und
bestätigt worden, speziell die Begünstigung der Meerlaus
(Lepeophtheirus salmonis), eines ektoparasitischen Krebses.
Dieser findet in der Intensivhaltung von Lachsen ideale
Bedingungen zur Vermehrung und bildet um die Areale
intensiver Netzgehegehaltung einen Infektionsbereich in dem
es zu Befall auch der wilden Salmoniden kommt, sobald sie
diese Bereiche durchschwimmen. Besonders betroffen waren
die Meerforellen der west-irische Küsten, deren Bestand in
den späten 90er Jahren fast komplett zusammenbrach wie
auch die abwandernden post-smolts in Norwegen. Dort gab
es Hinweise, dass die smolt-Produktion einiger Lachsflüsse
in mehreren Jahren fast komplett dem Meerlausbefall (bis
über 100 Parasiten pro post-smolt konnten festgestellt
werden) zum Opfer fiel. Da der Meerlausbefall der Fische in
den Gehegen auch ihren Marktwert mindert, konnte nach
Jahren der gegenseitigen Unschuldsbeteuerungen in
Norwegen mit Unterstützung der Aquakultur-Seite eine
Untersuchung angestrengt werden, die Ausmaß des Befalls
und die Möglichkeiten der Vermeidung ausleuchten sollte.
Über die gegenwärtigen Erkenntnisse berichtete J.C.Holst
(Institute for Marine Research - Norway) "Mortalität
unter post-smolts des Atlantischen Lachses durch Befall
mit Meerläusen". Er hat die Entwicklung von 1997 bis
heute mit einem speziellen Monitoring an mehreren norwegischen
Standorten (Sognefjord, Nordfjord,
Namsenfjord, Altafjord, Tanafjord, Neidenfjord) verfolgt.
Dabei kamen auch moderne Trackingtechniken für post-
smolts im Meer zur Anwendung. Zu Anfang der
Untersuchung konnten sehr unterschiedliche Befallsraten der
wilden post-smolts registriert werden. Sie lagen zwischen 6-
106 Läusen pro Individuum. Starker Befall führt in der
Regel zum Tode. Schon bei einem Befall mit 10 Läusen
erfolgt eine Schwächung des Fisches mit Verminderung des
Wachstums und deutlich erhöhter Mortalität. In den
küstennahen Bereichen ist der Befall stärker als "offshore".
Stärker befallene Fische erreichen diese Bereiche schon gar
nicht mehr. Zwischenzeitlich hat die chemische Industrie
spezielle Substanzen zur Vergiftung der Meerläuse in
Netzgehegeanlagen entwickelt (Handelsnamen: Exis®,
Slice®). Diese Mittel sind in Norwegen in Pilotprojekten
zum Einsatz gekommen. Es hat sich gezeigt, dass es im
Entwicklungszyklus der Meerläuse empfindliche Phasen
gibt, zu denen eine einmalige "Entlausung" der Bestände
durchschlagende Wirkung zeigt, wenn durch zeitlich wie
örtlich koordinierte Anwendung in allen Lachsfarmen eines
Fjords das Risiko einer Neuinfektion möglichst weit gesenkt
wird. Käfigversuche mit wilden post-smolts im
Einzugsbereich von Netzgehegen im Sognefjord haben diese
Effekte bestätigt. Der Befall konnte von 5-100 pro Fisch auf
1 gesenkt werden. Ohne Behandlung in den Netzgehegen
starben ca. 75% der Versuchsfische in der Käfigen, dies
konnte auf 10% reduziert werden. Seit 2000 und 2001
wurden die koordinierten Gegenmaßnahmen auf viele
Aquakulturstandorte in Norwegen ausgeweitet. Das
Monitoring der post-smolts in diesem Jahr deutet auf eine
weitgehende Entspannung der Lage hin. Holst schätzt, dass
ab 2003 die Meerlaus für die norwegischen Wildbestände
kein Thema mehr ist, sofern die ergriffenen Maßnahmen
aufrechterhalten und Bestandteil der Standard-Aquakultur
mit Lachsen werden. Liegt die Lösung in der geografischen
Trennung von Wild- und Farmfischen?



J.Butler (Spey District Salmon Fishery Board - Scotland)
"Die Auswirkungen der Lachszucht an der schottischen
Westküste - Vorrang für die Wildbestände" beleuchtete
die Situation an der west-schottischen Küste, wo die
koordinierte Bekämpfung der Meerläuse noch nicht den
gleichen Stand wie in Norwegen entwickelt haben. Hier
werden in über 150 Anlagen jährlich ca. 120000 t Lachs
erzeugt. Im Verhältnis dazu fangen die Angler im gleichen
Areal ca. 5000 Lachse, was ungefähr einem Gewicht von
max. 2 t entspricht. Basis der praktischen Untersuchungen
war die Hypothese, dass in Flusssystemen, die in Fjorde
münden, die Anlagen zur Lachsaquakultur aufweisen,
geringe Mengen von Brütlingen und parrs aufkommen.
Butler konnte vor allem die Bedeutung der Strömung in den
Fjordsystemen auf die Befallsraten mit Meerläusen
aufzeigen. Meeresengen in den Fjorden mit hohem
Strömungsdurchsatz kommen den Betreibern der
Aquakulturen entgegen, da dort keine Probleme mit der
Überdüngung durch Futterüberschuß und Kot der
Farmlachse zu befürchten ist. Bei einem Ektoparasiten-
Befall wie der Meerlaus wirkt der gut durchströmte Standort
jedoch negativ, da die Verbreitungsstadien der Parasiten mit
der Strömung schnell über einen große Flächen verteilt
werden. Besonders die Meerforellen, die diesen
Gefährdungszonen sehr viel stärker ausgesetzt sind als die
schnell offshore wandernden Lachse leiden z.T. extrem
unter solchen Verhältnissen. Butler appellierte an ein
sinnvolles Standort-Management für Aquakulturen, wie es
schon grob in der Wasserrahmenrichtliche der EU über
"special areas of conservation" angedacht ist. Ca. 20 km
Abstand der Anlagen zu bekannten Wanderrouten der
anadromen Salmoniden sind nach seiner Erfahrung als
Minimum zu fordern.
Endlich eine Langzeitstudie zur Auffrischungs-
und Initialbesatzproblematik




P. McGinnity (Central Fisheries Board - Ireland) "Ein
Fitness-Vergleich zwischen gefarmten/wilden
Lachshybriden mit endemischen Wildfischen"
präsentierte die nach meiner Einschätzung für unsere
Verhältnisse wichtigste Untersuchung: die erste Langzeit-
Studie über die Fitness von Lachsen verschiedener
Haltungs- und Zuchtbedingungen über zwei volle
Lachsgenerationen im Vergleich zu Wildfischen. Leider ist
die Untersuchung noch nicht veröffentlicht und kann daher
hier nur in groben Zügen wiedergegeben werden. Jedes Jahr
produziert die smolt-"Industrie" einen Überschuß an
Nachwuchs für die Lachs-Aquakultur, ob dieses "surplus"
einen positiven Beitrag für die Unterstützung und den
Wiederaufbau der Wildbestände liefern kann, war eine der
Grundfragen, die man mit dieser Untersuchung beantworten
wollte. Auch für die Frage, wie die potentiellen
Nachkommen entkommener Farmlachse genetisch auf den
Zustand der Wildbestände einwirken können suchte man
Antworten, zumal auch Fachleute es nicht mehr für
unmöglich halten, dass es Zeitpunkte gibt, in denen im Meer
evtl. mehr entkommene Farmlachse umherziehen als wilde
Artgenossen. Außerdem galt es, empirische Erkenntnisse
wie "F2-Hybriden zeigen eine deutlich verringerte
Überlebensrate" in einen größeren und wissenschaftlich
gesicherten Zusammenhang zu stellen. Über 10 Jahre haben
diese Studien in der Salmon Research Agency im Westen
Irlands gedauert und die Ergebnisse sind bemerkenswert und
z.T. überraschend. Hier nur einige highlights (Details
werden nachgeliefert, wenn die Arbeit veröffentlicht ist): Es
gibt durchaus "Disziplinen", in denen die Farmfische oder
Farm/Wildhybriden besser abschneiden als die Wildfische
(z.B. Wachstum, reine smolt-Produktion und 2SW-
Rückkehrrate!!). Lokale Wildfische haben aber meist die
besten Voraussetzungen der "Gesamtperformance". Aber
bereits Wildfische aus direkt benachbarten Populationen können
eine ehrheblich schlechtere Fitness aufweisen. Eine
"Blutauffrischung" aus diesem System würde damit nicht zu
einer Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung der
Verhältnisse im besetzten Fluß führen! Defizite in der
Fitness sind besonders schwerwiegend, weil sie sich in die
Folgegeneration additiv fortwirken, d.h zu einer
schleichenden, kontinuierlichen Abnahme der Fitness
führen. Eine besonders zu beachtende Einflußgröße ist
dabei, ob ein begrenzter oder nicht begrenzter Habitat zur
Verfügung steht. Jede der beiden Randbedingungen führt zu
ganz unterschiedlichen Ausprägungen der Ergebnisse.
Initialbesatz mit Wildfischen kann, aber muß somit nicht
zwangsläufig immer die richtige Lösung sein, um eine
langfristig existente gesunde Population zu gründen.
Soviel für jetzt, in der Untersuchung steckt aber noch
erheblich mehr drin, aber dazu weiteres, wenn's soweit ist.

Lachszucht-Probleme an Amerikas Ostküste -
aber nicht die Ursache für den Rückgang der
Wildfische




Von einer ziemlich desolaten Situation in den Gewässern
des südlichen amerikanischen Verbreitungsgebiets von
Salmo salar berichtete A.Goode (Atlantic Salmon
Federation - USA) "Ansätze zur Lösung der
Lachszuchtprobleme im Osten Nordamerikas". Immer
noch gilt der Lachs in 84 % der historischen Lachsflüsse der
Vereinigten Staaten als ausgestorben. Die restlichen
präsentieren sich schon seit Jahren schon nicht mehr in
Hochform, sondern kämpfen am unteren Ende der
Existenzsicherung. Wenn schon zur Mitteln wie
experimetelles "adult stocking" gegriffen werden muß,
spricht das Bände. Auch hier stehen den wenigen
Wildfischen eine Aquakultur gegenüber, die etwa 22000 t
(USA) und 15000 t (CDN) an Farmfisch jährlich ausstößt. In
einer konzentrierten Ballung in der Nähe der Landesgrenze
tummeln sich ca. 20 Mio. Farmlachse in den Netzgehegen.
Im Jahr 2000 fanden ca 50-80000 davon den Weg in die
Freiheit. Die Konzentration der Aquakultur auf relativ
kleiner Fläche rund um die Penobscot und Passamaquoddy
Bay bietet - das hat die jüngste Vergangenheit gezeigt -
ideale Voraussetzungen für die Ausbreitung von
Fischkrankheits-Epedemien. Erst kürzlich zwang die rasante
Ausbreitung der ISA dazu, eine erkleckliche Anzahl
Anlagen komplett zu schließen. Der "Aquakultur-
Goldrausch" in diesem Bereich hat unzureichende
Steuerungs und Managementstrukturen hinterlassen. Die
Zersplitterung der Aufsichtsorgane wie der Mangel an
einheitlichen Eckpunkten, Definitionen, Guidelines und
deren unzureichende Umsetzung und Überwachung hat zu
einem erheblichen Wildwuchs geführt. So kommen z.B.
trotz Verbots immer noch reichlich Besatzfische aus
norwegischer Herkunft zur Anwendung. Verbesserungen
verspricht man sich von einem standardisierten
"Containment Management System" zur Verminderung der
Gehegeflüchtlinge und einem "Bay Area Management" in
Anlehnung an das irische CLAMS-Programm, damit die
Entwicklung endlich besser gesteuert werden kann, bis hin
zur Festlegung von "Aquaculture Exclusion Zones" wie sie
in Europa durch die EU-Wasserrahmenrichtline auch
angedacht wird. Trotz aller Missstände gibt es jedoch keinen
stichhaltigen Hinweis darauf, dass die amerikanische Lachs-
Aquakultur die Ursache für den Rückgang der Wildbestände
darstellt.

Gemeinsame Probleme - Ansätze zur
begrenzten Kooperation Lachszucht -
Wildfischinteressen



Zum ersten Mal sprach auf dem Symposium auch ein
offizieller Vertreter des Lachsfarmings: Brian Simpson vom
schottischen Verband "Scottish Quality Salmon", ein
Zeichen, dass - weitgehend unbeachtet von der populären Presse -
mittlerweile die Phase der Konfrontation und
gegenseitigen Schuldzuweisungen aufzubrechen beginnt und
nunmehr auch konstruktive Gespräche zu gemeinsamen
Problemen möglich sind. "Scottish Quality Salmon"
vesammelt ca 70% der schottischen Mastbetriebe, in denen
ca. 6500 Menschen Arbeit und Brot finden, hinter seiner
Label-Fahne. Die Bedeutung dieses Wirtschaftszweigs lässt
sich daran ermessen, dass ca. GBP 100 Mio. jährlich mit
dem Zuchtlachs umgesetzt werden. Die Produkte der
Aquakultur bilden z.Zt. etwa 40 % des schottischen Exports
an Lebensmitteln. Auch er beklagte die starke Zersplitterung
der Aufsichtsbehörden, die es auch den Farmern nicht leicht
macht, denn über 120 einzelne Institutionen, Behörden etc.
haben an diesem Thema mitzureden. Umso mehr begrüßte er
die im Jahr 2000 gebildte "Tri-partite Working Group"
besetzt mit kompetenten Vertretern von Regierungsstellen,
Lachsfarming und den Wildlachs-Interessen. Hier ist es
zwischenzeitlich zu wegweisenden Beschlüssen gekommen
z.B. eine Genbank einzurichten, in denen gefährdete
Wildpopulationen als Notmaßnahme genetisch "geparkt"
werden können, wenn es zu Massenfreisetzungen aus
Netzgehegen kommt. Darüberhinaus entsteht auf Anregung
der Tri-partite Working Group derzeit ein Netz von "Area
Management Groups" in denen zwischen den betroffenen
Beteiligten Vereinbarungen zur Abstimmung der Nutzung
der lokalen Ressourcen in Hinblick auf die Aquakultur
getroffen werden. In Hinblick auf die koordinierte
Bekämpfung der Meerläuse nach norwegischem Bespiel
zeigen sich hier erste Erfolge. Grundregeln wie z.B, die
Furunkulose-Impfung aller Besatz-Smolts für die
Gehegemast werden nunmehr weitgehend befolgt.
Bestrebungen gegenüber, die die physische Verlegung von
Farmen an andere Lokalitäten propagieren war Simpson
spürbar zurückhaltender, weil er die Gefahr sah, dadurch
ökonomische Nachteile (längere Anfahrtswege, stabilere
Netzgehege etc.) zu erleiden. Die evtl. Beeinträchtigung der
Ökonomie zeigte sich auch als deutliche Grenze des
Entgegenkommens der Aquakulturseite. Die Nutzung
triploider Fisch zur Zucht könne man sich schon deswegen nicht leisten,
weil dies in der Konsumenten-Öffentlichkeit
z.Zt. als Genmanipulation aufgefasst würde. Eine Verlegung
der Zucht an Land würde etwa das dreifache der
gegenwärtigen Kosten bedeuten und ist solange undenkbar,
wie man mit weitgehend unkontrollierten Erzeugerländern
wie z.B. Chile auf dem Weltmarkt konkurrieren müsste.
Mit erfreulicheren Themen setzte sich die 4. Vortrags-
Session "Hoffnungsschimmer?" auseinander.

Bei gegebenen Voraussetzungen hilft die Natur
sich selbst.




R. Doughty (Scottish Environment Protection Agency)
berichtete über die Entwicklung der Wandersalmoniden im
schottischen Clyde-System. Der Clyde durchquert die City
von Glasgow und entsprechend war in den letzten hundert
Jahren auch sein Zustand. Heute, aufgrund von
Strukturwandel und wirtschaftlichen Rezessionsphasen
sowie der verbesserten Abwasserreinigung kann der Clyde
wieder als ein echter Lachs- und Meerforellenfluß gelten,
der auch wieder eine natürliche Reproduktion aufweist. 1999
konnten in dem ehemals fast lachsleeren Gewässer wieder
240 Lachse und 54 Meerforellen gefangen werden. Alles
ging von einer kleinen Restpopulation im River Leven aus,
von dem sich die Fische den Fluß nach und nach wieder
eroberten. In nur ganz geringem Ausmaß wurden Versuche
unternommen mit künstlichem Besatz zu unterstützen, d.h.
der Fluß regenerierte sich ohne größere
Managementmaßnahmen. "Restoration by laissez-faire"
sozusagen. Dennoch oder vielleicht auch deswegen gab es
und gibt es einen unzufriedenstellenden Schwebestatus
bezüglich der fischereilichen Nutzungsrechte im Fluß. Als
plötzlich wieder wertvolle Fische im Fluß da waren begann
stellenweise ein Hauen und Stechen um die Fischrechte.
Alte, nicht genutzte wurden plötzlich hervorgeholt und dort
eingefordert, wo sich zwischenzeitlich eine Coarse-Fischerei auf Nichtsalmoniden
etabliert hatte. Und nicht alle Angler
am Clyde sind heute glücklich darüber, dass der Fluß
plötzlich wieder ein Lachsfluß ist, sehen sie doch den
Zugang zum Gewässer für sich in der Zukunft erschwert
bzw. verteuert. Diese Transformations-Effekte vom Nicht-
Lachsfluß zum Lachsfluß sind bereits vielerorts in
Wiedereinbürgerungsprojekten eingetreten und bedürfen -
auch bei uns - einer frühzeitigen Behandlung um die
biologische Seite der Wiedereinbürgerung nicht zu
behindern.

England und Wales - heute mehr Lachsflüsse
als vor 150 Jahren

Über eine Erfolgs-Story noch größeren Ausmasses konnte
G.Mawle (Environment Agency -England&Wales) für die
walisischen und englischen Lachsflüsse berichten. Bis in die
50er Jahre des letzten Jahrhunderts hatte die britische
Industrialisierung viele ehemals produktive Lachsflüsse
zugrundegerichtet: Themse, Mersey, Taff, Tyne, Tees, Ouse
und andere mehr. Dabei konnte beispielsweise der Tyne
früher mit bis zu 25000 Rückkehrern glänzen. Im Gegensatz
zum Clyde war hier deutlich mehr Unterstützung durch
Besatz notwendig - aber mit Erfolg. Der Rutenfang 2001 der
"neuen" Lachsflüsse im Süden Großbritanniens liest sich
beeindruckend: Tyne 2510, Wear 436, Tawe 113, Neath
ca.75, Rheidol, Taff, Ystwyth ca 25. So hat der Tyne heute
mengenmäßig den Lachsflüssen mit ununterbrochener
Bestandsentwicklung wie z.B. dem Wye den Rang
abgelaufen. Überhaupt machen die "alten" Lachsflüsse in
den ländlichen Arealen doch Sorgen. Der Zustand ihrer
Lachsressourcen verschechtert sich von Jahr zu Jahr. Als
wahrscheinlichste Ursache dafür gilt der diffuse
Nährstoffeintrag durch die Landwirtschaft, die verstärkte
Erosion/Sedimentation und der leichtsinnige Gebrauch von
Desinfektions- und Medikamentenbädern in der
Schafzucht.(Sheep-dip). So ist der merkwürdige Zustand eingetreten, dass Wales und England heute mehr produktive
Lachs- und Meeforellenflüsse besitzen als noch vor 150
Jahren, die Qualität der "alten" Lachsflüsse in den ländlichen
Gebieten aber sehr zu wünschen übrig lässt.

Leider keine "schöne neue Welt"!


Solch positive Aspekte zum Lachs wie die
Wiederbesiedlung "alter" Lachsflüsse in England und Wales
sind in der neuen Welt leider wirklich Mangelware, wie der
Vortrag von F.Whoriskey (Atlantic Salmon Federation -
Canada) "Optimising wild salmon production" deutlich
machte. Zwar werden erheblichen Anstrengungen
unternommen, die katastrophalen Bestandsabnahmen zu
mildern und in den Flüssen wenigstens die "spawning
targets" von 2,4 Eiern pro qm zu erechen, die als die
absolute Untergrenze für den Erhalt der Lachspopulationen
gelten. Alle Register müssen z.Zt. gezogen werden, um diese
Werte möglichst sicherzustellen. Der Beschluß der
kanadischen Fischereibehörden, die jahrzehntelange Praxis
des Untertstützungsbesatzes aufzugeben und die staatlichen
Fischzuchtanstalten zu schließen, hat die Aufgabe nicht
gerade erleichert. So wurden schon unübliche Wege
beschritten, wie z.B. wilde smolts in der Flußmündung
abzufangen und sie im Meer in Netzgegehen bis zur
Geschlechtsreife zu bringen. Solch ein Projekt am
Magaguadavic River hatte dann auch mit erheblichen
Problemen zu kämpfen. Vor allem die Seuchenhygiene
erwies sich als Problem. Zum Zeitpunkt der Gechlechtsreife
der Fische hatte die BKD (bacterial kidney disease) mehrere
Fischfarmen in der Gegend befallen, was zur Folge hatte,
daß ein Überschuß von ca 150 männlichen Wildlachsen
nicht ins Meer entlassen werden durften, sondern getötet
werden mußten, was man der Öffentlichkeit bei der
gegenwärtigen Lage des Wildlachses in Ostkanada
überhaupt nicht plausibel machen konnte. Dann breitete sich die ISA (Infectious Salmon Anemia) an der Küste aus. Man
versuchte die Fische in Quarantäne zu nehmen, aber es stellt
sich heraus, daß auch die smolts mit ISA infiziert waren.
Schließlich waren vom ganzen Projekt nur noch 200 Fische
der ezeugten Generation übrig. Kurz bevor deren
Freilassung geplant war, fielen diese jedoch einer
Chlorspitze in der Wasserversorgung der Hälterung zum
Opfer, so daß man hier leider von einem kompletten
Fehlschlag sprechen muß.Unter solchen Bedingungen immer
noch an der Zukunft der Ressource zu arbeiten ist nur noch
durch ganz persönliches Engagement zu erklären.

Frühzeitige Unterstützung erfordert nur
einfache Maßnahmen zur erfolgreichen
Bestandsverbesserung



Dort, wo die Verhältnisse noch nicht so weit aus dem Lot
gelaufen sind wie in der Bay of Fundy und den US-
amerikanischen Lachsflüssen kann offensichtlich mit
Habitat-Verbesserungen und moderatem Besatz für den
Lachsbestand bereits ein erheblicher Erfolg erzielt werden,
wie C. Mullins (Department of Fisheries & Oceans -
Canada) "Eröffnung neuen Habitats: Förderung des
Atlantischen Lachses in Newfoundland" von einigen
bekannten Lachsflüssen dieser Insel berichtete. Die
Wildlachsbestände waren auch dort seit Jahren rückläufig.
Es bestehen jedoch an wichtigen Lachsflüssen wie Torrent,
Expolits, Terra Nova und Rocky River Oberläufe und
Quellgebiete großen Ausmaßes, die durch natürliche
Barrieren den Lachsen in historischer Zeit nicht zugänglich
waren. Durch Bau von Fischtreppen an den strategischen
Punkten der Flußsysteme konnte der Jungfisch-Habitat
extrem vergößert werden, was auch zu einen deutlich
höheren smolt-output mit entsprechend verbesserter
Rückkehrrate führte. Damit konnte der Abwärtstrend an
einigen Flüssen gestoppt werden. Wo dieser Form der
Förderung nicht möglich war, wurde mit Material (erwachsenene Fischen und Brut) aus Nachbarsystemen
ergänzt. Die besten Resultate wurden mit diesen
Maßnahmen am Exploits erzielt, der auch aufgrund seines
historischen Rufes als guter Lachsfluß am stärksten unter
dem Rückgang gelitten hatte. Mullins macht jedoch deutlich,
dass aufgrund neuerer Vorschriften zur Erhaltung der
Diversität der Lokalpopulationen eine Vorgehen in der
geschilderten Form heute nicht mehr ohne weiteres möglich
wäre, da ja z.B. die Eröffnung eines bisher von Lachsen
nicht frequentierten Lebensraums auch zu Lasten der dort
bisher etablierten Ökosysteme gehen kann.

Peter Olbrich 08/2002

Lachstagung, Schweden 1998

Lachstagung 15.5.1998 in Göteborg
Vor vier Jahren fand diese Tagung das erste Mal statt. Damals war der Tenor noch bestimmt von der Sorge um den Ostseelachs; heute hat sich das Bild verschoben, die Nord-Atlantik-Ressource ist in einem desolaten Zustand.
L.P.Hansen von der NINA in Trondheim lieferte eine Generalübersicht über den Zustand der Ressource im Nordatlantik. Charakteristische Eckwerte der Entwicklung sind die erheblich reduzierten Anzahlen an Aufsteigern und die besorgniserregende Verschiebung der Populationen zur höheren Grilse-Anteilen auf Kosten der Mehr-Seewinter-Fische. Ein besonderes Augenmerk verdient auch die Überlebensrate der post-smolts (der jungen Absteiger im Meer), die durch kältere Oberflächentemperatur, erhöhten Beifang bei der Heringsfischerei und Parasitierungsgefahr bei der Passage von Netzkäfigen in Norwegen stark vermindert erscheint. Der Rückgang der Wildpopulationen ist nach Aussage von Hansen noch stärker, als die Fangstatistik glauben macht, denn es wird darin nicht zwischen Wild- und entwichenen Netzgehegefischen unterschieden. Für Norwegen macht der Anteil letzterer ca. 30% des Gesamtfangs aus. Im Rahmen der Lachstagung verlautbarte auch, daß in der NASCO bereits das Thema eines generellen Lachsfangstops für Spanien, Frankreich und die britischen Inseln diskutiert wurde. Wie dieses Thema politisch durchsetzbar ist, zeigt sich aber daran, daß auch für 1998 wieder Lachsfangquoten für die Hochsee festgesetzt wurden.
Peter Olbrich 2/99

Salmonidentagung, Koblenz 1993

2. Tagung "Langdistanz-Wanderfische (Salmoniden) in staugeregelten Flüssen in Koblenz am 15./16.11.1993
Am 15./16.11.93 trafen sich über 100 Wasserbauer, Wissenschaftler, Vertreter der fischereilichen Verbände und Institutionen zur 2. Tagung "Langdistanz-Wanderfische (Salmoniden) in staugeregelten Flüssen". In 18 Vorträgen wurde ein Überblick über Projekte, Maßnahmen und Konzepte zur Fließgewässersanierung und Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden (Lachs, Merforelle) gegeben.
An den Darstellungen wurde deutlich, daß - speziell im Rheinsystem durch das "Aktionsprogramm Rhein" der Umweltminister der Rheinanliegerstaaten von 1987 - eine Vielzahl von Projekten aus der Taufe gehoben wurde, die sich auf der wissenschaftlich-administrativen Ebene mit der Sanierung des Rheinsystems befassen. Darunter stellt die Wiedereinbürgerung von Wandersalmoniden eines der Hauptforderungen des aus dem Aktionsplan hervorgegangenen Projkets "Lachs 2000" dar. Finanziert durch EG-Mittel wird die Wiedereinbürgerung des Lachses wird dabei gesamten Einzugsbereich vorangetrieben. Im Vergleich dazu wurden im Rahmen der Tagung auch Wiederinbürgerungsbemühungen an andern Gewässersystemen - z.B. aus Norddeutschland - dargestellt. Dabei zeigten sich erheblich unterschiedliche Ansätze in Planung und Umsetzung. Während am Rhein eine starke Aktivität und Beteiligung der oberen und obersten Behörden festzustellen ist, beruht die Wiedereinbürgerung in Norddeutschland im wesentlichen auf den praktisch orientierten Initiativen der Angelfischerei. Am Rhein zeichnen sich unter diesen Bedingungen denn auch stellenweise Unverträglichkeiten der hier auch existenten Arbeit auf der fischereipraktischen Ebene mit den Vorgehensweisen der offiziellen Planung ab. Die praktische Arbeit vor Ort erfordert zuweilen eine rasche Reaktionsfähigkeit, die im behördlich institutionalisierten Rahmen oft nicht umzusetzen ist.
Welche Größenordnung die behördlich betreuten Projekte bereits angenommen haben, wird daran deutlich, daß allein für die Entwicklung einer Bewertungsmethodik für die ökologischen Verhältnisse am hessischen Teil der Lahn ein Projekt für DM 4,2 Mill.!! ins Leben gerufen wurde. Dieselbe Problemstellung wird am - zugegeben kürzeren - rheinland-pfälzischen Abschnitt der Lahn mit einem um den Faktor 15 geringeren Etat angegangen. Daran läßt sich schon ablesen, daß die Auffassung in Bezug auf Methode und Vorgehen oft auffällig variiert. Dem außenstehenden Betrachter drängt sich der Eindruck auf, daß eine wünschenswerte Koordination nicht im ausreichenden Maße gegriffen hat. Ausländische Tagungseilnehmer bestätigten diese Aufassung. Während einerseits der Einbau effektiverer Fischtreppen im Stauwehr Iffezheim und Gambsheim am Oberrrhein für je 17 Mill. DM !! diskutiert wird (regelt nur den Aufstieg, nicht den Abstieg) stehen am erstklassig zugänglichen Siegsystem zu wenig Mittel für dringend notwendige Forschungsausgaben und Gerätschaften zu Verfügung.
Wie stark zwischenzeitlich das Interesse an der Basis ist, zeigte eindrucksvoll der Informationsabend "Lachs- und Meerforelle" bei der RWE, der die Tagung ergänzte und für die Öffentlichkeit frei zugänglich war. Fast 300 Besucher aus Naturschutz und Fischerei konnten sich dort in lehrreichen Videos und in der direkten Diskussion mit dem eigens aus Norwegen angereisten Lachsspezialisten Dr. Heggberget zum Thema informieren.
Rückblickend über die gesamten Tage an der Mosel bleibt der Eindruck, daß die mannigfaltigen Abhängigkeiten und Ausprägungen der Wiedereinbürgerung noch nicht ausreichend Abbildung in effektiv arbeitenden Strukturen gefunden haben und somit der notwendigen Koordination noch nicht genügend Rechnung getragen wird. Möge diese Tagung das Problembewußtsein in dieser Richtung geschärft haben.
Peter Olbrich 12/93